Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
machte Anstalten aufzubrechen. Sie war ja auch die Einzige, die am nächsten Morgen aufstehen musste.
„Natürlich habe ich die ganze Besetzung von Fair City kennen gelernt“, fügte Rich hinzu.
„Natürlich“, kicherte Sandra.
Grainne warf ihr einen warnenden Blick zu. „Erzähl uns von der Werbung. Hat das Spaß gemacht? Wie war die Frau? Sie ist ziemlich hübsch, oder?“
Rich verzog das Gesicht. „Sie ist ziemlich eingebildet und unfreundlich. Man hat keine Chancen bei ihr, es sei denn, man hat einen fetten Wagen und schmeißt mit Geld um sich ... “
„ ... und das hattest du ja nicht“, beendete Sandra den Satz.
„Ähm ... Nein.“
Sie wandten sich wieder dem Film zu.
„Sehen wir uns wieder?“ Rich wollte nicht gehen, ohne sich neu zu verabreden. Grainne und Sandra hatten sich schon beim Abspann des Filmes zurückgezogen. Anna war verblüfft. Sie hatten den ganzen Abend kaum fünf Worte gewechselt und jetzt wollte er mehr! Vielleicht war er einsam. Das war es bestimmt. Vielleicht waren all seine Freunde gleichzeitig nach Australien ausgewandert. Möglicherweise hatte er etwas für Krankenschwestern übrig. Und sonst noch? Denn sicherlich, ganz sicher, konnte er nicht annehmen, dass das „Date“ ein voller Erfolg gewesen war. „Ruf mich einfach an“, sagte Anna sachlich.
„Mach ich!“ Einen kurzen Moment sah es so aus, als wolle er sich vorbeugen und sie küssen. Er tat es aber nicht. „Gute Nacht!“ Er zwinkerte ihr komisch zu und verschwand in der Dunkelheit.
Kapitel 10
„Wie alt ist er denn?“ Elaine drückte ihre Zigarette aus und zündete sich sofort eine neue an.
„Ich weiß es nicht“, seufzte Anna und rieb sich die Augen. „Ungefähr so alt wie ich, schätze ich.“
„Und ihr seid überhaupt nicht ausgegangen?“, fragte Elaine ungläubig.
„Nein. Montags ist in Dublin nichts los.“
„Verstehe!“, sagte Elaine wenig überzeugt.
„Manchmal ist es doch auch ganz nett, einfach nur zu Hause zu sitzen“, verteidigte sich Anna.
„Ja sicher, manchmal, aber doch nicht beim ersten Date.“
„Hm.“ Anna hatte keine Lust das Gespräch fortzusetzen.
„Hast du deine Bewerbung abgegeben?“
„Noch nicht. Das mache ich heute Abend.“
Die Frühstückspause war zu Ende. In zwei Stunden war die Mittagspause, da konnte sie ja vielleicht zu McDonalds gehen. Lecker ... ein schöner cremiger Schokoladen-Milchshake ... mmm ... und Pommes ...
Der Rest des Arbeitstages schleppte sich gnadenlos dahin. Anna schrieb ihre Bewerbung und übergab sie dem Filialleiter Evans.
„Viel Glück“, wünschte er freundlich.
Und sie antwortete automatisch: „Danke.“
Ihre Gedanken wanderten kurz zu Rich. Wann würde er sich wieder melden? So weit sie wusste, arbeitete er im Moment nicht. Er war zwischen zwei Engagements, wie es unter Schauspielern hieß. Er war schon ganz in Ordnung und wirklich attraktiv, aber er war nicht der Mr. Perfect, den sie für die Party brauchte. Denn er wäre für Victoria ein gefundenes Fressen. Sie würde ihn nach allen Regeln der Kunst vorführen. Bloß nicht daran denken. Hustensaft Werbung, also so was!
Auf dem gesamten Heimweg steckte der Bus im stockenden Verkehr. Handys wurden rausgeholt, und die Leute telefonierten lautstark. „Hi, ich bin im Bus. Soll ich ein Sandwich oder was anderes mitbringen? ... Nein, das macht mir nichts aus ... Schinken? Nein? ... Ach so, Käse ... Oh ja, das hat Aufsehen erregt. Ja ... großer Mist, aber das erzähl ich dir nachher zu Hause ... ja, ungefähr in fünfzehn Minuten ... ja ... geht nur schleichend vorwärts ... in Ordnung ... ja, nur Käse ... O.K. ... ja tschüss ... ja ... gut ...tschüss ... ach warte mal ... Hallo? ... Hallo? ... Mist ... ffff ...“
Ein grauhaariger Besoffener beschimpfte die Leute im Bus, die plötzlich vollkommen in ihre Zeitungen vertieft waren.
„So ist‘s recht“, schimpfte er. „Beachtet mich nur nicht. Die Technik und all dieser Mist beherrschen das Leben. Aber eines Tages werdet ihr tot sein, und all die Computer der Welt können euch nicht davor bewahren. Viel Glück.“
Anna starrte angestrengt aus dem Fenster. Bloß nicht hinschauen, damit er nicht auf sie aufmerksam wurde. Zum Glück saß sie zu weit hinten für sein Gezeter. Stattdessen belästigte er eine pickelige Jugendliche mit hochrotem Kopf. Das war ein armer Kerl, überlegte Anna. Und bestimmt hatte er Verwandte. Wenn nun der eigene Vater oder Bruder so wäre? Wie traurig, wenn man so jemandem
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