Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
sich sofort, als Bob eintrat. Sitzen blieben nur Onkel Theodor und Dr. Dorlach. Bei Onkel Haferkamp war das selbstverständlich, bei Dorlach eine deutliche Flegelei. Bob sah ihn feindselig an. Du glaubst, du weißt etwas, dachte er. Dabei weißt du nichts, gar nichts. Auch du wirst nie den Triumph erleben, einen Bob Barreis aufs Kreuz zu legen. Du nicht …
    Er prallte wie von einer Mauer zurück, als ihn plötzlich eine Frage mitten im Gehen stoppte.
    »Welchen Wagen fahren Sie?«
    »Zur Zeit einen BMW aus dem Stall der Barreis«, sagte Bob ohne Zögern. »Sie sind der Erste Staatsanwalt?«
    »Ja. Peter Zuchowski.«
    »Soll ich lügen und ›angenehm‹ sagen? Der Anlaß unserer Bekanntschaft ist ein trauriger.«
    Es klopfte. Der Kripomann von der Tür. »Der Wagen ist mit Pirelli-Reifen bestückt«, sagte er.
    »Danke.« Staatsanwalt Zuchowski legte die Hände auf den Rücken. »Schon zu Beginn ein Zufall: Das letzte Fahrzeug auf der Brücke trug Pirelli-Reifen.«

8
    Es gehörte mehr dazu, als von Pirelli-Reifen zu sprechen, um einen Bob Barreis aus der Ruhe zu bringen. Trotzdem zog er jetzt die Augenbrauen hoch, denn hatte Dr. Dorlach nicht davon gesprochen, daß Regen alle Spuren verwischt habe? Wie kann man aus weggeschwommenen Reifenabdrücken so präzise eine Reifenmarke erkennen? Irgend etwas stimmte hier nicht. Sollte er in eine Falle laufen? Bluffte man? Wenn ja, war er ein schlechter Pokerspieler, dieser Staatsanwalt Dr. Peter Zuchowski. Überhaupt Peter Zuchowski. So hieß im Ruhrgebiet kein Staatsanwalt, sondern ein Fußballspieler. Wie kann ein Mann, der wie ein Fußballspieler heißt, Staatsanwalt werden? Kein Stil, dieser Bursche. Bob lächelte mokant.
    »Ah! Sie haben den gesuchten Wagen?«
    »Ich möchte mich nicht festlegen.« Staatsanwalt Zuchowski bemühte sich, objektiv zu sein. Subjektiv war ihm dieser junge, gelackte, mädchenhaft hübsche Mann auf den ersten Blick unsympathisch. Das typische Millionärssöhnchen. Verwöhnt, ungeheuer geschickt, wenn es darum ging, einen großen Bogen um jegliche Arbeit zu schlagen, großmäulig, Auftreten des Herrenmenschen, überheblich, von einer einseitigen Intelligenz, sonst dumm und dreist, Sexualathlet, dabei von einer schleimigen Höflichkeit, die nichts anderes war als eine einzige, dem Gegenüber zugespuckte Beleidigung.
    Aber das alles zählte nicht. Nur Beweise gelten, keine Animositäten. Und Gefühle sind bei einer kriminalistischen Untersuchung geradezu hemmend und richtungsverfälschend. Obwohl es Kriminalisten gibt, die nur mit ihrem untrüglichen Gefühl – sie nennen es Instinkt – arbeiten. Einer von ihnen war der schon legendäre ›dicke Gennat‹, der Chef der Berliner Mordkommission der dreißiger Jahre.
    Staatsanwalt Zuchowski blickte Bob Barreis forschend an.
    »Ihr Wagen ist mit Pirelli-Reifen bestückt, nicht wahr?«
    »Mag sein. Ich weiß es nicht. Der BMW stammt aus dem Barreis-Stall – ich stelle grundsätzlich nicht die Reifenmarke fest, bevor ich in ein Auto einsteige.« Das war Hohn, dick wie Rübenkraut. »Vielleicht kann die Polizei feststellen, wie viele Wagen in Westdeutschland mit Pirelli-Reifen besohlt sind! Einer von ihnen – unter Garantie – wird dann der Wagen von der Autobahnbrücke sein. Ich habe gelesen, daß die Kriminalpolizei ihre Erfolge der Kleinarbeit verdankt. Dem Mosaiksteinchensuchen. Draußen regnet es –«
    Ein schneller Seitenblick zu Dr. Dorlach. Der Anwalt sah in eine andere Richtung.
    Bezahlt Onkel Theodor dich jetzt, damit du mich in die Pfanne haust? dachte Bob. Welch eine miese Gesellschaft. Alle käuflich. Nur Marion nicht – sie liebt mich wirklich, und verdammt, ich liebe sie auch. Das ist das erste Wunder, das ich erlebe, und dann noch in mir selbst. Ein Grund, glücklich und jetzt stark zu sein. Die einen brauchen Hasch, Koks und LSD, um über die Runden zu kommen … ich brauche Marion, das ist jetzt sicher. Meine gläserne, violette Welt ist nicht der Rausch, sondern Marions weißer, glatter Körper, der in der Erregung ganz leicht nach Orangen duftet.
    »Der Wagen, der zum Zeitpunkt des Absturzes von Fräulein Peters auf der Brücke gestanden hat, ist beim Wegfahren mit dem linken Vorderrad auf eine Grasnarbe geraten. Hier ist der Eindruck deutlich geblieben. Pech für den möglichen Täter.«
    »Glück für mich!« Bob blickte Dr. Dorlach direkt und fordernd an. »Hat einer eine Zigarette für mich?« Dr. Dorlach reichte sein Etui. »Danke. – Ich war in Essen, meine Herren.«

Weitere Kostenlose Bücher