Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
habe ich nur einen … ich betrachte dieses erste Geschäft als Testfall.«
    »Du bist verrückt, Tschock …« stotterte Bob.
    »Ein Problem ist der Transport. Wir müssen von Sizilien nach Mittelitalien. Aber auch hier habe ich eine patente Lösung gefunden: ein Plastiksack und eine innen als Kühlbox konstruierte Kiste mit der Aufschrift Camping International.« Tschocky wartete auf ein Lob Bobs, aber als dieses ausblieb, stand auch er von der Lederbank auf. »Wir sollten bald mit dem Handel anfangen«, sagte er etwas beleidigt. Seine Eitelkeit fieberte auf Zustimmung. »Oder willst du bei Keitell & Co. ein Mehlwurm werden?«
    Bob Barreis schüttelte schweigend den Kopf. Merkwürdigerweise dachte er plötzlich an Marion Cimbal. An ihre ehrliche Zärtlichkeit, an ihren Begriff von Liebe, an ihre Welt voller Romantik, während sie bis zu den Knien im Schlamm der Zivilisation stand. Er dachte plötzlich an so an seinem Leben unbeteiligte Dinge wie die Napalmverbrennungen vietnamesischer Kinder, die Hungersnöte in Indien, die choraldurchfluteten Kirchen mit den betenden Pfarrern, die für den Frieden in der Welt sammelten, während sich die Welt mit Milliardenkosten immer vollkommener, immer schrecklicher, immer vernichtungswirksamer rüstete; er dachte völlig widersinnig an die Hungerleichen von Biafra, an Kinder, die wie Greise aussahen, und er dachte an den Reiterball des Industriellenclubs, der nach einem Gerücht 150.000 DM gekostet haben sollte und auf dem für Biafra gesammelt wurde. Es kamen 3.427,28 DM zusammen, und die Reiter und Reiterinnen in ihren maßgeschneiderten roten Jagdröcken klatschten auch noch dazu. Er dachte an die kleine griechische Insel, die er einmal mit der Motorjacht seines Freundes Alkibiades Sophastos angesteuert hatte, ein trostloses Eiland unter weißer, brennender Sonne, aber Menschen lebten auf ihr, Menschen wie schwarze Spinnen … Fischer, die jeden Morgen vom Meer zurückkamen und ihren kärglichen Fang unter sich aufteilten, Frauen in schwarzen Gewändern, die wie Gespenster in den Hütten saßen, und Kinder, die am Rande der Insel standen und das weiße Schiff anstaunten wie ein Märchengebilde. Damals hatte Sophastos, der Sohn eines Reeders aus Patras, ein kleines, zusammengebundenes Netz mit hundert Drachmen unter die Kinder geworfen, und Bob Barreis erlebte, wie ein großer Junge den glücklichen Fänger des Netzes mit einem Stein niederschlug und heulend vor Triumph in das auf die Felsen geklebte Dorf rannte.
    Und heute abend gibt es im Schloß der Barreis' gefülltes Rebhuhn, in Bordeaux gedünstet.
    »Du stehst da wie ein Nachtwandler!« sagte Tschocky mit Nachdruck. Bob zog die Unterlippe durch die Zähne und steckte die Hände in die Taschen. »Ich habe gedacht, wir fahren Montag in einer Woche nach Sizilien.«
    »Haben wir das nötig?«
    »Fang nicht schon wieder damit an! Sei ein Sportsfreund, Bob. Oder kannst du seit dem Tod von Adams keine Leichen mehr sehen?«
    Bob fuhr herum. Sein Gesicht verzerrte sich, zerfloß förmlich zu einer Fratze. »Noch einmal diesen Namen … und ich klatsche dich an die Wand wie eine Fliege!«
    Tschocky war unwillkürlich zurückgewichen vor diesem wilden Ausbruch. Er fuhr sich über die Haare und wackelte mit dem Kopf.
    »Na, na«, sagte er rauh. »Man wird doch wohl noch mal laut denken können. Du hast dich verändert, mein Lieber! Besorgniserregend verändert. Hat dir das noch keiner gesagt? Früher warst du ein Kumpel, der jeden Blödsinn mitmachte. Hast du bei dem … dem Bums da in den Alpen einen Schock bekommen? Bob … verdammt, du warst doch nie feige, wenn du eine große Schachtel aufmachen konntest –«
    Bob Barreis nickte. Ich war nie feige, dachte er. Sie haben nie gemerkt, wie feig ich im Innern bin. Sie haben mich immer als einen Helden gesehen. Ich war der strahlende Sieger – auf den Rennpisten, in den Betten. Ich war ein Tropfen der Sonne. Ich war der große, starke Barreis, und nur zu Hause, in diesem widerlichen alten Gemäuer der Barreis-Villa, schrumpfte ich wieder zusammen zum Kind, war das Söhnchen, das Robertchen, der umhütete, umsorgte, umhätschelte Millionenerbe der Barreis'. Der von allen gestreichelte und im Grunde doch gehaßte Sohn, der nach dem Niederstürzen der schon morschen Mauer Theodor Haferkamp einmal die Barreis-Werke erben würde.
    »Wann?« fragte er knapp. Tschocky atmete sichtbar auf.
    »Ich hole dich am Sonntagabend ab. Wir übernachten bei mir, und morgens, am Montag, zischen wir

Weitere Kostenlose Bücher