Ein Meer von Leidenschaft (German Edition)
und er ihre Absicht erkannte, ergriff ihn panischer Schrecken. Er beschleunigte seine Bewegungen noch, soweit das möglich war. Alles schien in Zeitlupe abzulaufen, und trotzdem dauerte es nur einige Sekunden lang. Jetzt hatte der Hai Kate fast erreicht.
Zum ersten Mal in seinem Leben schickte Dominic ein Stoßgebet zum Himmel.
Kate betätigte den Auslöser, und die Harpune wurde losgeschleudert, bohrte sich tief in das Fleisch des Hais. Instinktiv ließ Kate sich hinabsinken, als der Hai vorschoss. Wut und Schmerz trieben das Tier voran. Es würde die Verfolgung aufnehmen. Daran konnte kein Zweifel bestehen. In nur wenigen Augenblicken würde es wieder bei Kate sein, wenn sie es nicht an entscheidender Stelle getroffen hatte. Dominic sah, wie Blut aus der Wunde spritzte. Die Verletzung reichte nicht aus, den Hai außer Gefecht zu setzen. Das Tier fuhr herum, als wollte es die Harpune abschütteln, und verlangsamte dabei etwas seine Bewegungen. Es genügte Dominic, um sich ihm auf den Rücken zu werfen und das Messer, so schnell es im Wasser möglich war, wieder und wieder in den grauen glatten Leib zu stoßen. Außer sich vor Wut bäumte der Hai sich auf. Unter Aufbietung all seiner Kräfte folgte Dominic seinen Bewegungen. Er rammte dem Tier das Messer in den Leib und schlitzte ihn auf.
Aus geringer Entfernung beobachtete Kate den Kampf. Ihr Gehirn und ihr Körper waren eine Weile wie betäubt. Das Blut des Tieres vermischte sich mit dem Wasser.
Plötzlich kam sie zu sich, zog hastig ihr Tauchermesser aus der Scheide, um Dominic zu helfen.
Doch der Kampf war vorüber. Der Hai sank schwer und leblos auf den Boden herab. Kate blickte ein letztes Mal in seine Augen.
Da wurde sie fest am Arm gefasst. Erschöpft und willenlos ließ sich Kate ziehen. Nur ein Gedanke beherrschte sie: Dominic war gerettet.
Stark nach Luft ringend zog Dominic sie zur Leiter und half Kate, mit ihrer kompletten Ausrüstung hinaufzusteigen. Kaum an Deck, rutschte Kate aus und fiel hin. Bevor Dominic sich über die Reling schwang, bemerkte er aus den Augenwinkeln zwei graue, Unheil verheißende Rückenflossen, die plötzlich nach unten verschwanden. Ein weiterer Hai, den nun das Blut anzog!
„Was, zum Teufel …“ Marsh sprang auf und lief zu Kate, die heftig atmend auf dem Boden lag.
„Später“, unterbrach Dominic ihn und kniete neben Kate nieder. „Ich musste sie sofort hochbringen.“ Er hob mit der Hand ihren Oberkörper an und streifte das Gurtwerk der Sauerstoffflaschen von ihren Schultern. Danach befreite er sie von den anderen Ausrüstungsstücken. „Kate, wie fühlst du dich? Ist dir schwindlig? Hast du Schmerzen?“
Kate setzte sich auf und schüttelte den Kopf. „Nein, nein“, brachte sie mühsam hervor. „Mir geht es gut.“ Sie gab sich Mühe, gleichmäßiger zu atmen, damit Dominic beruhigt sein konnte. „Wir waren nicht mehr so tief, nachdem … als wir … nun, du weißt schon.“
Er nickte. Sie hatte also nicht unter der schnellen Druckveränderung gelitten. Er erhob sich und nahm seine Sauerstoffflaschen ab. Dann legte er die Ausrüstungsstücke sorgfältig auf den dafür vorgesehenen Platz. Seine Hände zitterten plötzlich.
„Könnte mir endlich jemand verraten, was passiert ist?“ sagte Marsh und sah von einem zum anderen. „Ich bin nur so weit mitgekommen, dass Dominic irgendetwas von Schnürsenkeln fantasierte. Mehr habe ich bisher nicht verstanden.“
„Ladung“, antwortete Kate, „wir haben die Ladung gefunden.“ Sie hatte die Knie angezogen und die Stirn dagegen gelehnt.
„Aha.“ Marsh warf seinem Bruder einen fragenden Blick zu. „Aber eben seid ihr dort unten auf unliebsame Gesellschaft gestoßen, nehme ich an. Stimmt’s?“
Dominic trat an die Reling, legte die Hände darauf und schaute starr übers Meer. „Du hast Recht“, erwiderte er schließlich. „Ein Grauhai … es hätte nicht viel gefehlt, und Kate wäre von ihm getötet worden.“
Bevor Marsh etwas erwidern konnte, wandte Dominic sich um und fuhr Kate an: „Hast du eigentlich alles vergessen, was ich dir beigebracht habe?“ Seine Angst um sie war in Wut über ihren vermeintlichen Leichtsinn umgeschlagen. „Du hast es geschafft, einen Doktortitel zu erlangen, doch daran, dass man in der Nähe eines Hais seine Bewegungen auf ein Minimum reduzieren soll, erinnerst du dich nicht. Ich habe dir mehr als einmal gesagt, dass Arm- und Beinbewegungen Haie reizen. Aber du schwimmst einfach auf einen Hai zu und ruderst mit
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