Ein Mann von Welt
sagt. Ich sagte dem Mann, ich wäre bereit, das Produkt zum Testen anzubieten, ich wäre bereit, ihm für zwei Wochen eine Tube mitzugeben, und dann, wenn er zufrieden wäre, könnten wir uns wieder im Fitnessclub treffen, heute in zwei Wochen, und er könnte mich bezahlen. Ich bat ihn, seinen Namen aufzuschreiben. Ich gab ihm seine Tube und seine Stablampe und schüttelte ihm die Hand, in seinen Augen konnte ich sehen, Juan-George, dass er ein ehrlicher Mann war, ich konnte sehen, dass er, wenn die Creme bei ihm funktionierte, in zwei Wochen zurückkommen und bezahlen würde, zwei Wochen waren global gesehen nicht lang, dachte ich, was für einen Unterschied machte es schon, wenn ein Teil des Geldes erst nach einer Weile eintrudelte, schließlich warteten die Leute ja auch zwei Wochen auf ihren Lohn, oder etwa nicht? Nachdem er die Creme für seine Testphase gratis bekommen hatte, fragte mich die Frau, die vorher am Tisch gewesen war, die junge Frau, die so geduldig an der Seite gewartet und schon ihre Handtasche auf den Tisch gestellt hatte, vielleicht schon im Begriff, ihr Portemonnaie rauszuholen, sie jetzt aber wieder vom Tisch runtergenommen hatte, sie fragte, ob ich dasselbe auch für sie tun würde. Ich dachte, warum nicht. Und dann, gemäß dem, was ich Oppen Porters Kollorar zu Roger Macaromas Idee von der idealen Anzahl Autos in der Drive-in-Schlange nenne, kamen auch andere Leute an den Tisch, andere Leute, die sich für die Eigenschaften der Antioxidationscreme interes
sierten, andere Leute, die fragten, ob ich bereit wäre, ihnen denselben Deal mit der Testperiode anzubieten, einer nach dem anderen, ein ungebrochner Strom von Kunden, oder potentiellen Kunden, sollte ich sagen, bis außer Pauls Pappschild und meiner Namenliste nichts mehr auf dem Tisch lag.
Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß, wäre ich an diesem Tag nicht zu Paul Renfros Mietshaus gegangen, und dann hätte ich auch nicht auf dem Bürgersteig gestanden und durch die Windschutzscheibe eines Autos auf eine verkrumpelte Tüte vom Fastfood-Restaurant gestarrt, mit Paul Renfros handgezeichneter Karte drauf. Ich weiß noch, dass ich dachte, wie komisch, dass Pauls Skizze mich vom Armaturenbrett eines vor Pauls Gebäude geparkten Autos anstarrte. Und wie komisch, dass das Auto von der derselben Marke war wie das von Tante Liz. Wie komisch, und dann dämmerte es mir, dass Tante Liz jeden Moment selbst aus dem Auto steigen und mit einem unglücklichen Gesichtsausdruck auf mich zukommen würde. Was zum Teufel ich mir dabei gedacht hatte, wollte sie wissen, warum zum Teufel war ich hier statt im Fastfood-Restaurant, wollte sie wissen, Roger Macarona hatte sie angerufen, als ich nicht zur Arbeit erschienen war, und seitdem hatte sie die ganze Zeit nach mir gesucht, sie hätte fast die Polizei gerufen, sie sagte das zweimal, die Polizei! Sie musste jede Menge Notarisierungstermine, mit denen sie schließlich ihre Brötchen verdienen musste, absagen, um im Tal rumzuirren und nach mir zu suchen, erst auf den Busrouten, dann überall zwi
schen ihrem Haus und dem Fastfood-Restaurant, schließlich, und zum Glück, ihre Worte, hatte sie bei meinen Sachen nachgesehen, sie hatte sich in meinem Zimmer umgesehen und hatte dort auf meiner Kommode diese Skizze gefunden, sie hielt Pauls Skizze hoch, schließlich hier, von allen Orten dieser Welt. Das alles war eine sehr ernste Angelegenheit, sagte sie, sie war sehr enttäuscht, dass ich irgendwie Zeit gefunden hatte, die eine Person zu sehen, deren Umgang sie mir ausdrücklich verboten hatte, zu meinem eigenen Wohl, diesen Mann, Paul. Ich leugnete das nicht, ich finde es nicht gut zu lügen, es ist schon so schwierig genug, im Leben den Überblick zu behalten, aber ich gab es auch nicht zu, ich sagte gar nichts, ich stieg einfach nur ein, ich stand unter Schock, glaube ich, ich war schockiert und fassungslos, ich blieb still, und um auszudrücken, wie ich mich fühlte, verstellte ich den Sitz so weit wie möglich nach hinten, so dass es für mich bequem war, jetzt musste Tante Liz sich ganz umdrehen, wenn sie mir beim Reden ins Gesicht sehen wollte. Wir fuhren eine Weile schweigend, und dann räusperte sich Tante Liz. Jetzt geht's los, dachte ich. Aber das Erste, was sie tat, war, sich zu entschuldigen, das hatte ich nicht erwartet, sie sagte zuerst, dass es ihr leidtat, dass sie meine Gefühle nicht bedacht hatte, dass sie nicht bedacht hatte, wie einsam ich in Panorama City sein würde.
Es
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