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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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dann mit Tilda noch einen Moment in den Humboldthain, Rieke!«
    »Nimm Vata’n mit, Kalli!«
    Aha! dachte Karl Siebrecht. Ich soll mit Rieke allein bleiben. Rieke soll mich allein vorkriegen. Wenn sie mir so kommen … Und er ging trotzig in die Kammer, sich umzuziehen. Er ließ sich viel Zeit dabei. Als er wieder in die Küche kam, stand sein Essen auf dem Tisch. »Da ist dein Essen, Karl«, sagte Rieke.
    »Danke«, sagte er.
    Eine Weile aß er schweigend, und Rieke saß nähend am Fenster. Ein paarmal sah er zu ihr hin, sie sah blaß aus, und ihr Mund war fest geschlossen. Genauso sah sie aus, wenn sie eine schlimme Nacht mit dem alten Busch gehabt hatte. Ein paarmal war er versucht, sie anzusprechen – Warum sagst du nichts, Rieke? oder so etwas –, aber er ließ es. Reden hatte keinen Zweck mehr, es war doch alles kaputt. Sie stand auf Kallis Seite, das sah man klar. Plötzlich begegnete er ihrem Blick. Sie sah ihn an mit einem leisen, vorsichtigen Lächeln, nur mit den Augen lächelnd … »Na, Karle –?« fragte sie und ließ ihre Näharbeit sinken.
    »Na, Rieke –?« fragte er zurück. Es sollte kriegerisch klingen, aber es klang viel freundlicher als beabsichtigt. Sie hatte ja Karle gesagt.
    »Wat haste denn mit Kalli jehabt? Oder magste nich davon reden?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Na, denn laß«, sagte sie ruhig, nicht die Spur gekränkt und nahm ihre Näharbeit wieder auf.
    Aber das war ihm nun auch wieder nicht recht. Ein paar Löffel aß er schweigend, dann konnte er sich nicht mehr bezwingen, sondern fragte vorsichtig: »Was hat dir denn Kalli erzählt?«
    Sie war ganz bereit, Auskunft zu geben. »Det ihr Streit miteinander jehabt habt. Du hast ihn falsch vastanden, sagt er.«
    »So! Ich habe ihn natürlich falsch verstanden! Wo er schon den Dienstmann gespielt hat!«
    »Det war anders, Karle, det mußte er: der Kiesow hat ihn mit der roten Mütze uff ’m Bahnsteig erwischt!«
    »Er scheint dir ja doch eine ganze Menge erzählt zu haben, der Kalli!«
    »Det hat er! Det macht ihm Kumma, det kannste mir glooben. Mir macht det ooch Kumma …«
    »Warum denn? Du hast doch damit gar nichts zu tun, Rieke.«
    »Wo ihr beide meine Freunde seid, red bloß nich so dußlig, Karl.« Rieke kam langsam in Fahrt. »Da soll mir det keenen Kumma machen? Sei so jut –«
    »Ich kann nichts dafür!« sagte er trotzig. »Ich habe keinen Streit angefangen. Ich habe keine rote Mütze aufgesetzt und den Dienstmann gespielt von Herrn Kiesows Gnaden. Und wie er mich dabei beschimpft hat.
    »Det mußte er doch, Karle! Laß dir det bloß erzählen: der Kiesow hatt ’n uff dem Bahnsteig erwischt mit der roten Mütze und wollte ihn anzeigen wejen Betrug. Und damit er ihn nich anzeigt, mußte er sich mit dir verkrachen, weil der Kiesow ’ne Pieke uff dir hat –!«
    »Ach nee!« sagte Karl Siebrecht spöttisch. »Weil der Kalli nicht angezeigt werden will, muß er mich verraten. Und damit bist du noch einverstanden – na, ich muß schon sagen, Rieke …«
    »Aba det war doch janz anders, Karl, vasteh mir doch«, rief sie verzweifelt. »Det war doch von wejen deinem Jeschäft, det dir Kiesow dein Jeschäft nich vermasselt, darum doch!«
    »Verstehe ich nicht. Was hat mein Geschäft damit zu tun, ob der Kalli angezeigt wird oder nicht? Ich will dir was sagen, Rieke, der Kalli hat dich rum und dumm geredet …«
    »Ick laß mir von keenem rum und dumm reden, ooch nichvon dir! Der Kalli is een anständiger Kerl, der verrät keenen Freund nich!«
    »Aber ich tu das wohl, sag’s ruhig, Rieke!«
    Flammend vor Zorn rief Rieke: »Davon ha ick keen Wort jesagt! Det lügste, wenn de det behauptest, Karl! Ick hab bloß jesagt, det der Kalli imma anständig jewesen is, zu dir wie zu mir!«
    »Aber ich bin nicht anständig zu euch, so soll das doch heißen, nicht wahr, Rieke?«
    »Wat du nur ewig hast? Uff welchen Nerv bohrste denn jetzt? Det klingt doch mächtig nach schlechtet Jewissen! Nich een Wort ha ick jesagt, det du nich anständig bist!«
    »So? Du nicht! Aber daß du es weißt: der Kalli hat mir vorgeworfen, daß ich dich schlecht behandle! Das hat er dir wohl nicht erzählt? Davon habt ihr wohl nicht geredet?!«
    »Nee«, sagte Rieke plötzlich ganz leise. »Davon hat er mir nischt jesagt. Det hätt er nich sagen dürfen, der Kalli. Det is meine Sache, wie du zu mir bist, det jeht ihn jar nischt an.«
    »Und wie bin ich zu dir? Bin ich etwa schlecht zu dir, wie der Kalli behauptet?« Der Streit war abgeflaut. Sie sprachen

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