Ein Mann von Welt
war ganz natürlich, ihre Worte, dass ich versuchen würde, neue Freunde zu finden, deshalb könnte man mir keinen Vorwurf machen, aber sie würde sich nicht dafür entschuldigen, dass sie mich von diesem Mann Paul fernhalten würde,
ihre Worte, er bedeutete Ärger, das wusste sie gleich beim ersten Mal, als sie ihn durch den Spion in ihrer Haustür gesehen hatte. Die ganze Sache war ihre Schuld, ihre Worte, weil sie denselben Fehler wie ihr Bruder, mein Vater, dein Großvater, gemacht hatte, sie hatte mir zu viel Freiheit gelassen, wie konnte sie von mir erwarten, dass ich auf dem rechtschaffenen Weg bleiben würde, ohne mir eine Karte zu zeichnen, ich hätte ihrer Karte folgen sollen, nicht Pauls, es war ein Glück, dass sie mich gefunden hatte, ihr war ganz schlecht gewesen vor Sorge um mich, die Alternative wollte sie sich gar nicht ausmalen, alles ihre Worte. Es fällt mir schwer, mich daran zu erinnern, wie ich auf Tante Liz reagiert habe, es war auch hier nicht so, dass nur sie redete und ich zuhörte, obwohl ich nicht viel sagte, ich wusste nicht genau, was sie da über Freiheit redete, dass sie mir zu viel gegeben hatte, denn mit dem Fastfood-Restaurant und Dr. Rosenkleig und unseren regelmäßigen Essen mit der nicht angezündeten Kerze fühlte ich mich überhaupt nicht frei, ich hatte gar nicht das Gefühl, dass Tante Liz mir irgendwelche Freiheit gelassen hatte. Aber eine Sache mit der Freiheit ist, dass du sie gar nicht bemerkst, bis jemand sie dir wegnimmt. Natürlich hatte Tante Liz ihre eigene Philosophie über Freiheit, nämlich dass Freiheit nicht frei ist. Sie sagte das mehrere Male, das wollte mir einfach nicht in den Kopf. Selbst nachdem sie erklärt hatte, dass ich mir meine Freiheit verdienen müsste, indem ich mich verantwortungsvoll benahm, und wenn ich dann bewiesen hätte, dass ich sie verdient hatte, was bedeutete, dass ich meine sogenannte Freizeit gut nutzen würde, was bedeutete, dass ich keine zwie
lichtigen Sachen machen würde, selbst nach dieser Erklärung konnte ich nicht verstehen, warum Freiheit nicht frei ist. Frei war doch schon im Wort Freiheit enthalten. Es war die absurdeste Philosophie in Tante Liz' Arsenal von kleinlichen Ideen, Pauls Worte später. Was Tante Liz mir anbot, das verstand ich langsam, war das Gegenteil von Freiheit, sie würde mich erst befreien, wenn ich mich wie ein Häftling benahm. Es gibt unsichtbare Linien, Juan-George, und es gibt unsichtbare Zäune.
TEIL DREI
Kassette 4, Seite a & b
Kassette 5, Seite a & b
Kassette 6, Seite a
EIN NEUER FREUND
Tante Liz fand mich unter der Bettdecke, wo ich meine eigene Luft atmete, sie hatte mich zum Essen gerufen und ich hatte nicht reagiert. Sie wollte mich jemand Neuem vorstellen, sagte sie, einem Überraschungsfreund, damit ich in Panorama City nicht mehr einsam wäre. Eigentlich fühlte ich mich überhaupt nicht einsam, täglich lernte ich neue Menschen kennen, ich hatte mich nicht mit Paul angefreundet, weil ich einsam gewesen war, ich hatte mich mit Paul angefreundet, weil er wie ich ein Denker war. Tante Liz wollte von meinen Erklärungen nichts hören, die Vorstellungen in ihrem Kopf ließen sich nicht mehr verändern. Worüber ich dann mit Dr. Rosenkleig sprach, Tante Liz machte einen Notfalltermin, und an diesem Tag hatte ich endlich ein Gespräch mit Dr. Rosenkleig, wo wir mal nicht nur endlos im Kreis redeten. Zum ersten Mal saß Dr. Rosenkleig ganz gerade, es sah fast so aus, als würde er sich zu mir beugen, er schwankte nicht zur Seite, und seine Lider wurden auch nicht schwer. Sein Ziel schien immer gewesen zu sein, mich mehr zum Reden zu bringen, mich von meinen Worten zu befreien, mich dazu zu bringen, alle meine Worte aufzubrauchen, einen Schwall von Worten auszulösen, bis die Quelle trocken war. An diesem Tag aber ging er auf mich ein, er stellte Fragen, er hatte selber eine Idee. Er sah nicht mehr aus wie eine Katze, die faul in der Sonne liegt, er sah aus wie ein Hund, der im hohen Gras auf etwas lauert. Ich erzählte ihm von Tante Liz und ihrer Idee von Freiheit, und
wie sie versuchte, mich davon abzuhalten, mit dem anderen Denker, den ich kannte, zu kommunizieren, und wie sie versuchte, alle meine Ambitionen und Träume zu unterdrücken, und wie sie mich generell von jeglicher Art von Größe abhalten wollte, einige davon waren meine Worte und einige waren Pauls. Ich sprach von der mangelnden Flexibilität in ihrem Denken, über die Starrheit ihrer Gedanken, und über ihre körperliche
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