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Ein Lotterie-Loos

Ein Lotterie-Loos

Titel: Ein Lotterie-Loos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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konnte sich kaum noch halten und sah ein, daß er hier mit eigener Person eintreten müsse, um der immer qualvoller werdenden Lage ein Ende zu machen. Deshalb erklärte er denn auch, wenn bis zum folgenden Tage keine Mittheilung einliefe, selbst nach Christiania zu gehen und sich überzeugen zu wollen, ob die Nachforschungen auch mit gehörigem Eifer betrieben würden. Freilich mußte er Hulda und Joël inzwischen verlassen; doch das war nicht zu ändern, und er gedachte ja zurückzukehren, sobald er die nöthigen Schritte gethan hatte.
    Schon ein großer Theil des 17. Juni war verflossen – ein Theil des vielleicht traurigsten Tages von allen. Seit Tagesanbruch strömte der Regen hernieder und ein starker Wind schüttelte die alten Baumkronen und ließ, nach der Seite des Maan hin, manchmal alle Fensterscheiben erzittern.
    Es war jetzt sieben Uhr und die Hauptmahlzeit schweigend, wie in einem Trauerhause, beendigt. Selbst Sylvius Hog gelang es nicht mehr ein Gespräch im Gange zu erhalten – es fehlten ihm jetzt die Worte, wie die Gedanken. Was hätte er auch sagen sollen, das nicht vorher hundertmal gesagt war, zumal da er es fühlte, daß dieses sich noch immer länger hinziehende Ausbleiben des sehnlichst Erwarteten die früheren Erklärungsgründe immer unannehmbarer machte?
    »Ich fahre morgen früh nach Christiania, sagte er. Joël, wollen Sie dafür sorgen, daß ich ein Gefährt finde? Sie werden mich nur bis Moel fahren und dann sofort heimkehren.
    – Gewiß, Herr Sylvius, antwortete Joël; Sie wünschen also nicht, daß ich Sie noch weiter begleite?«
    Der Professor machte, auf Hulda deutend, ein abwehrendes Zeichen; er wollte diese auf keinen Fall ihres Bruders unnöthig berauben.
    In demselben Augenblick ließ sich auf der Straße von Moel her ein erst zwar schwaches, doch immer deutlicher werdendes Geräusch vernehmen. Alle lauschten.
    Schon unterlag es keinem Zweifel mehr, daß dasselbe von einem Wagen herrührte, der rasch auf Dal zurollte. Man konnte kaum annehmen, daß das ein Reisender sei, der vielleicht die Nacht in dem Gasthause zubringen wollte, denn einfache Lustreisende trafen zu so vorgeschrittener Stunde hier gewöhnlich nicht mehr ein.
    Hulda hatte sich zitternd erhoben. Joël ging nach der Thür zu, öffnete dieselbe und blickte hinaus.
    Das Geräusch wurde schärfer hörbar; es rührte von dem Schritte eines Pferdes und dem Knarren der Räder eines Schußkarrens her.
    Der Sturm wüthete aber eben so heftig, daß Joël die Thür vorläufig wieder schließen mußte.
    Sylvius Hog ging in der Stube auf und ab. Joël und seine Schwester standen dicht bei einander.
    Der Schußkarren konnte nur noch zwanzig Schritte vom Hause entfernt sein. Würde er hier anhalten oder nicht?
    Das Herz schlug Allen zum Zerspringen.
    Das Gefährt stand wirklich still; man hörte eine rufende Stimme…. Die Stimme Ole Kamp’s war es aber nicht. Gleich darauf klopfte es schon an der Thür.
    Joël öffnete.
    Vor der Schwelle stand ein fremder Mann.
    »Herr Professor Sylvius Hog? fragte er.
    – Der bin ich, antwortete der Professor vortretend. Wer sind Sie, mein Freund?
    – Ein Expreßbote, der vom Director des Seeamtes in Christiania an Sie abgesendet wurde.
    – Haben Sie ein Schreiben für mich?
    – Hier ist es!«
    Der Bote übergab hiermit ein großes Schreiben, das mit dem amtlichen Siegel geschlossen war.
    Hulda hatte nicht mehr die Kraft, sich auf den Füßen zu erhalten; ihr Bruder half ihr, sich auf ein Bänkchen zu setzen; keines der Geschwister wagte, Sylvius Hog zum Aufbrechen des Briefes zu drängen.
    Endlich las dieser, wie folgt:
     
    »Hochgeehrter Herr Professor!
     
    Als Erwiderung auf Ihren letzten Brief übersende ich Ihnen hier eingeschlossen ein Schriftstück, das durch ein dänisches Schiff am vergangenen 5. Juni aus dem Meere aufgefischt wurde. Leider läßt dieses Document keinen Zweifel mehr bezüglich des Schicksals des »Viken« übrig…«
     
    Ohne sich Zeit zu nehmen, den ganzen Brief zu durchlesen, hatte Sylvius Hog das Schriftstück aus dem Umschlage gezogen, das er aufmerksam betrachtete und dann umwendete….
    Es war ein Lotterie-Loos mit der Nummer 9672.
    Auf der Rückseite des Looses befanden sich folgende wenige Zeilen:
     
    »3. Mai – Theuerste Hulda! Der »Viken« ist im Versinken! Mein ganzes Vermögen besteht in diesem Lotterie-Loos. Ich kann es nur Gott anvertrauen, um es Dir zukommen zu lassen, und da ich nicht mehr dabei sein kann, bitte ich Dich, der Ziehung

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