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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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– verstehe wohl, die, die du liebhast, nicht, was ihr euch in eurer Kleinstadt als Geliebte vorstellt. Vielleicht ist das auch in der Ehe möglich, wir werden ja sehen.«
    »Höre einmal zu, Hertha!« sagte er energisch. »Es ist ganz unmöglich, daß wir uns hier heimlich treffen und daß wir die Verschwiegenheit von Portierfrau und Mädchen mit Trinkgeldern erkaufen. Ich finde so etwas einfach ekelhaft.«
    »Ich finde in der sogenannten Ehe manches noch viel ekelhafter. Außerdem, mein Freund, wer sagt dir, daß ich dir etwas schenken will? Du wirst in der Schublade deines Schreibtisches einen ganzen Packen Rechnungen finden, auch eine Aufstellung über das, was ich für dich ausgelegt habe. Ich habe dein Haupt schwer mit Schulden belastet!«
    »Gott sei Dank!« atmete er auf.
    »Ach du, Karlchen! Ich fürchte, ich werde dich manchmal Karlchen nennen müssen!« lachte sie. »Wie kann ein großer, erwachsener Mann so denken? Liebhaben darf ich dich, aber einen Schrank für dich bezahlen, das ist eine Sünde! Du gehörst noch gar nicht nach Berlin – ich werde viel an dir zu erziehen haben!« Sie spielte mit der Hand in seinem Haar. »Aber vielleicht werde ich dich auch gar nicht erziehen«, sagte sie nachdenklich. »Vielleicht gefällst du mir gerade darum, weil du noch so naiv bist.« Und wieder sagte sie: »Wir werden ja sehen …«
    Einen Augenblick schwieg sie. Dann fragte sie: »Wieviel ist eigentlich die Uhr?«
    »Es wird gegen ein Uhr sein.«
    »Wir werden uns jetzt einen Kaffee kochen und ein bißchen essen«, schlug sie vor. »Und dann wirst du mir alles von deinen Geschäften erzählen, aber auch alles. Also, steh jetzt auf und verfüge dich ins Badezimmer, damit ich mich ein bißchen zurechtmachen kann.«
    »Soll ich wirklich aufstehen, jetzt nachts um ein Uhr?« fragte er faul. »Bedenke, daß ich morgen um acht im Geschäft sein muß.«
    »Und bedenke du bitte, daß ich offiziell erst in drei Tagen in Berlin ankomme, daß wir diese drei Tage ganz allein für uns haben und daß es deinen Leuten sehr gut ist, wenn der Herr Direktor einmal erst um zehn oder halb elf kommt.«
    »Das ist ganz unmöglich, Hertha. Ich habe morgen früh –«
    »Das ist nur in Schrimm und Schroda unmöglich, Karlchen! Das wirst du alles noch lernen. Übrigens wirst du morgen vormittag überhaupt nicht ins Geschäft kommen. Morgenvormittag werden wir erst einmal für dich einkaufen. Wie du dich anziehst, mein Lieber, das ist unmöglich. All deine alten Sachen kannst du deiner Piesecke schenken, oder wie sie sonst heißt. Nur die Lederjacke nicht, die du damals als Chauffeur trugst.« Sie dachte nach. »Doch, lieber auch die Lederjacke, ich will keine Erinnerungen an die Vergangenheit, wir werden mit der Gegenwart genug zu tun haben.«

97. Sie leben sich ein

    Die Hand seiner Geliebten lastete schwer auf Karl Siebrecht. Hertha Eich bemächtigte sich seines Lebens, seines Denkens, sogar seiner Träume. Sie kam und ging, wie sie wollte, sie entzog sich ihm, wenn er sie zu brauchen glaubte – und dann, wenn er sich in seine Arbeit gestürzt hatte, erschien sie und entführte ihn. Sie schleppte ihn einfach mit sich fort, zu einem lächerlichen Schneider oder auch in den Grunewald, nach Potsdam, wo er Sanssouci besichtigen mußte, während sein Büro nach ihm schrie. Er protestierte. Er sagte: »Hertha, das ist unmöglich. So geht es nicht weiter. Können wir nicht irgendeine feste Stunde verabreden, wo wir zusammen sind?«
    Sie lachte nur. »Ich glaube, ich werde dich nicht zu festen Stunden lieben können, mein Armer. Wenn ich daran denke, daß ich jeden Abend um halb acht mich bei dir einzufinden habe – mich schaudert!«
    »Aber liebst du mich denn nicht immer? Ich bin immer glücklich, wenn ich dich sehe!«
    »Bist du das wirklich? Du machtest gestern keinen sehr glücklichen Eindruck, als ich dich von deinen Rechnungen mit der Palude wegholte. Nein, ich liebe dich nicht immer, lange nicht immer. Manchmal bist du mir ganz unerträglich, zum Beispiel jetzt, wo du gerade wieder einmal fragen willst, ob wir nicht doch lieber heiraten wollen!« – Er wurde rot, denn gerade dies hatte er eben wirklich fragen wollen. – »Nein, wir wollen nicht doch lieber heiraten«, fuhr sie erbarmungslosfort. »Jetzt nicht und wahrscheinlich nie. Auf Wiedersehen, Karlchen, und sei recht fleißig. Diese Woche werde ich mich wohl kaum mehr melden.« Damit ging sie.
    Wenn sie ihn Karlchen nannte, hätte er vor Wut in die Höhe gehen mögen,

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