Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
tut mir leid.“ Steve starrte auf den Boden. Er sah heute Abend umwerfend aus. Und viel jünger. Aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. „Ich habe ein sehr schlechtes Gewissen.“
„Ach ja?“
„Sie kommt heute Abend.“
„Ach ja?“
„Ich hab‘s erst heute erfahren. Sie muss schon am Mittwoch angerufen haben. Wahrscheinlich hat eine von den Krankenschwestern vergessen, es mir zu erzählen.“
„Oh.“ Jetzt hatte Anna ein schlechtes Gewissen.
„Also ... verdammt, ich find‘s schrecklich, so etwas zu tun ... aber wir können uns nicht mehr sehen.“
„Oh.“
„Tut mir leid.“
„Ja.“
„Wünschst du mir jetzt den Teufel an den Hals?“
„Nein ... aber ehrlich gesagt, es ist schon ein bisschen dämlich zu sagen, dass wir uns nicht mehr sehen dürfen, wenn ich doch oben wohne.“
Steve lachte kurz auf. „Das hört sich wirklich albern an.“
„Na dann.“ Sie stand auf. „Ich geh jetzt.“
„Bist du sehr verletzt?“ Er sah einfach großartig aus. Am liebsten wäre sie ihm an die Gurgel gegangen, aber sie war zu durcheinander.
„Verletzt?“, kreischte sie. „Verletzt? Das Ganze kümmert mich einen feuchten Dreck.“
„Oh.“ Nun sah Steve verletzt aus.
„Dann, alles Gute.“ Sie ging zur Tür.
„Es tut mir leid.“
Sie zog die Tür vorsichtig zu. Wartete einen Moment. Überlegte, ob sie zurückgehen und ihn fertigmachen sollte. Entschied sich dagegen. Trat stellvertretend gegen sein Fahrrad und rannte nach oben.
Die Wohnung war kalt. Sie war immer kalt und trostlos. Sie machte das Licht nicht an. Ihre Stimmung war düster, da konnte sie kein helles Licht gebrauchen. Sie schleppte den kleinen Heizlüfter zum Fenster, setzte sich auf den niedrigen Hocker davor und starrte wie betäubt hinaus. Bei Mark brannte Licht und der Tisch war für zwei gedeckt. Wie reizend. Und Steve und Claudine waren auch zusammen heute Abend. Auch ganz reizend. Und sie selbst war alleine. Musste alleine essen, alleine schlafen. War mit ihrem Elend alleine.
Sie musste Claire anrufen. Claire war mitfühlend, und sie würde nicht sagen, „ich hab dich ja gewarnt“. Das machte sie nie. Auf jeden Fall nicht sofort. Aber so lange Steve noch im Haus war, konnte sie das Telefon im Flur nicht benutzen. Wie ärgerlich. Sie sollte sich doch ein Handy besorgen, ganz egal ob es schädlich war oder die Menschen um sie herum störte. Endlich hörte sie ihn weggehen. Das war schlimm. Er ging tatsächlich. Es war also endgültig, und er würde nicht reumütig zu ihr heraufkommen und von einem schrecklichen Fehler sprechen und sie um Verzeihung bitten.
Sie lief die Treppe hinunter und rief Claire an.
„Er ist weg“, jammerte sie.
„Du Arme.“ Claire klang angemessen bestürzt.
„Das ist nicht fair. Ich hab gedacht, es könnte die große Liebe werden.“
„Na ja, so furchtbar lange kanntet ihr euch doch noch nicht“, sagte Claire.
„Ziehst du mit mir los, den Kummer runterspülen?“
„Geht nicht, Anna. Ich koche. Simon hat ein paar Freunde zu einem Männerabend eingeladen.“
„Wen?“
„John, Richard und Jake.“
„Alle verheiratet?“
„Jake nicht.“
„Und der ist vermutlich grässlich.“
„Ich kenn ihn nicht wirklich gut, aber er ist nicht übel.“
„Soll ich dir helfen?“
„Du meinst ...“
„Nein, nicht um mich bei dir vollzuschlagen. Ich helf dir gerne ... echt.“
Sie trug ein schwarzes knielanges Samtkleid, dazu Lackschuhe mit niedrigen Absätzen und kleine Diamantohrringe. Ihr blondes Haar hatte sie zu einem dicken Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie betrachtete sich kritisch im Spiegel. Wenn diese Typen hochkarätige Aktienhändler waren, dann standen sie vermutlich auf hinreißende, mondäne Frauen. Anna zog ihren schwarzen langen Wollmantel an und schlang sich einen Kaschmirschal um den Hals. Eleganter ging es nicht.
Simon erschrak heftig, als sie plötzlich in der Tür stand.
„Keine Angst, ich bin nur zum Helfen gekommen.“
Anna schob sich hinter ihm in den Flur. Eine Frau bei einem Männerabend, das war für Simon undenkbar. Simon war ein echter Kerl, und Claire himmelte ihn an. Aber er war nicht Annas Typ. Anna war viel zu selbstständig für Männer wie Simon.
Claire war hektisch damit beschäftigt, ihr Chicken à la King zu kochen.
Es klingelte.
„Um Himmels Willen“, rief Claire panisch, „sie sind viel zu früh. Und Simon ist gerade duschen gegangen. Auch das noch. Kannst du dich um sie kümmern? Bring sie ins Wohnzimmer, und
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