Ein Lotterielos. Nr. 9672
von
der drohenden Zukunft hören. Er sah nur Sandgoist vor
sich, und wenn dieser Mann noch einmal so wie vorhin in
seiner Gegenwart sprach, würde er sich nicht bemeistern
können . . .
Sandgoist, der sich als Beherrscher der Sachlage fühlte,
wurde nur noch härter und gebieterischer.
»Ich will nun einmal jenes Los, und ich werde es er-
halten!« wiederholte er. »Als Entgelt biete ich nicht einen
Preis, der in törichtem Verhältnis zu dessen Wert stände,
aber ich bin bereit, den Verfalltag des von Frau Hansen un-
terschriebenen Schuldscheins hinauszuschieben, ihn um
1 Jahr . . . um 2 Jahre zu verlegen. Bestimmen Sie selbst den
Zeitpunkt, Hulda.«
Bei ihrem von der Angst erdrückten Herzen hätte Hulda
gar nicht antworten können. Ihr Bruder ergriff also für sie
das Wort und rief:
»Das Los Ole Kamps kann von Hulda Hansen gar nicht
verkauft werden. Meine Schwester weigert sich also dessen,
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wie Sie auch drohen und was Sie auch bieten mögen. Und
nun entfernen Sie sich von hier!«
»Entfernen?« sagte Sandgoist. »Nein . . . noch werde ich
mich nicht entfernen. Und wenn das von mir gemachte An-
gebot als unzureichend erachtet würde . . . so werde ich wei-
ter gehen . . . Ja . . . gegen Auslieferung des Loses biete ich . . .
biete ich . . .«
Sandgoist mußte offenbar ein unbezwingliches Verlan-
gen nach dem Besitz jenes Loses haben, mußte überzeugt
sein, daß er damit ein sehr einträgliches Geschäft machen
könne, denn er setzte sich an den Tisch, auf dem sich Pa-
pier, Federn und Tinte vorfanden und sagte bald nachher:
»Da sehen Sie sich an, was ich biete!«
Es war eine Quittung über die Summe, die Frau Hansen
ihm schuldete und für die sie das Haus in Dal als Pfand ver-
schrieben hatte.
Mit bittend erhobenen Händen und halb zusammenge-
sunken blickte Frau Hansen ihre Tochter an.
»Jetzt aber«, fuhr Sandgoist fort, »her mit dem Los! Ich
will es! Will es heute . . . noch diesen Augenblick haben! Ich
gehe nicht fort von Dal, ohne es mitzunehmen! Ich will es,
Hulda, ich muß es haben!«
Sandgoist hatte sich dem bedauernswerten Mädchen ge-
nähert, als wollte er sie durchsuchen, um ihr Oles Lotterie-
los zu entreißen . . .
Jetzt konnte sich Joel aber nicht mehr bemeistern, be-
sonders als er die Schwester wie hilfesuchend seinen Na-
men rufen hörte.
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»Werden Sie sich nun entfernen?« rief er drohend dem
Wucherer zu.
Da Sandgoist dem Gebot noch immer nicht Folge leisten
wollte, drang er schon auf ihn ein, als Hulda sich noch da-
zwischen warf.
»Mutter«, rief sie, »hier ist das Los!«
Frau Hansen hatte hastig nach dem Stück Papier gegrif-
fen, doch während sie es gegen Sandgoists Quittung aus-
tauschte, war Hulda fast bewußtlos in den Lehnstuhl gesun-
ken.»Hulda, Hulda!« rief Joel. »Komm wieder zu dir! ... Ach,
liebste Schwester, was hast du getan?«
»Was sie getan hat?« fiel Frau Hansen da ein. »Was sie
getan hat? Ach, ich bin der schuldige Teil! Im Interesse mei-
ner Kinder unternahm ich es, das hinterlassene Vermögen
ihres Vaters vergrößern zu wollen, ja, ich habe ihre ganze
Zukunft aufs Spiel gesetzt, habe das Unglück über dieses
friedliche Haus heraufbeschworen, und Hulda . . . hat uns
noch einmal errettet! . . . Das ist’s, was sie getan hat. Dank
dir, Hulda, tausend Dank!«
Sandgoist war noch immer anwesend. Joel bemerkte
ihn.»Sie ... hier ... immer noch!« rief er.
Dann trat er auf Sandgoist zu, faßte ihn an den Schul-
tern, hob ihn in die Höhe und warf ihn, trotz seines Wider-
strebens und seines Jammergeschreis zur Tür hinaus.
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XV.
Am Abend des nächstfolgenden Tages kehrte Sylvius Hog
nach Dal zurück, erwähnte aber nichts von seiner Reise.
Niemand wußte also, daß er sich inzwischen nach Bergen
begeben hatte. Da die angestellten Nachforschungen bisher
noch kein Ergebnis geliefert hatten, wollte er sie gegenüber
der Familie Hansen verschweigen. Jeder Brief und jede De-
pesche, die von Bergen oder Christiania einlief, mußte an
ihn persönlich und nach dem Gasthaus adressiert sein, wo
er die Entwicklung der Sache abzuwarten gedachte. Hoffte
er wohl noch immer? Ja, doch wir müssen gestehen, daß er
dabei nur einer Art Vorahnung nachgab.
Kaum zurückgekehrt, bemerkte der Professor ohne
Schwierigkeit, daß hier während seines Fortseins ein recht
ernstes Ereignis eingetreten sein mußte. Das Auftreten Joels
und Huldas verriet nur zu deutlich, daß es
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