Ein Mann - ein Rost - das Grillbuch
Das ist ein schmutziges Tier. Ich esse nichts, was nicht genug Verstand hat, sich aus seinen Fäkalien zu erheben.“ > Die zwei Gangster, die da gemütlich in einem typisch amerikanischen Diner sitzen und Butter auf Pancakes streichen, haben sich so richtig in die Haare gekriegt. Dass sie sich dabei ausgerechnet über Schweinefleisch streiten müssen, verlangt das Drehbuch. Beide Charaktere sind nämlich Erfindungen des Regisseurs und Autors Quentin Tarantino, und der Film heißt „Pulp Fiction“. Der Dialog ist also fiktiv, die Figuren überzeichnet – aus dem Leben gegriffen ist ihr Gespräch allerdings sehr wohl. Schweine haben keine Lobby, dafür aber viele Feinde.
Wäre der bibeltreue Wanderprediger und Vollblutgangster Realität und seine Handfeuerwaffe echt, würde es einigen Mut erfordern, ihm zu widersprechen. Aber gut, erstens haben wir nichts zu befürchten und zweitens liegen uns ein paar Beweise für das Gegenteil vor. Schweine sind weder schmutzig noch dumm. Schweine sind sogar ziemlich hygienische Tiere. Die These, die gemeinen Borstentiere würden Schlafzimmer, Esszimmer und Toilette freiwillig zusammenlegen, ist nicht haltbar. > Wenn Schweine auf einer Weide genug Auslauf haben, trennen sie diese einzelnen Bereiche selbstverständlich und sehr exakt voneinander. Nur Schweine, die in Gefangenschaft und auf engstem Raum gehalten werden, verhalten sich gezwungenermaßen unhygienisch. Aber mal ehrlich: Wer würde, wenn er sein Leben in einer engen Box fristen muss, in der er sich nicht mal um die eigene Achse drehen kann, die Hygiene über den Überlebenskampf stellen? Nicht die Schweine spielen verrückt, sondern wir Menschen. Schuld an dem Elend ist der, der Tiere unter solch unwürdigen Bedingungen hält.
Auch das für Schweine typische Im-Schlamm-Wälzen ist kein unhygienisches Verhalten. Der so auf die Haut aufgetragene Schlamm ist das reinste Wellnessprogramm. Angriffe von Parasiten und Blutsaugern werden mit seiner Hilfe abgewehrt: Die Schlammschicht wirkt wie ein Panzer. Außerdem besitzen Schweine keine Schweißdrüsen zur Regelung der Körpertemperatur. An heißen Tagen verschaffen sie sich durch das Bad in der Suhle Abkühlung und schützen sich auf diese Weise vor einem Sonnenbrand.
Weitere Argumente zur Ehrenrettung des Schweins gefällig? Bitte: Schweine sind intelligente Tiere, die ihr Spiegelbild erkennen und mehr Kommandos als Hunde lernen können. Auch verfügen sie über einen exzellenten Geruchssinn. Sie sind wunderbare Haustiere und, ach ja, noch was: Tiergerecht geschlachtet und richtig zubereitet schmecken sie saugut.
Es gibt doch kaum etwas Schöneres, als Fleisch direkt vom Knochen abzunagen. Besonders, wenn es nicht hart und faserig ist, sondern sich sanft vom Gebein löst. Das hat nicht nur haptische Gründe: Fleisch in Knochennähe weist einen besonders intensiven Geschmack auf. Nun sind schon Lammrippchen oder die Rippenbögen vom Rind ziemlich delikat, doch Schweinerippen schlagen alles. Sie landen besonders häufig auf dem Grill. Ihr guter Geschmack ist in handlicher Größe konfektioniert, was sehr praktisch ist. Auch wenn die Anzahl der Rippenbögen beim Schwein von Rasse zu Rasse variiert, so findet doch jedes Rippchen auf einem herkömmlichen Kugelgrill Platz.
Haben Sie Gäste zum Grillabend eingeladen und großspurig Spare Ribs angekündigt, sollten Sie allerdings frühzeitig beim Metzger Ihres Vertrauens eine Vorbestellung hinterlassen. Im regulären Sortiment sind die begehrten Rippchen – besonders außerhalb der Sommermonate – nämlich meist nicht vorrätig.
| ZUR FLEISCHKUNDE | Bevor es an den Rost geht, wollen wir aber noch einen Moment an der Fleischtheke verweilen. Es ist schließlich so: Die Geschichte der Spare Ribs ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Beeindruckt von den wohlklingenden amerikanischen Bezeichnungen, die einem überall um die Ohren gehauen werden, bestellt auch der deutschsprachige Grillinteressierte immer häufiger „Baby Back Ribs“ oder „Rip Tips“ und fragt am Ende gar nach einem „St. Louis Cut“ beziehungsweise nach „Side Ribs“. Beim heimischen Fleischer erntet er dann meist Häme oder Unverständnis und ergattert vielleicht sogar ein völlig undefinierbares Stück Fleisch, jedoch so gut wie nie das gewünschte Rippchen. Was nicht am Unwillen des Fleischers liegt, sondern an den landesspezifischen Unterschieden der Fleischzuschnitte. Es ist an der Zeit, Ordnung ins Chaos zu bringen.
Im Amerikanischen
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