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Ein Lotterie-Loos

Ein Lotterie-Loos

Titel: Ein Lotterie-Loos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Seiner letzten Bitte nach sollte Hulda dafür an seine Stelle treten, um auf die dort gebräuchlichen Anfragen nach dem Inhaber einer mit Gewinn gezogenen Nummer zu antworten.
    Bei dem Schein einer Kerze in niedrigem Leuchter las Sylvius Hog die auf der Rückseite des Looses geschriebenen Zeilen immer und immer wieder mit größter Aufmerksamkeit, als müsse er noch einen verborgenen Sinn in denselben entdecken.
    Die wenigen Zeilen waren mit Tinte geschrieben. Man sah deutlich, daß Oles Hand dabei nicht gezittert hatte, ein Beweis, daß der junge Steuermann des »Viken« auch im Moment des Schiffbruchs seine Kaltblütigkeit völlig bewahrt haben mußte. Er befand sich also gewiß in einem geistigen Zustande, der ihm gestattete, aus jedem sich ihm bietenden Rettungsmittel noch Nutzen zu ziehen; er konnte sich an jedem schwimmenden Wrackstück, an jeder treibenden Planke halten, wenn nicht Alles in den wirbelnden Trichter, den ein sinkendes Schiff um sich bildet, mit hinabgerissen worden war.
    Nicht selten deuten solche im Meere aufgefangene Schriftstücke wenigstens ungefähr an, wo der Unfall stattgefunden hat. Auf dem Vorliegenden fand sich freilich weder eine Angabe der geographischen Länge und Breite, noch eine Andeutung, welches Land oder welche Insel etwa in der Nähe gelegen hätten. Daraus mußte man schließen, daß der Capitän vielleicht ebenso wenig wie die Besatzung gewußt hatte, wo sich der »Viken« damals befand. Von einem jener schrecklichen Stürme, denen kein Segelschiff zu widerstehen vermag, war er zweifelsohne mit weggerissen und weit aus seinem Curse verschlagen worden, und da der Himmel gewiß keine Sonnenbeobachtung gestattete, so hatte die Lage des Schiffes seit mehreren Tagen auch nicht bestimmt werden können. Deshalb wurde es mehr als wahrscheinlich, daß man vielleicht niemals erfahren würde, wo sich – in der Nähe von Amerika, in den Gewässern von Neufundland oder Island – der Abgrund über den Schiffbrüchigen geschlossen hatte.
    Das war freilich ein Umstand, der alle Hoffnung auch Demjenigen rauben mußte, welcher unbedingt nicht verzweifeln wollte.
    Mit jeder noch so unbestimmten Andeutung in der Hand hätte man doch wenigstens Nachforschungen anstellen lassen, ein Schiff nach dem Ort der Katastrophe aussenden können, um vielleicht einzelne erkennbare Ueberreste aufzufinden. Wer konnte wissen, ob nicht einer oder der andere Mann der Besatzung irgend einen Küstenpunkt des arktischen Festlandes erreicht hatte, wo die Leute nun ohne Hilfe und aller Möglichkeit, in ihr Vaterland zurückzukehren, beraubt, sich aufhielten?
    Derart waren die Bedenken, welche nach und nach in Sylvius Hog aufstiegen – Bedenken, die für Hulda und Joël freilich unannehmbar geblieben wären und die ihnen zu erwecken der Professor sich sorglich hütete, da die Erschütterung ihrer Hoffnungen ihnen gar so schmerzlich gewesen wäre.
    »Indeß, sagte er sich, wenn das Schriftstück auch keinen weiteren Hinweis bietet, der sich verwerthen ließe, so ist doch mindestens bekannt, in welcher Gegend die Flasche aufgefischt wurde. Dieser Brief meldet das zwar nicht, doch das Seeamt in Christiania kann darüber nicht im Unklaren sein, und das wäre ja eine Andeutung, aus der sich einiger Nutzen ziehen ließe, wenn man die Richtung der Meeresströmungen und die der dort vorherrschenden Winde in Bezug auf das vermuthliche Datum des Schiffbruchs in Rechnung zöge. Auf jeden Fall will ich sogleich noch einmal schreiben. So wenig Aussicht auf günstigen Erfolg sie auch haben mögen, unbedingt müssen Nachforschungen so schnell als möglich angeordnet werden. Nein, ich werde die arme Hulda niemals im Stich lassen; und nie werd’ ich, ohne unzweifelhafte Beweise dafür in Händen zu haben, an den Tod ihres Verlobten glauben.«
    Das war der Gedankengang Sylvius Hog’s. Gleichzeitig nahm er sich aber auch vor, von den Schritten, die er in dieser Angelegenheit thun wollte, von den Bemühungen, die er mit Aufwendung seines ganzen Einflusses zu veranlassen hoffte, nicht zu sprechen. Weder Hulda, noch ihr Bruder erfuhr also etwas von dem, was er nach Christiania schrieb. Ferner beschloß er, seine für den folgenden Tag angesagte Abreise auf unbestimmte Zeit zu verschieben – oder er wollte vielmehr nach einigen Tagen abfahren, dann aber, um sich nach Bergen zu begeben. Dort mußte er von den Herren Gebrüder Help Alles bezüglich des »Viken« erfahren können, dort wollte er auch die Ansicht der mit derartigen

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