Ein magischer Walzer
hastig vor. „Ja, natürlich. Es sind noch Unmengen da. Mach dir keine Gedanken deswegen, Dorie. Meine Muffins fallen immer von der Gabel, die gemeinen Dinger.“
Cassie wollte sich zwischen ihren Bruder und ihre Schwester stellen, aber Hope blickte sie an und schüttelte sacht den Kopf. „Grace und Cassie, esst eure Muffins auf, ehe sie kalt werden.“ Sie wartete, bis Cassie wieder saß, dann nahm sie den Korb mit den Muffins und sagte zu Dorie: „Dein Bruder zeigt dir, wie man sie so auf der Gabel befestigt, dass sie nicht herunterfallen.“ Sie reichte ihm den Korb.
Er machte keine Anstalten, ihn zu nehmen, erwiderte leise mit einer Stimme, die ihr schier das Herz brach: „Ich denke, Dorie würde es vorziehen, wenn Sie es ihr zeigen, Miss Hope. “
Bei seinen Worten lachte Grace. „Hope ist die schlechteste Muffinrösterin, Mr. Reyne!“, rief sie fröhlich. „Haben Sie nicht gehört, wie sie gesagt hat, ihre Muffins landeten immer im Feuer?“
Hope zuckte die Schultern und bemerkte leichthin. „Ja, ich bin schrecklich ungeschickt.“ Sie wandte sich wieder an Dorie. „Daher denke ich, es ist am besten, wenn dein Bruder dir zeigt, wie man einen Muffin röstet, nicht ich. Du hast großes Glück, einen Bruder zu haben, der dir Sachen zeigen kann. Wir Merridew-Mädchen haben uns immer gewünscht, einen großen Bruder zu haben. Ich denke, du und Cassie, ihr habt einen der besten Brüder überhaupt.“
Dorie dachte über ihre Worte nach, dann reichte sie Sebastian feierlich ihre Gabel. Er nahm sie ebenso feierlich, hockte sich neben sie und zeigte ihr, wie man das Gebäck auf die Zinken aufspießte, erklärte, was er tat, mit leiser, tiefer Stimme. Das Mädchen schaute aufmerksam zu, und dann rösteten Mann und Kind gemeinsam den Muffin über dem Feuer, erst die eine Seite, dann die andere. Als er fertig war, trugen sie ihn gemeinsam zum Tisch, golden und knusprig - der wichtigste Muffin auf der Welt.
Hope hatte keine Ahnung, warum ihr bei dem Anblick Tränen in die Augen steigen sollten, aber es war so.
Dorie bestrich ihren Muffin großzügig mit Butter und Honig, zögerte einen Augenblick und schnitt ihn dann in zwei Hälften. Die größere gab sie Sebastian.
Geschmolzene Butter und Honig tropften auf seine makellosen, teuren Hosen, aber Sebastian Reyne zuckte mit keiner Wimper. Er nahm seine triefende Muffinhälfte, als hätte sie ihm den Heiligen Gral gereicht.
Dorie, die sich der Bedeutung ihrer Geste offenbar nicht bewusst war, verzehrte ihre Hälfte genüsslich, leckte sich danach sorgsam den Honig von den Fingern.
Nach einem Moment aß auch Sebastian, langsam, fast ehrfürchtig.
Und wenn in Hopes Augen Tränen schwammen, so fiel das niemandem weiter auf.
11. KAPITEL
Wassertropfen hingen an den Zweigen und Blättern, zitterten im blassen Morgenlicht, glitzerten wie Kristalle. Die Luft im Park roch feucht und erdig, klar und frisch, als befände sich Sebastian draußen auf dem Land, nicht mitten in London. Er atmete tief ein. Sein Pferd war unruhig, übermütig, und da niemand in der Nähe war, ließ Sebastian es in einen leichten Galopp fallen. Die Hufschläge hallten gedämpft auf dem regenweichen Boden.
Das hatte ihm gefehlt. Sein Morgenritt war ihm wichtig. Außer der körperlichen Ertüchtigung bot er ihm die Möglichkeit, allein und ungestört seinen Gedanken nachzuhängen.
Er war überzeugt gewesen, seine Schwestern bräuchten Routine, Ordnung und einen systematischen Ansatz, verkörpert in der Person und den Anschauungen Lady Elinores. Und dann hatte die völlig zufällige und spontane Bekanntschaft mit den Merridews zu solch erstaunlichen Ergebnissen geführt.
Während der Kutschfahrt nach Hause hatte Dorie sich tatsächlich an ihn gelehnt. Er hatte sich kaum zu atmen getraut.
Und langsam nahm seine stumme kleine Schwester zu. Er war sich sicher. Sie wirkte nicht länger so zart und zerbrechlich, als könnte der nächste Windstoß sie umwerfen. Die häufigen Morgenausflüge mit den Merridews in den Green Park hatten damit viel zu tun. Den Tag mit frischer Milch, Bewegung und Freundlichkeit zu beginnen war gewiss nicht verkehrt.
Er zog die Brauen zusammen. Es war einige Zeit her, seit die Dienstboten das Verschwinden von Lebensmitteln beklagt hatten.
Eine leise Brise fuhr in die Zweige, sodass die an den frischen Blättern hängenden Tropfen herabregneten. Seine Stimmung hob sich, und er schloss die Augen bis auf einen schmalen Spalt, genoss das Zusammenspiel von Pferd, Reiter,
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