Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
qualitativ schlechte Ware, die man über kurz oder lang als Hinterlassenschaften des fahrenden Volkes haufenweise in den Feldern fand.
„Anna!“ Ein schriller Schrei riss sie aus ihren Gedanken. June wollte die Verkaufszahlen der hässlichen Röcke mit dem Blumenmuster wissen, die gestern eingetroffen waren.
„Wir haben nicht einen Einzigen verkauft“, erklärte Anna. „Es ist zu früh. Im Januar kaufen die Leute so etwas nicht.“ Eigentlich niemals, es sei denn, sie sind farbenblind .
„Am besten, Sie drapieren einen Rock zusammen mit einem der ansprechenden Tops als Hingucker im Schaufenster.“
Jetzt geht das schon wieder los , dachte Anna. „Haben wir ein ansprechendes Top?“
June warf ihr einen kalten Blick zu. „Das überlasse ich Ihnen“, sagte sie frostig.
„Bridget, kommst du mal.“
Bridget war eine nette, fleißige Teilzeitkraft mit kurzen braunen Haaren und einer Brille. Sie eilte sofort diensteifrig zum Tresen.
Anna lächelte sie freundlich an. „Könntest du bitte ein gutes Plätzchen im Schaufenster für den neuen Blumenrock finden – du weißt schon, den hässlichen Rock mit den Blumen?“
„Oh ja.“ Bridget nickte ernst.
„Vielleicht kannst du ihn mit einem unserer ansprechenden Tops ein bisschen schick machen?“, fragte Anna hoffnungsvoll.
„Ansprechende Tops?“
Anna bemerkte entzückt, dass Bridget genauso perplex war wie sie selbst. „Ich habe volles Vertrauen zu dir, Bridget“, sagte sie und zwinkerte ihr aufmunternd zu.
Einfach delegieren zu können, war toll! Anna hatte jetzt wirklich keine Zeit, sich mit lächerlichen Röcken zu beschäftigen. Solches Zeug ins Schaufenster zu stellen, war bescheuert, denn es würde sogar Omas abschrecken. Ein Plakat Ladendiebe Willkommen würde wahrscheinlich mehr Kunden hereinlocken. Und überhaupt hatte sie jetzt Wichtigeres zu tun. Sie musste ihr privates Chaos in Ordnung bringen. Insbesondere die Angelegenheit mit Steve (oder Stephan) und seiner Pariser Mademoiselle. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr bedauerte sie, dass sie ihm nicht sofort erzählt hatte, dass Claudine am Wochenende kommen wollte. An diesem Wochenende! Das Timing konnte nicht schlechter sein. Wenn sie ihm nichts sagte, fuhr er möglicherweise zu seinen Eltern nach Kilkenny. Dann stünde sie vielleicht an der Tür Claudine gegenüber und könnte ihr sagen, er wäre emigriert oder so etwas. Würde sie mit diesem Verrat leben können? Wahrscheinlich. Aber sie konnte nicht riskieren, dass er es herausfand, denn dann war sie wahrscheinlich für ihn gestorben. Andererseits würde sie Claudine damit einen Gefallen tun, denn er war ihre Liebe nicht wert. Auch nicht ein Rückflugticket von 159 Pfund. Er betrog sie, Herrgott noch mal! Und er würde es wieder tun, wenn es nach Anna ging .
Man sollte Claudine von dieser sinnlosen Reise abhalten. Letzten Endes würde man ihr damit viel zukünftigen Liebeskummer ersparen. Was tun? Oh Gott, wenn sie nur eine Eingebung hätte.
Kapitel 6
„ Wir müssen reden, Anna.“ Aus Steves dunklen Augen war das vertraute Strahlen verschwunden.
„Ich weiß“, antwortete sie. Sie war sich darüber im Klaren, dass dieses Gespräch nicht angenehm werden würde. Denn Männer wollten eigentlich nie reden. Nur wenn es darum ging, dich ins Bett zu kriegen, war das anders. Wenn Männer reden wollten, bedeutete es aber meistens, dass sie anschließend nie wieder mit dir reden wollten. Oder dich nie wieder treffen ... oder nie wieder mit dir knutschen. Na ja, knutschen vielleicht mal. Gelegentlich. Aber nur dann, wenn es niemand mitbekam und sie sich ganz sicher waren, dass du die Knutscherei nicht falsch interpretieren würdest. Nicht hoffen, dass daraus mehr wird . „Okay, schieß los“, sagte sie.
Sie saßen in Steves Wohnung, die gar nicht mehr so einladend wirkte, wie am Abend der Party. Kurt Co bains Gesichtsausdruck auf dem Schwarz-weiß- Poster war leidend. Wahrscheinlich sah sie selbst genauso gequält aus, dachte Anna schlechtgelaunt. „Möchtest du eine Zigarette?“ Er hielt ihr eine fast leere Packung Marlboro Light hin.
Sie schüttelte den Kopf: „Nein danke. Wahrscheinlich brauche ich nach dem Gespräch eine.“
„Ich habe dir doch von meiner Freundin in Paris erzählt. Erinnerst du dich?“
„Vage“, schniefte Anna. „Soweit ich mich erinnere, hast du sie einmal erwähnt, in der Nacht als wir uns kennenlernten. Aber ich glaube, danach hast du nie wieder von ihr gesprochen.“
„Es
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