Ein Meer von Leidenschaft (German Edition)
gewusst, dass dieser Beruf so hart und anstrengend ist wie das Studentendasein.“
„Härter“, meinte Linda nach einer kurzen Pause, „denn du musst die Antworten kennen.“
„Ja.“ Kate ging in die Hocke, um sich Joys Sammlung an Plüschtieren anzuschauen. „Ich betrachte es als ständige Herausforderung. Entweder ich weiß die Antwort auf eine Frage, oder ich ergründe sie, und dann warte ich darauf, dass meine Erklärung verstanden wird.“
„Was nicht immer der Fall ist“, vermutete Linda.
„Richtig.“ Kate lachte. „Aber wenn der Groschen fällt, gehört dies zu den Augenblicken, die mich für die Mühe belohnen. Mutter zu sein stelle ich mir ähnlich vor. Du erteilst tagtäglich Unterricht.“
„Zumindest mache ich den Versuch“, entgegnete Linda trocken.
„Wie bei mir.“
„Hm …“ Linda legte den Kopf schief. „Sag mal, bist du mit deinem Leben zufrieden, bist du glücklich?“
Joy drückte einen rosafarbenen Plüschdrachen an sich und hielt ihn dann Kate hin. Gehorsam kam Kate der unausgesprochenen Aufforderung nach und liebkoste das weiche Stofftier. Dies gab ihr Zeit, über Lindas Frage nachzudenken. Sie hatte stets ihr Ziel im Auge gehabt, ohne an Glück und an Erfüllung zu denken. Ihr Vater hatte ihr diese einfache, im Grunde selbstverständliche Frage nie gestellt.
„Ich bin gern Lehrerin“, antwortete Kate schließlich. „Ich wäre unglücklich, wenn ich es nicht sein könnte.“
„Du weichst dem eigentlichen Thema aus, Kate.“
„Manchmal kann man nicht mit Ja oder Nein antworten.“
„Dominic!“
Bei Joys Ausruf zuckte Kate unwillkürlich zusammen und fuhr herum.
„Nein, sie meint den Drachen“, erklärte Linda, ohne auf Kates heftige Reaktion einzugehen. „Er hat ihn ihr geschenkt, also heißt er Dominic.“
„Ach so.“ Kate sah sich das Tier an, das mit seinem weit geöffneten Maul und den weichen, eckigen Plüschzähnen aussah, als lache es den Betrachter an. Sie gab Joy ihr Lieblingsspielzeug zurück und richtete sich auf. „Es passt zu Dominic, dass er nicht wie alle anderen gewöhnliche Puppen verschenkt.“
„Allerdings.“ Linda blickte Kate fest in die Augen. „Er hat in allem einen ganz besonderen Geschmack.“
Kate musste schließlich doch lächeln. „Du gibst nie auf, stimmt’s, Linda?“
„Nicht, wenn es um eine Sache geht, an die ich fest glaube.“ Lindas Antwort verriet ihren Trotz und ihre Ausdauer, die Eigenschaften, die ihr geholfen hatten, so lange zu warten, bis Marsh ihr endlich seine Liebe gestand. „Ich bin fest davon überzeugt, dass du und Dominic … dass ihr zusammengehört“, fuhr sie fort. „Ihr könnt es noch so kompliziert machen, mich täuscht ihr nicht.“
„Du hast dich nicht verändert. Vier Jahre sind vergangen, du bist Ehefrau, Mutter und Besitzerin eines Restaurants geworden, aber du hast dich kein bisschen verändert.“
„Die Tatsache, dass ich Ehefrau und Mutter geworden bin, bestärkt mich darin, dass meine Einschätzungen richtig sind.“ Linda verstand es, ihr Selbstbewusstsein einzusetzen, wenn sie es für angemessen hielt. „Aber das Restaurant gehört uns nicht“, fügte sie erklärend hinzu.
„Nein?“ Überrascht schaute Kate sie an.
„Wir führen das Restaurant und besitzen einen Anteil von zwanzig Prozent.“ Linda lehnte sich zurück und lächelte Kate an. Sie genoss es, Kate etwas mitzuteilen, das sie vermutlich nie für möglich gehalten hätte. „Das ‚Roost’ gehört Dominic.“
„Dominic?“ Kate vermochte ihre Verblüffung nicht zu verbergen. Der Dominic Silver, den sie zu kennen glaubte, hatte nie etwas anderes besessen als ein Boot und ein wackliges Haus am Strand. Ein Restaurant zu kaufen, selbst ein kleines auf einer abgelegenen Insel, erforderte mehr als Kapital. Es erforderte Ehrgeiz.
„Er hat es dir offensichtlich nicht gesagt.“
„Nein, das hat er nicht.“ Obwohl er Gelegenheit dazu gehabt hätte, erinnerte sich Kate. An dem Abend, an dem sie gemeinsam in seinem Restaurant gespeist hatten, hätte er es ihr erzählen können. „Es passt irgendwie nicht zu ihm“, fügte sie leise hinzu. „Ich meine, es wäre nicht überraschend, wenn er sich ein neues Boot gekauft hätte, ein schnelleres oder ein größeres. Aber ein Restaurant … nicht zu fassen.“
„Wir waren alle überrascht, abgesehen von Marsh. Nun, er kennt seinen Bruder besser als jeder andere. Wenige Wochen vor unserer Hochzeit erzählte Dominic uns, dass er das Restaurant gekauft habe und es
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