Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
anmerken. Sie stolzierte im Hosenanzug mit ihren Verkaufszahlen durch den Laden. Aber tief drinnen war Anna Allstone nicht so mutig, wie alle dachten. Sie hatte immer noch Angst vor Victorias spitzer Zunge, und ihr graute vor einem Abend in Victorias repräsentativem Traumhaus. Und sie flüchtete sich in ihr Elternhauses, anstatt Mark ihre Gefühle zu gestehen.
Plötzlich brauchte sie unbedingt eine Zigarette. Sie setzte sich im Bett auf. Ihre Eltern wussten nicht, dass sie rauchte. Sie schleppte sich zum Fenster, öffnete es weit und zündete sich eine an. Sie starrte in die Nacht hinaus. Hier hatte sie immer gesessen und an all die College-Knaben gedacht, in die sie verliebt war. Jungs, denen sie nichts bedeutete. Wenn ihr damals jemand erzählt hätte, dass sie in zehn Jahren an genau derselben Stelle sitzen und sich über mehr oder weniger dasselbe Thema den Kopf zerbrechen würde, hätte sie sich umgebracht!
Heute Abend hatte sie ihre Chance gehabt. Manchmal hatte man nur einen Versuch. Dann war der Moment vorbei. Und er kam nie wieder.
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Kapitel 43
„Wunderbar dich zu sehen, Anna. Ich bin so froh, dass du angerufen hast. Ich habe dich vermisst, ob du’s glaubst oder nicht.“
Sie saßen im BT2 Coffeeshop und sahen auf die Käufermassen hinunter, wie sie durch Grafton Street hasteten und dabei mit konfusen Touristen zusammenstießen, die Urlaubsfotos machen wollten.
„Ich habe dich auch vermisst, Mark.“ Anna lächelte ihn an. Sie hatte ihn vermisst. Immerhin konnte sie das jetzt zugeben, ohne sich dafür zu schämen. „Galway ist großartig, aber wenn du mir nicht nachspionierst, fehlt was.“
„Oh, wie süß.“ Mark grinste breit.
Der Coffeeshop war voller Menschen. Hoffentlich würde niemand mithören, was sie Mark gleich sagen wollte, dachte Anna. Aber plötzlich schienen ihr Ort und Zeit unpassend für ein ernstes Gespräch. Es fiel einem doch mit einer Portion Alkohol intus viel leichter, über Gefühle zu sprechen.
Um drei Uhr hatte Anna einen Termin beim Friseur. Sie musste das hier schnell hinter sich bringen. Plötzlich hatte sie eine viel bessere Idee. Wenn sie ihn jetzt zu der Party einlud, dann konnte sie dort immer noch mit ihm rumknutschen und so weiter. Das war einfacher, und sie wäre nicht so angespannt. Für einige Minuten schwieg sie. Dann holte sie tief Luft.
„Mark?“
„Hm?“
„Heute Abend ist mein Klassentreffen.“
„Ach.“ Er beugte sich vor und blickte ihr tief in die Augen. Sie wollte ihn küssen hier und jetzt. Meine Güte, wie hatte sie ihm all diese Jahre widerstehen können? „Jetzt verstehe ich.“
„Was meinst du?“ Anna war verwirrt.
„Für einen Moment hab ich gedacht, dass du den ganzen Weg extra hergekommen bist, um mit mir Kaffee zu trinken. Ich hätte mir ja denken können, dass noch etwas anderes dahinter steckt“, sagte er mit einem Flackern in den Augen.
„Aber ich wollte dich auch sehen.“
„Oh danke.“
„Mark, die Sache ist ...“
„Guck mal, ist das nicht Jonny da drüben?“
„Wo?“
„Da, guck mal da drüben. Er hat fast zehn Kilo zugenommen. Hat wahrscheinlich aufgehört, Rugby zu spielen . Passiert oft .“
„Also.“ Anna wurde ungeduldig.
„Du wolltest was erzählen, mach weiter.“
„Ich möchte, dass du mich begleitest.“
„Wohin?“
„Zum Klassentreffen.“
„Das ist nicht dein Ernst.“
„Doch. Partner sind auch eingeladen.“
„Das ist doch blöd. Dann ist es auch kein Klassentreffen, oder? Ich meine, ein Klassentreffen hat doch den Zweck, dass man sich austauscht nach all der Zeit, findest du nicht?“
„Also eigentlich ist es eher eine Party. Darum sind die Partner auch eingeladen.
„Und du willst, dass ich für heute Abend dein Partner bin?“, fragte Mark mit einem komplett verwirrten Ausdruck im Gesicht. „Das glaubt doch keiner!“ Er fing plötzlich an zu lachen. „Du und ich? Das ist lächerlich, Anna. Das bringe ich nicht. Was soll ich denn tun? Deine Hand halten?“ Er lachte wieder.
Anna war ziemlich irritiert. Sie sah auf die Uhr. Es war viertel vor drei. Sie hatte jetzt keine Zeit für Mätzchen. „Ja oder nein?“
„Nein“, sagte er. „Tut mir leid, Anna.“
Wenn er ihr eine Ohrfeige gegeben hätte, hätte sie auch nicht schockierter sein können. Ihr Herz sank bis unter den Meeresspiegel. Die Demütigung war fast unerträglich und ihr wurde heiß und immer heißer.
„Warum nicht?“ Sie versuchte lässig zu klingen, aber es gelang ihr
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