Ein Mann für alle Sinne - Roberts, N: Mann für alle Sinne
weiß hervor. „Bill, kann ich hier irgendwo in Ruhe telefonieren? Ich muss im Verlag anrufen.“
„Sicher, kein Problem. Komm mit, ich bring dich nach hinten.“ Bill führte sie durch die „Psychologie“ vorbei an den „Western“ und dann durch die „Romantik“ bis hin zu einer Tür, auf der „Privat“ stand. „Lass dir ruhig Zeit“, lud er sie ein und schob sie leicht in den Raum, in dem ein mit Unterlagen übersäter Schreibtisch und eine Bogenlampe standen und unzählige Stapel von Büchern den Boden bedeckten. Sofort zog Juliet das Handy aus der Tasche.
„Danke, Bill.“ Sie wartete nicht einmal ab, bis er die Tür wieder zugezogen hatte, bevor sie die Nummer wählte. „Deborah Mortimor, bitte“, verlangte sie, als sie beim Empfang landete. Juliet wippte ungeduldig mit der Fußspitze, bis die Verbindung zustande kam.
„Hier Deborah Mortimor.“
„Deb, hi, ich bin’s, Juliet.“
„Hi. Ich habe schon auf deinen Anruf gewartet. Sieht so aus, als hätten wir einen ziemlich großen Teil in der Times bekommen. Wenn Ihr nach New York kommt, dann ...“
„Darüber sprechen wir später.“ Juliet griff in ihre Tasche und holte die Kautabletten gegen Sodbrennen hervor. „Ich habe heute die Ausschnitte erhalten.“
„Sind sie nicht großartig?“
„Ja, sicher. Wirklich toll.“
„Aha.“ Deborah schaltete sofort. „Es ist diese kleine Nummer in Denver, oder?“
Juliet gab dem unschuldigen Drehstuhl einen Tritt. „Natürlich ist es das.“
„Setz dich, Juliet.“ Deborah musste es nicht sehen, um zu wissen, dass ihre Chefin erbost auf und ab marschierte.
„Ich soll mich hinsetzen? Ich habe gute Lust, nach Denver zurückzufliegen und Chatty Kathy an die Gurgel zu gehen.“
„Klatschkolumnistinnen umzubringen ist nicht gut für die PR, Juliet.“
„Es ist absoluter Müll.“
„Nein, so schlecht ist es gar nicht. Spekulation vielleicht, aber kein Müll.“
Juliet kämpfte um Selbstbeherrschung und schaffte es nur mit Mühe, ihrem Temperament nicht die Zügel schießen zu lassen. Sie steckte sich die erste Tablette in den Mund und kaute grimmig. „Komm mir nicht auf die Tour, Deb. Mir gefallen diese Anspielungen über Carlo und mich nicht. ,Carlo Franconis reizende amerikanische Reisebegleiterin‘“, zitierte sie durch zusammengebissene Zähne. „Reisebegleiterin! Das hört sich an, als hätte ich mich ihm zum Vergnügen angeschlossen. Und dann auch noch ...“
„Ich hab’s gelesen“, unterbrach Deborah sie. „Hai übrigens auch“, fügte sie hinzu und bezog sich damit auf den Leiter der Werbeabteilung.
Juliet schloss für einen Moment die Augen. „Und?“
„Nun, er hat ungefähr sechs verschiedene Stadien durchlaufen. Letztendlich ist er zu dem Schluss gekommen, dass solche Kommentare wohl irgendwann auftauchen mussten und nur zu Franconis – Mystik ist wohl das beste Wort dafür- beitragen.“
„Ich verstehe.“ Das Kinn vorgeschoben, hielt sie die Finger fest um die kleine Rolle mit den Kautabletten geklammert. „Na, dann ist ja alles in bester Ordnung, oder? Ich bin froh, dass ich die Mystik unseres Klienten noch vergrößern konnte.“
„Hör zu, Juliet ...“
„Nein, schon gut. Sag dem guten Hai einfach, dass Houston absolut perfekt gelaufen ist.“ Sie würde mit Sicherheit zwei Tabletten brauchen. Also schob sie mit dem Daumen noch eine aus der Rolle und in ihren Mund. „Und erwähne ihm gegenüber nicht, dass ich wegen dieses ... dieses Schunds aus Denver angerufen habe.“
„Gut, wie du möchtest.“
Juliet machte einen Platz auf dem Schreibtisch frei, holte Kladde und Stift hervor und setzte sich. „Und jetzt gib mir durch, was bei der Times ansteht.“
Eine halbe Stunde später – Juliet war gerade dabei, ihren letzten Anruf zu beenden – steckte Carlo den Kopf zur Tür herein. Als er sie mit dem Telefonhörer am Ohr sah, verdrehte er die Augen, schloss leise die Tür hinter sich und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Seine Augenbrauen ruckten in die Höhe, als er die halb aufgebrauchte Rolle Kautabletten sah.
„Ja, danke, Ed. Mr Franconi wird alle notwendigen Zutaten mitbringen und um acht Uhr im Studio sein. Ja.“ Sie lachte, allerdings tippte ihre Fußspitze einen gereizten Rhythmus auf den Boden. „Es ist absolut köstlich, garantiert. Wir sehen uns dann also in zwei Tagen.“
Als sie den Hörer auflegte, kam Carlo wieder in das Zimmer hinein. „Warum bist du nicht gekommen, um mich zu retten?“
Sie bedachte ihn mit einem
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