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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einzigen Sohn anstarren, der vor ihm stehen und sagen würde:
    »Das Unternehmen ›Anatomische Handelsgesellschaft‹ bin ich!«
    Es würde das erste Mal sein, daß er seinen Vater elend und schwach sah. Und dafür lohnte es sich, Leichen wie Melonen zu verkaufen.
    »Nicht morgen«, sagte Bob Barreis in die Stille hinein. Tschocky fuhr aus seinen rebellischen Gedanken hoch. »Verschieben wir es um eine Woche. Ich möchte erst noch einmal nach Essen.«
    »Zu Marion?«
    »Ja.«
    »Mein Gott, gibt es hier nicht genug hübsche Körperchen?«
    »Das verstehst du nun überhaupt nicht, Tschock!« Bob stand auf. Auch Tschocky erhob sich mit beleidigtem Gesicht. »Wir treffen uns nächsten Samstag in Catania auf dem Flugplatz. Einverstanden?«
    »Ungern.«
    Sie verließen die Bar und bummelten über die sonnenglänzende Croisette, die Prachtstraße von Cannes. In den Palmen raschelte der Meerwind, griff unter die Planen der bunten Markisen und zerwehte die Haare der Mädchen, die an den weißlackierten Eisentischen vor den Cafés saßen und das süße Nichtstun an sich vorbeipromenieren ließen. Die Hauptsaison hatte noch nicht begonnen … erst Juli und August rollte die Invasion aus Deutschland, Holland und Belgien über die Mittelmeerküste. Jetzt, im Mai, gehörten Sonne und Wellenschlag, Eleganz und Sehnsucht nach Vergessen noch den Franzosen, ein paar englischen Touristen und vier Reisegruppen aus Schweden. Und natürlich den Amerikanern. Sie waren überall, breit lächelnd, ihrer selbst sicher wie Petrus beim Fischzug. Ihre Töchter hockten in hautengen Shorts auf den Boulevardstühlen am Straßenrand und himmelten jeden schwarzgelockten Mann an.
    »So viele lustgeschwellte Busen, und du mußt nach Essen!« sagte Tschocky sarkastisch. Bob Barreis schüttelte den Kopf.
    »Ich habe schon gesagt: Das verstehst du nicht.«
    »Aber du erlaubst, daß ich mich eindecke am Ort?«
    »Bitte.«
    Tschocky lachte hell, hieb Bob auf die Schulter und schwenkte ab.
    Vor einem Café saß eine elegante, vollbusige Dame unter einem riesigen weißen Sonnenhut und aß eine Portion Pistazieneis. Das Kleid war hochgerutscht bis zu den braunen, glatten Oberschenkeln. Lange, schlanke Beine, Brillanten an den Fingern, eine Perlenkette um den Hals.
    Tschocky griff in die Tasche seines Rockes und holte eine Tüte hervor. Ab und zu leistete er sich eine reife Schönheit … er nannte es: ein saftiges Steak zu zartem Gemüse.
    Unbefangen, jungenhaft lächelnd, trat Tschocky an den Tisch und hielt seine Tüte hin.
    »Darf ich Ihnen einen sauren Drops anbieten, gnädige Frau?« sagte er.
    Es war Bobs unfehlbare Masche. Sie hatte noch nie versagt. Bisher hatte es noch kein weibliches Wesen gegeben, das dieses harmlose Geschenk brüsk ablehnte. Auch die Dame hinter dem Pistazieneis lächelte verblüfft, griff in die Tüte und nahm ein Bonbon.
    Tschocky setzte sich. Das Tor der Festung war aufgesprengt …
    Am Abend, bevor Tschocky sein ›saftiges Steak‹ briet, lieh sich Bob Geld von ihm und flog mit dem letzten Flugzeug nach Düsseldorf.
    Um 23 Uhr 10 klingelte er bei Marion Cimbal, schüttelte dann den Kopf über seine Gedankenlosigkeit, denn Marion arbeitete ja jetzt hinter der Bartheke, suchte in seinen Taschen nach dem Schlüssel, fand ihn, betrat die kleine Apartment-Wohnung, suchte sich aus dem Eisschrank etwas zu trinken – es war nur eine Flasche Bier vorhanden –, zog sich dann aus und legte sich ins Bett.
    Ein merkwürdiges Gefühl durchzog ihn. Er kam sich vor, als sei er hier zu Hause, als sei dieses Bett wie das Nest eines streunenden Wolfes.
    Bob erwachte, als Marion die Dielentür aufschloß und die Wohnung betrat. Er blieb liegen, als schlafe er, aber durch die Wimpern hindurch beobachtete er Marion und war gespannt, wie sie reagierte. Wenn es nicht zu ihren Alltäglichkeiten gehörte, daß nackte Männer in ihrem Bett liegen, mußte sie erschrecken.
    Aber Marion erschrak nicht. An den Garderobenhaken der kleinen Diele hing Bobs leichter Staubmantel, und sie wußte, noch bevor sie ins Zimmer kam, wer sie erwartete. Sie knipste deshalb auch nicht das grelle Deckenlicht, sondern das gedämpfte Licht einer Tischlampe an und setzte sich auf die Bettkante. Schweigend sah sie Bob an, und es kostete ihn Mühe, den Schlafenden zu spielen. Aber er war der Rolle nicht gewachsen. Seine Lider zuckten und verrieten ihn.
    »Wie lange hast du Zeit?« fragte sie ohne Einleitung.
    Bob schlug die Augen auf. »Eine ganze Woche.«
    »Und

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