Ein Mann zum Heiraten
sie sich für keinen anderen Mann interessierte.
“Was ist los, Poppy?”, fragte Gunther zögernd. “Sie sehen so … so traurig aus. Wenn etwas Sie bedrückt … Falls es etwas gibt, das ich für Sie tun kann …”
“Nein. Es ist nichts”, erwiderte sie schnell.
Was würde er wohl sagen, wenn er die Wahrheit wüsste?, überlegte sie. Was würde er dann von mir denken? Oder was würden meine Freunde, meine Familie … Chris … von mir denken, wenn sie wüssten, was zwischen James und mir vorgefallen ist? Doch sie werden es nie erfahren, tröstete sie sich. Niemand wird es je erfahren.
Als sie aufstand und Gunther dabei half, die Reste des Picknicks einzusammeln, überkam sie eine solche Angst, dass ihr Herz schmerzhaft pochte.
Wie konnte so etwas bloß passieren?, fragte Poppy sich beschämt und verwirrt zugleich. Wie konnte ich ein solches Verlangen verspüren und mich ihm gegenüber so aufreizend verhalten? Als sie ihre Jacke aufhob, zitterten ihre Hände.
Wenn es doch nur eine Möglichkeit gegeben hätte, die Erinnerung an diese verhängnisvolle Nacht für immer aus ihrem Gedächtnis zu löschen – und aus James’ Gedächtnis!
Sobald sie wieder im Wagen saßen und zurückfuhren, stellte Poppy fest, dass es sogar später war, als sie vermutet hatte, denn es wurde bereits dunkel. Zum Glück hatten sie schon gegessen, denn im Hotel würden sie um diese Zeit nichts Warmes mehr bekommen.
Als Gunther schließlich auf den Parkplatz des Hotels fuhr, war es bereits nach zehn. Da er einmal falsch abgebogen war, hatte er einen Umweg von fast einer Stunde machen müssen. Poppy hoffte nur, dass James noch mit seiner japanischen Freundin beschäftigt war und ihre Abwesenheit nicht bemerkt hatte.
“Vielen Dank, es war wirklich ein schöner Nachmittag”, sagte sie schnell zu Gunther und wich von ihm zurück, als er den Arm um sie legen wollte.
Er wirkte enttäuscht, unternahm aber keine weiteren Annäherungsversuche, sondern begleitete sie ins Hotel.
Sobald sie das Foyer betraten, schaute Poppy sich ängstlich um. James war jedoch nirgends zu sehen, wie sie erleichtert feststellte.
“Ich fürchte, Sie haben jetzt das Abendessen verpasst, weil ich einen Umweg gemacht habe”, entschuldigte sich Gunther. “Aber vielleicht …”
“Ist schon gut, Gunther”, versicherte sie. “Nach unserem herrlichen Picknick hätte ich sowieso nichts mehr essen können.”
Wenn sie nun sofort in ihr Zimmer ging, duschte und sich fürs Bett fertig machte, hatte sie vielleicht Glück und würde bereits schlafen, wenn James hereinkam – falls er überhaupt vorhatte, die Nacht mit ihr zu verbringen und nicht mit …
Mit
ihr? Ihr wurde plötzlich ganz heiß, als sie mit gesenktem Blick auf die Aufzüge zueilte. Natürlich hatte sie nicht gemeint, dass James die Nacht
mit
ihr verbrachte, sondern
bei
ihr im Zimmer. Was hatte er bloß mit ihr gemacht, dass er jetzt sogar ihre Gedanken kontrollierte?
Poppy trat aus dem Lift, ging den Korridor entlang und öffnete die Tür mit der Codekarte, bevor sie sie aufstieß.
“Wo zum Teufel bist du gewesen?”
Erschrocken stellte sie fest, dass James schon im Zimmer war. Sprachlos sah sie ihn an.
“Wo bist du gewesen, Poppy?”, wiederholte er.
“Ich … ich … Weg”, erwiderte sie mit bebender Stimme.
“Weg? Wohin?”
“Ich … Gunther … Ich war mit Gunther weg”, gestand sie stockend. “Er … er hatte für heute Nachmittag einen Wagen gemietet und wollte …”
“Erspar mir die Einzelheiten. Ich kann mir lebhaft vorstellen, was er wollte”, entgegnete James wütend. “Und deinem Aussehen und der Uhrzeit nach zu urteilen, hat er es auch bekommen. Und, hast du es genossen, Poppy?”, erkundigte er sich scharf. “Hast du ihn auch angebettelt und angefleht …?”
Ehe ihr überhaupt bewusst wurde, was sie tat, hatte sie sich auf ihn gestürzt und holte aus, um ihm wieder eine Ohrfeige zu verabreichen. Mit seinen gemeinen Anschuldigungen brachte er sie zur Weißglut.
Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass er nun einsehen würde, wie ungerechtfertigt seine Vorwürfe waren. Doch statt vor ihr zurückzuweichen, umfasste er blitzschnell ihre Handgelenke und drückte sie aufs Bett. Dann beugte er sich über sie, sodass sie gefangen war.
Wie gebannt betrachtete sie die dunklen Sprenkel in seinen Augen, unfähig, sich zu rühren. Wie aus weiter Ferne hörte sie James sagen: “Ich habe dich davor gewarnt, was passiert, wenn du es wieder tust, Poppy.”
Schließlich
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