Ein Mann wie Mr Darcy
diesem Augenblick könnte sie mit Ernie tanzen, wenn Spike sie nicht absichtlich verschreckt hätte, indem er ihr weiß Gott was erzählt hat. Ich werfe ihm einen eisigen Blick zu.
»Hat Mr. Darcy denn getanzt?«, erkundigt sich Spike sachlich.
Ich spüre, wie sich bei der Erwähnung seines Namens mein Magen zusammenzieht, und ich versuche, mich möglichst unauffällig im Saal umzusehen. Ich frage mich, ob er auftaucht. Verdammt, es ist so schwer, hier jemanden zu finden, es ist so schrecklich überfüllt hier.
»Ungern«, antwortet Miss Staene in belehrendem Tonfall.
»Er hat nicht gern getanzt, aber er war ein guter Tänzer. Einer der Besten.«
»Nicht wie ich, was?«, lacht Spike.
Ich kehre ins Hier und Jetzt zurück. »Nein, er ist vollkommen anders als du«, antworte ich schnell.
Zu schnell, wie es aussieht, denn nun richten sich alle Blicke neugierig auf mich.
»Hört sich ja ganz so an, als würdest du ihn kennen«, bemerkt Spike freundlich.
»Im Buch, meine ich...«, wiegele ich nervös ab. »Nicht im richtigen Leben. Natürlich nicht.«
Verdammt. Ich und meine große Klappe.
Eine Weile sagt niemand etwas, aber ich bin mir der Blicke bewusst, die um mich herum gewechselt werden. Ich kann sehen, wie mich Miss Staene mit seltsamer Miene mustert, doch gerade als das Gespräch noch unangenehmer zu werden droht, unterbricht uns ein kleiner Mann in einem Kilt.
»Äh … Entschuldigung …«
Wir drehen uns alle zu ihm um.
»Hätten Sie Lust zu tanzen?«, fragt er mich. Er schwitzt ein wenig, und sein Gesicht ist leuchtend rosa angelaufen. Er tupft es sich mit einem Taschentuch ab und lächelt eifrig. Ich sehe, dass er schlechte Zähne hat.
»Wie ich schon sagte. Unsichtbar«, murmelt Rose in ihr Champagnerglas hinein.
Ich zögere. Ich komme vom Regen in die Traufe. Der Regen wäre, hier weiter stehen zu bleiben und Spikes unangenehme Fragen über Mr. Darcy zu beantworten. Die Traufe ist dieser Typ im Rock. Ich werfe Spike einen Seitenblick zu, auf dessen Gesicht immer noch dieser forschende Journalistenausdruck liegt. Ich entscheide mich für die Traufe.
»Sehr gern«, erkläre ich lächelnd und wende mich ihm zu.
»Nur zu.«
Zweiundzwanzig
B arry, mein Tanzpartner, entpuppt sich als Leiter der Marketingabteilung einer großen Pharmafirma in Aberdeen. Während der nächsten 20 Minuten auf der Tanzfläche erzählt er mir alles über ein neues, bahnbrechendes Medikament gegen Verstopfung. Ich stelle die passenden Fragen, lächle an den richtigen Stellen und sage oft »Wow«. Männer, das habe ich bei meinen vielen Dates gelernt, hören dieses Wort gern, wenn sie über ihren Beruf sprechen.
Am liebsten würde ich ihn allerdings fragen, welche neuen bahnbrechenden Medikamente es gegen Langeweile gibt, da ich wohl ziemlich bald daran sterben werde.
»… das Spannendste an diesem Medikament ist aber, wie es den Säurerückfluss modifiziert. Es neutralisiert nämlich die Gallensäure auf eine vollkommen neue Art und Weise …«, schildert er begeistert.
»Wow.« Ich zwinge mich zu einem Lächeln, höre aber nicht wirklich zu. Stattdessen denke ich an Mr. Darcy. Während Barry zu einem neuen Monolog über eine aufregende Entwicklung im Bereich der Fußpilzcremes anhebt, suche ich mit sehnsüchtigen Blicken den Saal nach einer dunklen, gut aussehenden Gestalt ab und frage mich, wann er wohl erscheinen wird.
Die Frage ist wann und nicht ob, denn ich bin mir sicher, dass ich ihn wieder sehen werde. Schließlich reden wir hier nicht von irgendeinem irren Typen, den ich in einer Bar aufgegabelt habe, sondern von Mr. Darcy.
»Darf ich stören?«
Mein Herz schlägt bis zum Hals. Ist das …? Ich wirbele aufgeregt herum-Und werde bitter enttäuscht.
Es ist Spike.
»Tja, eigentlich sind ich und diese hübsche junge Dame hier gerade mitten in einem Gespräch...«, fängt Barry an.
Und unter normalen Umständen hätte ich ihm zugestimmt. Schließlich will ich auf keinen Fall mit Spike tanzen. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Mag ja sein, dass ich Spike verabscheue, aber die Vorstellung, auch nur eine Minute länger Zeit mit Barry und seinen Pilzmittelchen verbringen zu müssen, ist mir genauso zuwider. Also falle ich ihm schnell ins Wort, wie eine Ertrinkende beim Anblick eines Rettungsbootes und damit der letzten Chance auf eine Rettung. »Aber wir sind gerade fertig.« Eilig winde ich mich aus Barrys Griff.
»Das dachte ich mir«, sagt Spike lächelnd.
Ich werfe ihm einen frostigen Blick zu.
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