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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht ausgeleert und schal wie in einem Hurenbett oder völlig gleichgültig wie bei den älteren Frauen an der Riviera, die ihn aussaugten wie eine Spinne ihr Opfer. Er war immer danach ein Teufel gewesen, zynisch und gemein, die Frau, die ihn gerade noch umklammert hatte, seelisch zerfleischend. Hier, bei Marion, war er ein aus den Wolken gefallener Engel, ein Verirrter, der ein Dach gefunden hatte, ein Suchender, der einen Schimmer Licht sieht.
    »Werden wir wirklich an die Riviera ziehen?« fragte sie. »Nach Cannes?«
    »Ja. Kennst du Cannes?«
    »Nein.«
    »Ein Platz, an dem du leben kannst. Vielleicht wirklich leben – überall sonst ist es nur ein Dasein. Aber dort lebst du! Selbst im Wind riechst du das Leben! Es wird dir gefallen.«
    »Cannes ist so weit weg …«
    »Weg? Wovon?«
    »Von Essen.«
    »Vergiß dieses Essen! Ich bringe dich in ein Paradies.«
    »Und was soll ich in diesem Paradies tun, Bob?«
    »Auf mich aufpassen. Nur das. Immer um mich sein. Ich brauche dich, Marion. Ich weiß es jetzt.«
    »Und wenn du mir wegläufst?«
    »Dann lauf hinterher und schreie, schreie, schreie!«
    »Dann müßte ich jetzt damit anfangen …«
    Sie warf sich an ihn, umklammerte ihn, küßte ihn wie wild und benahm sich wie eine Verzweifelte oder Verrückte.
    Bis zum Morgen feierten sie ihre Hochzeitsnacht mit Zärtlichkeiten und Sekt. Um neun Uhr klingelte das Telefon. Dr. Dorlach rief an.
    »Um elf Uhr ist Termin beim Notar«, sagte er. »Haben Sie das vergessen? Ihre Abtretungserklärung.«
    »Der Teufel hole euch alle!« schrie Bob Barreis. »Bestellen Sie Onkel Theodor: Der erste Barreis ist gezeugt!«
    Er warf den Hörer zurück, kroch wieder an Marion heran, umarmte sie und schlief wieder ein.
    Der Sensationsprozeß gegen Robert Barreis dauerte nur einen Tag, statt zwei, wie vorgesehen.
    Ein Unglücksfall der Renate Peters war nicht auszuschließen, die Indizien der Anklage – Reifenspuren, Zeitplan – brach zusammen, als Dr. Dorlach eine Liste von siebenundfünfzig Vredenhausener Wagen vorlegte, die alle Pirelli-Reifen trugen.
    »Das ist nur ein Teil der Liste, eine andere kann folgen!« sagte er hämisch, aber höflich zu dem Ersten Staatsanwalt.
    Marion Barreis, geborene Cimbal, verweigerte die Aussage.
    Andere Zeugen, die Kriminalkommissar Hans Rosen aufmarschieren ließ und die nur widerwillig in den Saal kamen, sahen in der ersten Reihe der Zeugenbank Theodor Haferkamp sitzen und verloren plötzlich alle ihr Gedächtnis. Auf konkrete Fragen des Staatsanwalts Dr. Hochwälder und des Vorsitzenden, Landgerichtsdirektor Dr. Zelter, erfolgten jubelnde Beschreibungen des ›guten Jungen‹. Bob Barreis war nach vier Stunden Zeugeneinvernahme durch sieben Weißmacher gezogen.
    Es blieb dem Gericht nichts anderes übrig, als – im Zweifelsfalle für den Angeklagten – Bob Barreis freizusprechen.
    Nur ein häßlicher Ton blieb zurück, als Landgerichtsdirektor Dr. Zelter am Schluß seiner Urteilsbegründung sagte:
    »Wir konnten keine Schuld nachweisen und sehen. Ob Bob Barreis wirklich schuldig ist, muß er mit seinem eigenen Gewissen abmachen. Nur er allein weiß, was an diesem Abend passierte … an der Autobahn – oder in Essen!«
    »Darüber werde ich mich beim Oberlandesgerichtspräsidenten beschweren!« rief Haferkamp nach der Verhandlung so laut, daß es Dr. Zelter beim Hinausgehen noch hören mußte. »Entweder ist ein deutscher Richter objektiv, oder das Recht ist ein verdammt leichtes Mädchen!«
    Bob hatte während der langen Verhandlung kaum etwas gesagt. Er saß herum, lächelte ironisch, fast provokatorisch, bis Dr. Dorlach ihm zuflüsterte: »Stellen Sie das dämliche Grinsen ab! Zur Urteilsfindung ist auch das Benehmen des Angeklagten wichtig.«
    »Soll ich Reue zeigen? Wofür? Ich habe nichts getan.«
    Aber er benahm sich neutral von da ab, antwortete knapp auf ein paar Fragen und sagte schließlich: »Hohes Gericht, ich habe mein ganzes Wissen über diesen tragischen Fall vor Ihnen ausgebreitet. Mehr weiß ich nicht. Amen.«
    »Das letzte Wort hätten Sie sich sparen können«, sagte Dr. Dorlach böse.
    »Luther hat es auch gesagt.«
    »Er ist danach auch in Acht und Bann gekommen.«
    »Bin ich etwas anderes? Enterbt, abgeschoben, vogelfrei … Mir reicht's!«
    Der große Prozeß war eine Farce geworden. Ein Funkbericht direkt aus dem Sitzungssaal sagte es auch ganz deutlich. Ein Sieg der Verteidigung.
    »Dieser Dorlach ist mehr als Gold wert!« sagte auch Tschocky, der mit vier

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