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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das die Menschen mit Napalm verbrennt und dann beklatscht werden will, wenn es den Verbrannten ein Säckchen Reis schenkt? Ist unsere ganze Generation ein einziger großer Fehler?
    Haferkamp setzte sich und starrte das Telefon an. Das Erbe der Barreis erdrückte ihn, er spürte es … aber am meisten erdrückte ihn der Erbe. Bob Barreis. Der Playboy aus Erziehung und Protest. Der Verjubler aus Prinzip. Und – das ahnte Haferkamp mit schrecklichem Entsetzen – Bob Barreis, der Psychopath. Der hemmungslose Genießer. Der seelisch Kranke, als Produkt der überbesorgten Mutter Mathilde Barreis und des Geldes von Vater Barreis. Ein Mensch aus goldener Retorte.
    Und alles in allem: ein gefährlicher Mensch!
    Theo Haferkamp rief in Aachen an. Hellmut Hansen war zu Hause auf seiner Studentenbude.
    »Komm rüber«, sagte Haferkamp müde und wischte sich über die Augen. »Bob ist verschwunden. Wir alle wissen, was das bedeutet …«
    Mezzana ist ein elendes Dorf auf dem Hochland südlich von Vallelungo. Am Berghang haben die Menschen, deren verzweifelter Mut, hier zu wohnen, unverständlich erscheint, ihre steingedeckten Häuser in den felsigen Boden gerammt. Über den Dächern schiebt sich kahl wie ein Glatzkopf der große, runde Gipfel des Monte Christo in den bleiernen Himmel. Die Sonne brennt alles Leben aus dem weißen Gestein, und wer drei Tage auf den Felsen blickt, ist am vierten Tag blind. Und dennoch leben hier seit Jahrhunderten in Mezzana rund einhundertzwanzig Menschen … mal mehr, mal weniger, aber immer über hundert. Die Familien Benaggio, di Lavogno, Cadamena, Laparesi, Duducci, Giovannoni und Feraponte und noch einige andere Familien. Dazu über sechzig Hunde, dreihundert magere Ziegen, ein Heer von Hühnern und ein Pfarrer, Don Emilio, der jeden Abend in seiner kleinen Steinkirche vor dem Altar aus geschnitztem Wurzelholz kniet und seinen Herrgott fragt: »Warum hat die Schöpfung hier, in Mezzana, aufgehört? Herr, auch diese Menschen sind deine Kinder …«
    Von der Staatsstraße, die von Palermo nach Syrakus führt und die an Vallelungo vorbeigeht und einen Hauch der Welt durch die heißen Gassen wehen läßt, einer Welt, die hier so fern ist wie das Mondgestein, zweigt ein schmaler, unbefestigter Pfad in die Berge ab.
    Tschocky hatte sich eine genaue Autokarte besorgt, auf der dieser Weg als dünner Strich eingezeichnet war. Mit Rotstift hatte er um den Namen Mezzana einen Kreis gezogen. Bob Barreis hatte ungläubig auf diesen roten Kringel geblickt. »Woher willst du wissen, daß gerade in diesem Dorf jemand stirbt, wenn wir ankommen?« hatte er gefragt. Und Tschocky hatte gelacht und geantwortet: »Das wäre zuviel Glück! Ich kenne in Mezzana die Familie Laparesi. Der alte Ettore Laparesi ist ›Bürgermeister‹ dieses Elendshaufens.«
    »Und wie kommst gerade du nach Mezzana?«
    »Das ist eine lange Geschichte, Bob.« Tschocky saß in einem seiner tiefen Ledersessel, trank Bourbon-Whisky und malte auf den Rand der Karte sehr modern aufgefaßte Skelette. Die Wohnung Tschockys in der elterlichen Villa glich dem Ausstellungsraum eines Pop-Museums. Nichts in diesen vier Zimmern und einem mit Silberfolie ausgeschlagenen Bad erinnerte daran, daß es auf dieser Welt schon anderes gegeben hat als Möbel, Bilder, Bodenbeläge und Lampen aus einem Jahrhundert, das erst noch geboren werden mußte. Auch die Ledersessel hatten die Form einer von allen Seiten zusammengequetschten Schale … wenn man drin saß, war es gemütlich, aufstehen konnte man nur, wenn man sich seitlich über den Teppich abrollte. »Ich habe vor einem Jahr Sizilien bereist, hatte bei Vallelungo einen Unfall, ausgerechnet dort, mußte auf das Ersatzteil eine Woche warten und ritt auf einem Esel durch die Gegend. Was sollte ich anderes tun? Dabei kam ich auch nach Mezzana. Ich werde es nie vergessen. Eine Handvoll Häuser, hingeklebt an die kahlköpfige Schädeldecke eines Felsens. Sie müssen doch braten, diese Menschen, dachte ich. Sie liegen da in einer ewig heißen Pfanne. Warum brutzeln sie nicht wie Würste? Irgendwie faszinierte mich das … ich gab für den Bürgermeister Laparesi eine Kanne Wein aus, und dann soffen wir drei Tage und Nächte lang. Seitdem sind wir Freunde.« Tschocky unterbrach seine Skelettmalerei auf dem Kartenrand. »Wenn es irgendwo in der Umgebung von Mezzana eine Leiche gibt … Ettore wird sie uns beschaffen!«
    Nun bogen Bob Barreis und Tschocky von der Staatsstraße bei Vallelungo ab und hoppelten über

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