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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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abwandte. Bob ging bereits zur gläsernen Hotelhalle, federnd, sich seiner Schönheit bewußt, beäugt von den anderen Frauen wie ein sprungbereiter Hengst.
    »Wer?«
    »Die schwarze Langmähnige!«
    »Hast du zu lange in der Sonne gelegen?« Hansen atmete tief durch. Nicht schreien, befahl er sich. Nicht laut werden. Mach dich nicht lächerlich vor den anderen. »Wir sprechen noch darüber.«
    »Allerdings!« Sie warf kampfeslustig die Haare über die Schulter. »Wenn es dir besser gefällt, kann ich mir die Haare schwarz färben lassen. Überall.«
    »Das ist Bobs Sprachschatz!« Hansen hob die Schultern. Der letzte in irgendeiner Hirnfalte versteckte Rest von Vernunft brannte in seiner Eifersucht zu Asche. »Ich komme zurück. Bestimmt komme ich zurück!«
    Er warf sich herum und rannte mit großen Schritten Bob nach, der schon die Hotelhalle erreicht hatte. Unter den Marmorsäulen holte er ihn ein.
    »Wohin?« fragte Bob knapp.
    »Ans Meer.«
    »Willst du mich ersäufen? Ich bin ein vorzüglicher Schwimmer und Taucher. Es wird Mühe kosten.«
    »Es gibt Felsen.«
    »Auch springen kann ich gut.«
    »Komm –«
    Sie gingen schweigend die zweihundert Meter bis zum Meer, tasteten sich über die Kieselfelder und verschwanden zwischen den zerklüfteten, vom Meer und Wind zerfressenen Felsen. Als sie glaubten, völlig allein zu sein, blieben sie stehen und starrten sich an. Bob lehnte sich gegen den Fels und verschränkte die Arme vor der Brust. In seinem Gesicht lag überheblicher Spott.
    »Du tust es nicht«, sagte er endlich. »Ich weiß es genau … du kannst es nicht. Du bist nicht der Mensch, der einen Menschen liquidieren kann. Du hast noch nie Schlechtes getan und wirst es auch nie tun. Aus dir hätte man früher einen Heiligen geschnitzt. Ein Prophet wärst du geworden. Der ›Heilige Hellmut von den guten Taten‹.« Bob ließ die Arme sinken und wölbte die Brust vor, als sollte er füsiliert werden. »Bitte, bediene dich! Ich wehre mich nicht. Ich mache keinen Mucks. Ob erwürgen, erschlagen, ertränken, erschießen … ran, mein Junge! Ich halte still! Murkse einen Wehrlosen ab! Schlachte das Kaninchen. Ist das ein Angebot? Jeder geborene Mörder würde jetzt jubeln und zum Teufel beten! Und du stehst da wie ein Bettnässer, dem die Brühe an den Beinen runterläuft …«
    Hansen ließ ihn reden. Bob half es, die innere Angst zu überspielen, die Ungewißheit, ob Hellmut wirklich zugreifen würde. Hansen gewann Zeit, sich selbst zu fragen: Kannst du es? Wirst du gleich diesen widerlichen Menschen töten? Reicht die Begründung aus, er ist ein Mensch, der nicht lebenswert ist, um deine Moral zu beruhigen? Bist du ein Mörder? Ist das, was du tun willst, überhaupt Mord? Ist es nicht vielmehr eine Rettung der Welt vor einem schönen Ungeheuer, eine schlichte gute Tat, eine Befreiung der anderen vor kommenden, noch nicht überblickbaren Schäden? Ist dieser Mord nicht eine große moralische Tat?
    »Du hast mit Eva geschlafen?« fragte Hansen tonlos.
    »Nein.«
    »Lüg nicht!«
    »Ich bin nicht ihr Typ, und sie ist nicht meiner. Gott ja, sie hat einen tollen Körper, ihre Brust könnte frei stehen, ohne Halter … aber es fehlt etwas, Junge, es fehlt der Pep, verstehst du, das Fluidum, der elektrische Strom, der dir die Hose beult … Eva ist gewiß eine gute Hausfrau, eine liebevolle Mutter, eine empfindsame Ehefrau … sie ist bei aller Schönheit eine Zimmerzierpflanze.«
    »Das genügt!« Hansen riß sich den Schlips aus dem Hemdkragen. In Bobs Augen fiel die Angst ein. Sie flimmerten plötzlich.
    »Erhängen?« sagte er gepreßt. »Es wird schwer sein, in den Felsen einen Nagel einzuhauen.«
    »Warum ist Eva in Cannes?«
    »Aus Spaß. Aus purem Spaß. Oder sagen wir es deutlicher: um dich zu ärgern!«
    »Auch Lüge!«
    »Verdammt, ich habe Eva nicht im Bett gehabt. Ich wohne Zimmer 101 und sie zwei Etagen höher auf Zimmer 426. Das ist natürlich kein Hindernis, aber auf Zimmer 101 hat vorgestern Mireille Tatouche geschlafen, gestern Margarita Bones, und heute nacht wird es ein süßer Fratz sein, der Anke Lorendson heißt. Eine Schwedin. Frag den Etagenkellner, wenn du's nicht glaubst. Er verdient gut daran, nichts zu sehen. Und wenn wir unser Gespräch jetzt beenden, habe ich noch genug Zeit, mich zu brausen, umzuziehen und mich vorzubereiten auf Anke.«
    »Was ist mit Eva?« fragte Hansen, als habe er die ganze Tirade nicht gehört.
    »Sie ist sauber wie ein vom Meer angespülter Kieselstein. Aber du

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