Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
begegnete. Aber es rückte die eigene Perspektive etwas zurecht.
Der alte Mann stieg aus, bevor der Bus nach Ranelagh einbog. Sie blickte zurück und sah, dass er seinen Streit mit der Bushaltestelle fortsetzte. Wie grausam das Leben sein konnte. Sie schüttelte traurig den Kopf. Ihn hatte der Keltische Tiger offensichtlich vergessen.
Das Haus war dunkel, als sie nach Hause kam. Sie fragte sich kurz, wo Steve wohl war. Dachte er überhaupt noch an sie? Oder hielt er sie nur für die hoffnungslose alte Schachtel von oben? Hoffentlich nicht. Es wäre gar nicht nett, so über sie zu denken. Vielleicht liefen sie sich ja mal zufällig in die Arme, und sie könnten dann einfach Freunde sein. Sie hatte ihn seit Freitag nicht mehr gesehen. Heute war Dienstagabend, oder? Ob er heute wieder eine wilde Fete machte? Oder schrieb er Chansons d‘amour für Claudine?
In dem Moment, als sie die Haustür aufmachte, klingelte das Telefon. Sie warf ihre Tasche auf den Boden und stürzte hin.
„Hallo?“
„Anna?“
Eine Männerstimme. Hurra! Aber wer war das? Männerstimmen klangen alle so ähnlich.
„Hi, wie geht‘s dir?“, sagte sie, und tat so, als wüsste sie, wer dran war.
„Ich bin‘s.“
„Ich weiß“, sagte sie. Wer zum Teufel war das?
„Wieso erkennst du mich?“
Sie war verwirrt. Der Mann ließ sich von ihrer Schroffheit nicht beirren. Mark war es nicht. Auch Rich war es nicht, wenn er nicht doch schauspielerte. Aber sie konnte jetzt nicht mehr zurück.
„Weil deine Stimme immer dieselbe ist“, bluffte sie weiter.
„Ich bin Jake“, sagte die Stimme.
Schweigen. Wer zum Teufel war Jake? Und dann war sie vor Überraschung sprachlos. Oh Sch ... Scheibenkleister! Jake war der Kerl, den sie bei Claire kennen gelernt hatte. Die Pflanze und all das. Ach du Schande, der musste sie für vollkommen bescheuert halten. Warum rief der denn jetzt an? Herrjemine, jetzt hatte sie zwei Kerle am Start. Zwei waren besser als gar keiner. So selten, wie so etwas vorkam, musste es gefeiert werden.
„Was hast du denn geglaubt, wer dran ist?“, fragte Jake gespannt.
„Mein Vater“, antwortete Anna trocken.
Es folgte brüllendes Gelächter. Fünf Minuten prasselte es auf sie ein, dass ihr fast das Trommelfell platzte. Na ja, vielleicht nicht ganz so lang. Aber es schien nicht enden zu wollen. „Anna, ha ah hanna ha ha, du bist ... ha ha ... rasend komisch.“
Herrje, der war bestimmt auf Droge. Anna hielt das Telefon weit von ihrem Ohr weg und betrachtete es argwöhnisch. Was um alles in der Welt wollte er denn von ihr? Hatte Claire ihn dazu angestiftet? Sie könnte Claire umbringen, ehrlich. Sie versuchte, sich zu erinnern, wie Jake aussah. Gar nicht so übel, soweit sie sich entsinnen konnte. Ganz ansehnlich. Natürlich nicht ganz so gut aussehend wie Mark, aber mit Rich konnte er leicht mithalten.
„Bist du noch dran?“ Jakes Stimme schien meilenweit weg.
„Äh .. ja.“ Schlagartig landete Anna wieder auf dem Boden der Realität. „Was kann ich für dich tun?“ Mannomann, sie klang ja wie eine mürrische Verkäuferin .
„Ja also ... eigentlich ha ha ... Ich hab mich gefragt, ob du vielleicht Interesse hast äh … , ob du vielleicht mal mit mir ausgehen willst?“
„Oh.“ Anna fiel auf die Schnelle nichts anderes ein.
„Ich könnte dich nachher abholen. Was meinst du?“
Meine Güte, der hatte es ja eilig. Prima. Zwei Dates mit zwei verschiedenen Männern an zwei Abenden hintereinander. Das konnte man schlecht überbieten, oder? Und Jake hatte einen tollen Wagen, wenn sie sich recht erinnerte. Jetzt reichte es! Hör damit auf! Es war das Letzte, immer nur ans Geld zu denken. „Gerne. Ich würde mich freuen“, entschlüpfte es ihr plötzlich. Ups! Sie hatte zugestimmt. Jetzt konnte sie nicht mehr zurück.
„Also um acht dann, Jake. Komm pünktlich!“, sagte sie. „Ach und drück auf die Hupe, damit ich weiß, dass du da bist.“
Das hatte eine erneute fünfminütige Lachsalve zur Folge. Mein Gott, der war wirklich nicht ganz dicht. Was war so lustig daran, wenn man auf die Hupe drückte? Sie sollte jetzt besser auflegen, bevor sie ihre Meinung noch änderte. Immerhin hatte sie das mit der Hupe anbringen können. Hoffentlich guckte Steve nachher aus dem Fenster. Er sollte doch sehen, was für einen guten Fang sie gemacht hatte. Ha!
Und nun? Was sollte sie anziehen? Am besten etwas Dezentes.
Sie riss den Kleiderschrank auf und betrachtete verächtlich den Inhalt. Außer ihrer
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