Ein Mann von Ehre
Kleid als auch sie selbst sein Gefallen fanden.
„Bezaubernd, Madame la Comtesse“, murmelte er rau. „Ich habe selten solche Perfektion gesehen!“ Sein Blick war etwas spöttisch. „Man hat mir erzählt, Sie seien Engländerin. Aber das kann nicht stimmen, nicht wahr?“
„Doch, ich bin Engländerin“, antwortete sie belustigt, obwohl das Gebaren dieses charmanten Schwerenöters sie wachsam gemacht hatte. Männer wie ihn hatte sie schon früher kennengelernt und war sich der Gefahren bewusst, denen einen Frau ausgesetzt war, die sich dummerweise von der Ausstrahlung eines solchen Menschen beeindrucken ließ. „Ich glaube jedoch nicht, dass ich den blässlichen englischen Teint habe.“
„Nein, Sie strahlen einen viel exotischeren Reiz aus, Madame la Comtesse“, erwiderte der Comte. „Monsieur, man muss Sie zu der Wahl Ihrer Gattin beglückwünschen. Madame la Comtesse ist hinreißend.“
„Dieser Ansicht war ich stets“, erwiderte Damian trocken. „Ich schätze mich glücklich, dass sie mich geheiratet hat und nicht einen ihrer vielen hingebungsvollen Bewunderer.“
Überrascht schaute sie ihn an. Er hatte geklungen, als wolle er den Comte davor warnen, ihr Avancen zu machen. Er war doch wohl nicht eifersüchtig? Glaubte er, sie könnte sich für einen anderen Mann interessieren? Er musste doch wissen, dass sie ihn liebte, und nur ihn! Aber in seinen Augen stand ein gefährliches Glitzern, das Rosalyn beunruhigte. Warnend furchte sie die Stirn, doch er hatte sich bereits abgewandt.
Der Comte verneigte sich, und sie ging mit dem Gatten an ihm vorbei. Man mischte sich unter die Gäste, die sich im weitläufigen Empfangssalon aufhielten. Schließlich wurde zu Tisch gebeten. Die lange Tafel war ein Kunstwerk aus herrlichen silbernen Tafelaufsätzen, kostbarem Besteck, Porzellan, erlesenem Kristall und wundervoll arrangierten Blumengebinden, deren Duft in der Luft hing.
Rosalyn stellte fest, dass man sie zur Rechten des Hausherrn gesetzt hatte. Ihr Mann saß ein großes Stück von ihr entfernt an derselben Seite des Tisches, sodass es schwierig war, sich anzusehen. Zu beiden Seiten von ihm saßen attraktive Damen, was hoffentlich dazu führte, dass er mit dieser Sitzordnung zufrieden war. Rosalyn war sich des attraktiven Comte sehr bewusst. Er benahm sich äußerst aufmerksam und nötigte sie, von allen servierten Delikatessen zu kosten.
Nach etwa einer halben Stunde neigte er sich zu ihr und raunte ihr ins Ohr: „Sagen Sie mir, Madame la Comtesse, ob Ihr Gatte immer so auf Sie achtet? Verdenken könnte ich ihm das nicht. Einen solchen Schatz wie Sie muss man gut bewachen.“
Rosalyn hatte den Eindruck, dass der Comte sich über ihren Mann lustig machte, und furchte missbilligend die Stirn. „Mein Gemahl ist nicht besitzergreifend“, entgegnete sie. „Wir sind glücklich verheiratet.“
„Dann muss man ihn noch mehr beneiden“, erwiderte der Comte mit amüsiertem Blick. „Das Glück in der Ehe ist eine noch größere Kostbarkeit als die Schätze, für die ich ein Vermögen ausgebe. Darf ich fragen, wie lange Sie schon verheiratet sind, Madame?“
„Einige Wochen.“
„Ah! Dann stehen Sie noch unter dem Eindruck des Neuen“, murmelte er. „Wie schade, dass wir uns erst jetzt begegnet sind. Eine solche Schönheit wie Sie sollte nicht nur einem Mann gehören, es sei denn, er hat den richtigen Blick, um Sie zu würdigen, was ich, mit Verlaub, bei Ihrem Gatten bezweifele.“
„Ich bitte Sie, das Thema fallen zu lassen“, erwiderte Rosalyn mit wachsendem Unbehagen. Sie schaute zum Gatten hinüber, der mit einer der neben ihm sitzenden Damen in ein Gespräch vertieft war. „Falsche Komplimente sind mir zuwider.“
„Ach, ja? Sie sind wirklich eine ungewöhnliche Frau.“ Ein raubtierhaftes Lächeln lag um die Lippen des Comtes, der ihr einen prüfenden Blick zuwarf. „Ich frage mich, was Sie schätzen würden?“
Sie schüttelte den Kopf. Ihr war klar, dass der Comte ihr nachstellte, vermutlich deshalb, weil sie sich für seine Schmeicheleien nicht empfänglich zeigte. Zweifellos war das ein Spiel für ihn, das er betrieb, um sich das langweilige, inhaltlose Leben zu würzen. Gewiss, er konnte charmant sein, doch sie hielt ihn für eitel und einfältig und wünschte sich, er möge es unterlassen, sie zu belästigen.
Leider ging ihr Wunsch nicht in Erfüllung. Der Comte widmete ihr weiterhin seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Nach dem Essen wurden die Damen von der Schwester des
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