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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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ihm doch noch
auf, aber er war nicht mehr da. Auf dem Fußboden vor ihrer Tür stand ein großer
Becher dampfend heißer Milch mit Honig. Sie trat einen Schritt hervor und
spähte den Flur entlang. Weit und breit war kein Marc Stevens zu sehen.
     
    Am Ende ihrer ersten gemeinsamen Geschäftsreise waren beide,
jeder für sich, zu dem Schluss gekommen, dass sie sich etwas näher kennen
gelernt hatten und sich gegenseitig besser einschätzen konnten. Eigentlich
hätte es von nun an ohne jegliche Verkrampfungen zwischen ihnen zugehen können,
doch der Tanz und das Gefühlschaos, was er in ihr ausgelöst hatte, hatte das
für Christina schon wieder unmöglich gemacht. Sie war froh und dankbar, dass
ihre Befürchtungen nicht so eingetroffen waren. Er war ihr, außer bei diesem
vermaledeiten Kuscheltanz, nicht auf die Pelle gerückt. Sie hatte Stevens an
dem Abend herausgefordert. Das war ihr jetzt klar. Hätte sie sich nicht auf die
jungen Latinos eingelassen, wäre Stevens nie auf diese blöde Idee gekommen. Für
eines war seine Attacke allerdings gut gewesen. Nur zu gern erinnerte sie sich
ihrer Gefühle, die sie in seinen Armen empfunden hatte. Ihre Emotionen hatten
ihr bewiesen, dass sie doch noch ein fühlender Mensch war. So ganz tot war ihre
verletzte Seele doch nicht. Ihr Chef, der Womanizer, hatte diese Gefühle, die
irgendwo in ihr versteckt waren, wiederbelebt. Aber wieso war ausgerechnet er
dazu in der Lage, so etwas in ihr auszulösen? Er hatte nichts anderes getan,
als mit ihr getanzt. Aber die Jungs hatten sie doch auch beim Tanzen angefasst
und umarmt! War sie jemals, seit sie mit Ángel noch glücklich gewesen war,
einem Mann so nahe gewesen wie beim Tanz mit ihrem Chef? Waren der Schauder und
die Gänsehaut ein ganz natürlicher Reflex gewesen? So wie, wenn man beim
Kitzeln automatisch lachen muss? Warum hatte sie sich derart wohl bei ihm gefühlt?
Er hatte sie als Frau, als weibliches Wesen behandelt. In dem Moment war sie
für ihn nicht seine Angestellte, sondern eine begehrenswerte und attraktive
Frau gewesen. Ja, zum ersten Mal hatte sie sich wieder als richtige Frau
gefühlt, nicht nur wie irgendein Lebewesen. Es erfüllte sie mit Stolz. Und
dieser Gedanke gefiel ihr! Sie lebte! Sie fühlte!
    Er hatte sie daran erinnert, wie schön es sein kann, mit
einem Mann zusammen zu sein, dass körperliche Nähe nicht gleich Angst,
Schrecken und Schmerzen zu bedeuten hatte.
    Sie musste ihre vorgefasste Meinung über ihn korrigieren.
    Stevens war keinesfalls oberflächlich. – Nein, er war
einfühlsam. Er war kein alberner Showstar. – Er konnte ganz und gar ernsthaft
sein. Er wusste, was er wollte, setzte sich Ziele, die er durch harte Arbeit,
Fleiß und Konsequenz erreichte. Er war keinesfalls dumm. – Er interessierte
sich für alles, was ihm begegnete. Auch sein Interesse an ihrem Leben war nicht
gespielt gewesen. Er wollte wirklich etwas von ihr wissen. War er ein Weiberheld,
der keine Nacht ohne Sex verbringen konnte? – Nein! Seine Augen, seine Stimme,
seine gesamte Ausstrahlung mussten einfach jede Frau zum Schmelzen bringen.
Dieser Mann hatte etwas ungeheuer Anziehendes an sich. In der Bar kannte ihn
niemand, und trotzdem hatten die jungen Frauen ihn angestarrt, obwohl er
wesentlich älter war als sie. Christina hatte das ganz genau mitbekommen. Wenn
sie nicht genau wüsste, dass sie niemals mehr mit jemandem Sex haben könnte,
wäre sie mit ihm im Hotelzimmer gelandet. Ohne ihre traurige Geschichte, hätte
sie mit ihm geschlafen, wäre sie neugierig auf ihn geworden, hätte sie ihn
gerne näher entdeckt und erforscht.
    Aber sie konnte sich keinem Mann jemals mehr anvertrauen.
Niemals mehr konnte sie jemanden so viel Vertrauen schenken. – Niemals!
    Ohne Vertrauen, keine Liebe. Ohne Liebe, keinen Sex.
    Sie hatte Angst, furchtbare Angst.
     
    In der ersten Nacht wieder zu Hause hatte sie erneut ihren
ständigen Lebensbegleiter mit im Bett. Sie träumte von Àngel, von der
Todesnacht. Sie wachte schweißgebadet, durch ihre eigenen Schreie aufgeweckt
auf und hatte Angst wieder einzuschlafen. Sie nahm sich vor, wieder etwas mehr
auf Distanz zu Marc Stevens gehen. Sie durfte niemanden an sich heranlassen.
Ganz ausgeschlossen!
     
    Am Morgen nach der Reise frühstückte Marc gemeinsam mit Mia,
seiner Haushälterin und mütterlichen Freundin. „Na, wie wa denn Ihnen Ihre
Fahrt?“, wollte seine stets gut aufgelegte Vertraute gleich wissen. Marc
schaute nachdenklich zum Fenster hinaus. „Sie ist sehr

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