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Ein Lotterielos. Nr. 9672

Ein Lotterielos. Nr. 9672

Titel: Ein Lotterielos. Nr. 9672 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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endlich den mit seinen zwei Schneefeldern sonst so
    weithin leuchtenden Gusta aus den Augen.
    Der Himmel war rein, das Wetter herrlich. Der Wind
    wehte nicht zu stark, die Sonne brannte nicht zu warm.
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    Eigentümlicherweise schien sich Sylvius Hogs Gesicht
    seit der Abfahrt aus dem Haus in Dal wieder mehr aufgehei-
    tert zu haben. Ohne Zweifel tat er sich etwas Zwang an, um
    diese Reise bei den Kümmernissen Huldas und Joels we-
    nigstens als eine kleine Zerstreuung erscheinen zu lassen.
    2 ½ Stunden, mehr bedurfte es nicht, um Moel, am Ende
    des Tinn-Sees, wo der Karren anhalten sollte, zu erreichen.
    Weiter hätte er, ohne zum Schwimmen eingerichtet zu sein,
    auch nicht gehen können. An dieser Stelle des Tals beginnt
    nämlich der »Seeweg«; hier befindet sich ein sogenannter
    »Vandskyde«, das heißt eine Wasser-Fahrstation, und hier
    halten auch die gebrechlichen kleinen Fahrzeuge, die in
    dessen ganzer Länge und Breite den Dienst auf dem Tinn-
    See versehen.
    Der Schußkarren hielt nah der kleinen Kirche des Orts
    am unteren Ende eines 500 Fuß hoch herabstürzenden Was-
    serfalls. Dieser zum fünften Teil seiner Länge sichtbare Fall
    verschwindet erst in einer tiefen Höhle des Berges, ehe er
    vom See selbst aufgenommen wird.
    Zwei Fährleute befanden sich an der äußersten Spitze
    des Ufers. Ein Boot aus Birkenrinde, dessen sehr wenig ge-
    sichertes Gleichgewicht seinen Passagieren nicht eine Be-
    wegung von einem Bord zum anderen gestattet, war zum
    Abstoßen fertig.
    Der See lag jetzt im vollen Glanz seiner Morgenschön-
    heit da; die Sonne hatte schon beim Aufgehen die Dünste
    von dessen Oberfläche weggetrunken; einen herrlicheren
    Sommertag hätte man sich nicht wünschen können.

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    — 220 —
    »Sie sind doch nicht zu sehr ermüdet, lieber Joel?« fragte
    der Professor, sobald er aus dem Karren gestiegen war.
    »Nein, Herr Sylvius; bin ich solche weite Wege durch Te-
    lemarken nicht schon längst gewöhnt?«
    »Das ist wohl wahr. – Doch sagen Sie, ist Ihnen wohl der
    nächste Weg von Moel nach Christiania bekannt?«
    »O, vollkommen, Herr Sylvius. Am Ende des Sees, bei
    Tinoset angelangt . . . Doch da fällt mir ein, ich weiß nicht,
    ob sich dort Schußgelegenheit für uns finden wird, da wir
    keine »Forbuds« zur Anmeldung unserer Ankunft auf der
    Station gesendet haben, wie man es hier sonst zu tun pflegt
    . . .«»Darüber beruhigen Sie sich, mein Sohn«, antwortete
    der Professor, »das habe ich schon besorgt. Es konnte doch
    nicht meine Absicht sein, Sie den ganzen Weg von Dal nach
    Christiania zu Fuß zurücklegen zu lassen.«
    »Nun, wenn’s gerade sein müßte . . .«, meinte Joel.
    »Es muß aber nicht sein. Doch sprechen wir von unse-
    rer Fahrt; welchen Weg würden wir Ihrer Ansicht nach zu
    nehmen haben?«
    »Sehr einfach; von Tinoset aus, Herr Sylvius, fahren wir
    über Vik und Bolkesjö um den Fol-See, um nach Möse, und
    von da nach Kongsberg, Hangsund und Drammen zu ge-
    langen. Wenn wir in der Nacht ebenso schnell reisen wie am
    Tag, wäre es nicht unmöglich, morgen nachmittag schon in
    Christiania einzutreffen.«
    »Schön, Joel; ich sehe, daß Sie das Land hinlänglich ken-
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    nen, und das wird ohne Zweifel eine höchst angenehme
    Fahrt werden.«
    »Wenigstens die kürzeste.«
    »Richtig, Joel, doch auf die kürzeste – verstehen Sie? –
    kommt es mir nicht so sehr an«, antwortete Sylvius Hog.
    »Ich weiß eine andere, die unsere Reise freilich um ein paar
    Stunden verlängert, und diese kennen Sie auch recht gut,
    wenn Sie sie auch nicht erwähnen.«
    »Und welche?«
    »Ei, die Fahrt über Bamble!«
    »Über Bamble?«
    »Ja, ja, Bamble! Stellen Sie sich nur nicht so unwissend!
    Bamble, wo der Pächter Helmboe und seine Tochter Sigrid
    wohnen.«
    »Herr Sylvius!«
    »Diesen Weg schlagen wir also ein, und wenn wir um
    den Fol-See an der Südseite statt an der Nordseite fahren,
    meinen Sie nicht, daß wir dabei ebenso gut nach Kongsberg
    kommen?«
    »Ebenso gut und sogar noch besser!« bestätigte Joel lä-
    chelnd.
    »Ich danke Ihnen im Namen meines Bruders, Herr Syl-
    vius«, sagte das junge Mädchen.
    »Und auch im eigenen Namen, meine kleine Hulda, denn
    ich denke, es wird Ihnen Vergnügen machen, Ihre Freundin
    Sigrid im Vorüberkommen einmal wiederzusehen.«
    Das Boot war zur Abfahrt fertig. Alle drei nahmen auf
    einem Haufen im Heck aufgestapelter grüner Blätter Platz.
    — 222 —
    Rudernd und gleichzeitig steuernd trieben

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