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Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Pankow / K.-Fischer-Platz. Nun konnte es natürlich sein, daß Wuttkowskis Mörder die Taxe von einer Gaststätte beziehungsweise Wohnung aus bestellt oder auf der Straße herbeigewinkt hatte, aber in dieser Hinsicht hatten die Befragungen seiner Kolleginnen und Kollegen wie der Leute in den Funkzentralen nichts ergeben, auch hatte sich bislang niemand mit «zweckdienlichen Hinweisen» bei der Mordkommission gemeldet. Wie auch immer, sie hatten beschlossen, daß er sich vornehmlich im Umkreis des Tatortes aufhalten sollte, das heißt in der 10-Kilometer-Zone um ihn herum, denn es gab zwar viele Möglichkeiten, aber einiges sprach ja doch dafür, daß der Mörder Nordberliner war, also spezielle Ortskenntnisse aufzuweisen hatte. Sicherlich hatte er, um ihn nicht mißtrauisch werden zu lassen, Wuttkowski sein Ziel ganz genau genannt: «Lübars, Am Rohrbusch» und nicht «Fahren Sie mal irgendwo hin, wo es mächtig einsam ist». Sicher, alles konnte Zufall sein und der Mann aus Wittstock, Wladiwostok oder sonstwo stammen, aber irgendwo war schließlich anzusetzen, wollte man nicht nur im Büro sitzen und auf ein Wunder hoffen. Mannhardt hatte folgenden Tatablauf im Kopf: Der Mann kommt in Tegel mit der U-Bahn an, braucht Geld für Alk, D ope, Frauen oder zum Begleichen seiner Schulden, sieht die Taxen aufgereiht und mit leuchtenden Fackeln vor dem Tegeler Hafen stehen und hat eine Idee... Lübars kennt er, das Tegeler Fließ. Er weiß, daß er den Taxifahrer an einer Stelle ausrauben muß, von der aus er fliehen kann, ohne gleich von x Polizeifahrzeugen gejagt zu werden. Da bietet es sich an, in «den Osten» hinüberzulaufen, nach Glienicke, ins Land Brandenburg. Oder aber er wohnt gleich in der Nähe...
    Mannhardt wunderte sich, daß so wenig Morde begangen wurden, wo es doch so furchtbar schwer war, einen Mörder zu finden, wenn der nur halbwegs geschickt zu Werke ging. Neidvoll sah er zur Tegeler Insel hinüber, auf der gerade die Nordberliner «Krimi-Nacht» mit ihren Lesungen lief. Seine Kolleginnen und Kollegen in den Romanen und Filmen, Kommissare wie private eyes, konnten sicher sein, daß alles, was sie taten, einem Plan entsprach, hingearbeitet war auf das Ende des Buches oder Stückes, wie immer das beschaffen war. Doch bei ihm? Da war alles nur trial and error, alles nur Chaos. Es sei denn, es gab diesen einen Gott oder es war wenigstens so, wie die Esoteriker dachten, daß nämlich alles Geschehen schon existierte und die Menschen es nur nach und nach erfuhren. War also das Drehbuch seines Lebens längst geschrieben, und er durfte nur noch nachspielen, was ihm vorgegeben war...? Wenn der nächste Fahrgast nun als sein Mörder kam...?
    Noch war es nicht soweit, denn er stand erst als fünfter in der Reihe. Im Crashkurs hatte er sich bei der Innung mit dem vertraut gemacht, was er wissen mußte. Zum Beispiel, daß eine Beförderungspflicht für ihn bestand, wann der «Winktarif» galt und daß sie generell einen degressiven Tarif hatten: Bis 6 km kostete der gefahrene Kilometer bei Normaltarif (Stufe 2 am Tage) den Fahrgast 2,10 DM, fiel dann bis zum zehnten Kilometer auf 1,90 und danach sogar auf 1,70 und 1,50 (ab 15 km). Wobei noch der Grundpreis (DM 4,00) und die Wartezeit an Ampeln und Staus dazugerechnet werden mußten. Eine Stunde Wartezeit war mit 40 DM anzurechnen. Und was seine Ortskenntnisse betraf, da hätte er spielend den P-Schein geschafft, denn da allenthalben Totgut anfiel, kam er viel herum in Berlin. Angst vor meckernden Fahrgästen brauchte er also keine zu haben, was ihm aber zu schaffen machte, war das ewige Warten. Am besten, er stieg noch einmal aus und stellte sich zu den drei echten Taxifahrern, die sich an der Rufsäule 4 33 99 94 versammelt hatten.
    «Was denn: Sie ooch uff’m Bock!? Ick hab Sie erst für ’n Aushilfswixa jehalten, älteret Semesta, aba nu...»
    Mannhardt zuckte zusammen. Scheiße, der eine hatte ihn erkannt. In seiner Polizistenrolle hatte er ihn gleich am Morgen nach dem Wuttkowski-Mord befragt. Aber andererseits, was machte es schon, daß sie ihn geoutet hatten? «Ich hoffe, daß der Täter eines Tages bei mir im Wagen sitzt.»
    «Wär ja ’n mächtiger Zufall, wa?»
    «Nee, Spaß beiseite: Ich will mal sehen, wie das so läuft bei euch. Vielleicht krieg ich ’n Einfall dabei, den ich im Büro nicht bekommen hätte. Aber sagt mal: Kennt ihr den hier?» Er hielt ihnen ein Foto von Daniel Mindermann hin.
    «Nie jesehn.» Alle drei waren dieser

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