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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Dorlachs.
    »Aha, Doktor! Was machen Sie so spät oder so früh, wie man will, bei uns? Ist Onkel Theo geplatzt? Hat Mama endlich zum lieben Gott gefunden? Ich komme sofort, was es auch ist.«
    »Wo sind Sie?« fragte Dr. Dorlach kurz.
    »In Essen.«
    »Wo?«
    »In einem Apartment in Essen. Neubau. Sechster Stock. Mit Blick zur Gruga. Im Bett eines wunderhübschen Mädchens, des schönsten überhaupt, das ich kenne. Marion Cimbal heißt sie.«
    »Seit wann?«
    »Doktor, Sie Witzknoten! Seit ihrer Geburt natürlich. Marion ist weder Schriftsteller noch Politiker und hat also keinen Grund, ihren Namen zu wechseln.«
    »Seit wann Sie dort im Bett liegen.«
    »Allein seit ungefähr 20 Uhr, gemeinsam mit der herrlichsten Frau meines Lebens seit 2 Uhr.«
    »Haben Sie dafür Zeugen?«
    »Ich pflege keinen Gruppensex, Doktor.«
    »Holen Sie diese Marion an den Apparat.«
    »Bitte …« Bob Barreis reichte den Hörer an Marion weiter. »Liebling, sag dem guten Dr. Dorlach guten Morgen. Er glaubt mir nicht, daß ich eine Frau wirklich lieben kann.«
    Marion Cimbal nahm den Hörer und lachte etwas gequält. Was geht hier vor, dachte sie. Was verschweigt er mir? Ich bin sein Alibi, das ist sicher. Wozu braucht Bob ein Alibi?
    »Herr Doktor?« sagte sie. Ihre Stimme schwang wie eine helle, kleine indische Messingglocke. »Bob ist wirklich bei mir. Genügt das?«
    »Vorläufig ja. Geben Sie mir Bob wieder.«
    Zurück mit dem Telefon. Bob Barreis klopfte an die Muschel. »Tuck-tuck, Doktor. Ich bin wieder da. Na, zufrieden?«
    »Kommen Sie sofort her, Bob.« Dr. Dorlachs Stimme war fremd, dienstlich, unpersönlich, wie Bob sie noch nie gehört hatte.
    »Aus Marions warmen Armen? Nie, Doktor. Nur bei Katastrophen im Hause Barreis. Aber die gibt es nicht.«
    »Sie ist da. Renate Peters ist tot.«
    Bob stockte etwas. Er spielte es hervorragend, er spaltete sogar den Klang seiner Stimme, als er weitersprach. Sie klang brüchig:
    »Das … das ist nicht wahr … Renate –«
    »Von einer Brücke auf die Autobahn gestürzt …«
    »Selbstmord?«
    »… oder gestürzt worden. Die Kripo und der Erste Staatsanwalt sind schon hier. Die Autobahnpolizei – der Oberwachtmeister Knolle – hat Renate sofort erkannt. Knolle ist Bürger von Vredenhausen. Dann fand man ihre Tasche auf der Brücke. Jetzt rekonstruiert man den Fall. Auf der Brücke hat man Reifenspuren und Fußspuren gefunden …«
    »Man hat …«, sagte Bob Barreis gedehnt.
    »Bob … es regnet hier. Die Spuren sind undeutlich, also kaum zu verwerten. Seit wann sind Sie in Essen?«
    »Seit 20 Uhr gestern!« brüllte Bob plötzlich. »Was wollen Sie eigentlich von mir?«
    »Ein so handfestes Alibi, daß man sich die Hand bricht, wenn man es anfaßt.«
    »Das habe ich.«
    »Warum riefen Sie überhaupt an?«
    »Um zu sagen, daß ich hier bin.«
    »Wen interessiert denn das? Sie haben nie hinterlassen, wo man Sie suchen könnte. Und auf einmal entdecken Sie Familiensinn? Oder erwarteten Sie, daß ich hier bin?«
    »Doktor, Sie haben wohl ein Käuzchen unterm Hut?«
    »Nein, aber eine Alarmglocke, und die schlägt jetzt an. Bob, wer ist diese Marion Cimbal?«
    »Meine Braut. Ich werde sie heiraten.«
    »Bob!« Marion sprang aus dem Bett. Sie breitete die Arme aus. Eine nackte Göttin der Freude. »Bob – ist das wahr?«
    »Hören Sie, Doktor?« sagte Bob ganz ruhig. »So kann nur eine Frau aufjauchzen, die im Glück badet.«
    »Ich bade im Grauen, Bob.« Die Stimme Dr. Dorlachs belegte sich. Er schien wirklich erschüttert zu sein. »Wenn Sie Renate sehen würden … fürchterlich. Der Polizeiarzt hat eines jedenfalls mit Sicherheit festgestellt: Jemand hat auf Renates Hände getreten, als sie sich am schmutzigen Brückengeländer festklammerte. Die Handflächen sind voller Rostspuren, die Finger geschwollen von Tritten. Das sieht nicht nach freiwilligem Tod aus.«
    »Allerdings nicht. Es ist unfaßbar, Doktor.«
    »Ich höre Ihre tiefe Erschütterung, Bob.« Man sollte auch ihn umbringen, dachte Barreis. Diese triefende Ironie. Aber es gibt keinen besseren Rechtsanwalt als ihn. Ohne Dr. Dorlach wären die Barreis-Werke unbedeutend. Er hat alle Schweinereien gedeckt, die zum Aufstieg gehören. So ein Anwalt ist unbezahlbar.
    »Ich bin betroffen, Doktor«, sagte Bob hart. »Selbstverständlich. Mit Marion?«
    »Ohne. Und noch eins: Putzen Sie sich die Schuhe. Nicht nur oben, auch die Sohlen und Absätze und die Ecken. Dann gehen Sie einmal durch eine Essener Straße, am besten in Nähe

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