Ein Mann von Ehre
noch immer nicht begriffen, dass Sie mich in Ruhe lassen sollen?“, herrschte sie ihn an.
Er lächelte ungläubig, weil er so daran gewohnt war, seinen Willen zu bekommen, dass er sich nicht vorstellen konnte, er solle ihr tatsächlich nie wieder unter die Augen treten.
„Ich finde Sie hinreißend, wenn Sie wütend sind“, erwiderte er voller Verlangen. „Sie wären es wert, meine Gattin zu sein. Falls ich bei Ihnen den Eindruck erweckt habe, es käme mir nur auf ein flüchtiges Abenteuer an, dann muss ich um Entschuldigung bitten. Wären Sie frei, würde ich Sie heiraten. Als meiner Mätresse stünde Ihnen mein Vermögen zur Verfügung.“
„Ich will nicht Ihre Mätresse werden! Ich bin auch nicht an Ihrem Reichtum interessiert, Monsieur le Comte!“
„Aber Sie werden mir gehören“, murmelte er und griff nach ihr. „Ich werde die Wonnen kosten, die Sie mir versagen wollen, und sei es auch nur für kurze Zeit!“
Sie war schockiert darüber, dass er sie am hellen Tag im Garten angegriffen hatte, und einen Moment lang unfähig, sich zu wehren. Im Nu hatte er die Arme um sie geschlungen und presste sie an sich. Sie wehrte sich nach Kräften und hieb mit den Fäusten auf ihn ein, vermochte jedoch nicht zu verhindern, dass er sie küsste. Sein Kuss war ihr widerwärtig. Alle Kraft aufbietend, stieß sie ihn von sich und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.
„Was erdreisten Sie sich? Wie können Sie es wagen, mich derart zu beleidigen?“
„Das war nur der Anfang!“ Der Comte verengte die Augen. Er war es nicht gewohnt, dass man ihm Widerstand leistete und ihm sein Vergnügen verwehrte. Die Aufsässigkeit der Comtesse hatte die negativsten Seiten seines Wesens zum Vorschein gebracht. Er hatte Gerüchte über die Countess of Marlowe gehört, durch die er zu der Annahme verleitet worden war, sie werde sich ihm willig hingeben. Nun war seine Enttäuschung umso größer. „Am Ende bekomme ich immer, was ich haben will. Sie waren schon die Mätresse Ihres Mannes, ehe er Sie geheiratet hat. Warum verlassen Sie ihn nicht und kommen zu mir? Ich kann Ihnen weitaus mehr bieten.“
„Nie!“, schrie sie ihn an. „Bitte, lassen Sie mich in Ruhe!“
„Warum wollen Sie nicht, dass wir uns etwas amüsieren? Ich kann, wenn ich will, ein sehr gefährlicher Gegner sein. Ich will Sie haben und werde Sie bekommen, selbst wenn ich gezwungen sein sollte, Sie zu entführen und Ihren Gatten zu töten!“
Das konnte nicht der Ernst des Comte Devere sein! Rosalyn war schockiert und zu verwirrt, um noch klar denken zu können. „Nein!“, flüsterte sie, und sein Gesicht begann ihr vor den Augen zu verschwimmen. Sie fühlte sich sehr unwohl. Es konnte nicht wahr sein, was sie erlebte. Das war ein Albtraum. Sie presste die Hand auf die Stirn, als der Garten sich um sie zu drehen schien. „Nein! Sie dürfen so etwas nicht sagen.“ Durch die Nebel, die auf sie zuwallten, war sie sich der Gefahr bewusst und rief laut nach Damian. „Bitte, hilf mir! Hilf mir!“
Ihr wurde schwarz vor den Augen. Sie fiel. Sie fiel in ein tiefes, endloses Loch.
Als Rosalyn einige Zeit später zur Besinnung kam, lag sie im Salon auf dem Sofa. Nessa kühlte ihr die Stirn, und im Hintergrund stand ein Hausmädchen. Der Comte war nicht zu sehen.
„Was ist geschehen?“, wollte sie wissen und stöhnte leise. „Wie bin ich hergekommen?“
„Sie sind ohnmächtig geworden, Memsahib“, antwortete Nessa und erzählte ihr, Rajib habe sie den Comte küssen und dann zu Boden fallen gesehen. Er sei ihr sofort zu Hilfe gekommen und habe sie hergetragen.
Matt widersprach Rosalyn, sie habe den Comte nicht geküsst, und forderte die Ayah dann auf, über den Vorfall Schweigen zu bewahren. „Wenn mein Gatte erfährt, was der Comte …“
„Was soll ich nicht wissen?“
Sie zuckte zusammen, schaute auf und sah Damian mit strenger Miene auf sich zukommen. „Ich hatte keine Ahnung, dass du schon zurück bist.“
„Nein, meine Liebe?“ Seine Stimme hatte so kalt, so verärgert geklungen. „Vielleicht ist es ein Glück, dass ich früher als vorgesehen zurückgekommen bin. Sonst hätte ich nicht gewusst, was hier los ist.“
Er schickte die Ayah und das Hausmädchen aus dem Raum.
„Du musst nicht so grob mit den Dienstboten reden. Sie haben mir nur geholfen, weil ich in Ohnmacht gefallen bin!“
„Und warum bist du in Ohnmacht gefallen, mein Schatz?“, fragte er. „Hat dir die Aussicht, die Mätresse des Comte zu werden oder die
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