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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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gefallen. Es dauerte eine Weile, bis er die Augen aufschlug und zu mir sagte, ich solle keine Angst haben und wieder einschlafen.«
    »Er sagte zu dir, du sollst keine Angst haben?«
    »Ja.«
    »In welcher Höhe schwebte er?«
    »So hoch ungefähr«, meinte Elifas und hielt dabei die flache Hand in Kniehöhe.
    Die Mitglieder des Rates blickten sich an.
    »Berichte nun von den anderen Geräuschen!« forderte Jokanaan ihn
    auf.
    »Ich hatte schon früher in manchen Nächten Geräusche gehört. Damals achtete ich nicht sonderlich auf sie, obwohl sie mich jedesmal aus dem Schlaf schreckten. Ich dachte immer, Jesus dreht sich nur auf seinem Lager um.«
    »Seit wann hörst du diese Laute schon?«
    »Genau kann ich das nicht sagen. Aber es geht jedenfalls schon mehrere Wochen so.«
    Die Mienen der Ratsmitglieder hatten sich verdüstert. Elifas wurde mit der strengen Anweisung, Stillschweigen zu wahren, entlassen. »Der junge Mann scheint die Wahrheit zu sagen«, meinte der Meister ratlos. »Aber um eine solche Wahrheit zu begreifen, ist schon der Beistand des Allmächtigen vonnöten. Wußtest du über die Wunderwerke deines Vetters und Schützlings Jesus Bescheid, Jokanaan?«
    »Nein.«
    »Manche von uns haben unheilvolle Zeichen wahrgenommen«, fuhr der Meister fort. »Daniel hier zum Beispiel hat gesehen, wie eine unsichtbare Hand ihm in der Nacht die Decke vom Bett zog. Aber was Elifas da beschreibt, das sind keine unheilbringenden Zeichen, zumindest würde ich sie vorläufig nicht als solche bezeichnen. Sie scheinen fast prophetischen Charakter zu haben. Was haltet ihr davon, meine Brüder?«
    »In der Tat waren unsere Propheten die einzigen Menschen, denen man die Fähigkeit zuschrieb, in der Luft zu schweben«, bemerkte einer, der Ebenezer hieß. »Aber können wir deshalb zu Recht annehmen, daß Jesus ein Prophet ist?«
    »Darüber laßt uns erst befinden, nachdem wir Jesus selbst befragt haben. Wir werden ihn gleich kommen lassen. Aber vorher würden wir gern noch erfahren, was du von diesem Novizen hältst, Jokanaan.«
    »Er hat in den zwanzig Monaten keinen einzigen Fehler begangen. Mir fällt auf, daß er sehr schweigsam ist. Bei seiner Ankunft hatte er sich leidenschaftlich über das Schicksal der Juden geäußert. Heute spricht er nicht mehr davon.«
    »Das alles liefert uns kaum Hinweise«, murmelte der Meister. »Unsere Brüder in Galiläa«, gab Efraim zu bedenken, »teilen uns hin und wieder mit, was sich in den auswärtigen Gemeinschaften und manchmal auch in der Umgegend ihrer Niederlassungen Neues tut. So berichteten sie mir einmal von Wunderwerken, die gewissen Magiern zugeschrieben werden: einem gewissen Dositheus, der sich in Samaria niedergelassen hat, einem Apollonios, der sich zwischen Tyrus und Ptolemais aufhält, und einem Mann namens Simon, dessen Wohnsitz mir unbekannt ist. Die Leute behaupten zum Beispiel, Dositheus könne einen Blitz in einem Zimmer niederfahren lassen, und von Apollonios sagt man, er erscheine den Menschen gleichzeitig an verschiedenen Orten. Könnte dein Vetter nicht von diesen Männern die Kunst erlernt haben, sich in die Lüfte zu erheben?«
    »Mir ist bekannt, daß er herumgereist ist«, entgegnete Jokanaan, »aber ich glaube nicht, daß diese Magier ihn ihre Kunst gelehrt haben. Das hätte er mir erzählt.«
    »Vielleicht hat er es verschwiegen«, mutmaßte der Meister. »Geh ihn holen!«
    Große Angst überkam Jokanaan auf dem Weg zur Schreinerei. Würde der Rat denn unterscheiden können, ob es sich bei Jesus’ Wunderwerk um reine Zauberei oder aber um den Ausdruck göttlichen Wirkens handelte? Jahrelang hatte er auf Jesus gewartet, wenn er nun wieder fortginge... Aber er ist kein Magier! beruhigte er sich, als er bei der Werkstatt anlangte.
    Jesus war gerade dabei, ein neues Holzstück in eine schadhafte Stelle an der Unterkante einer Tür einzupassen; vermutlich war hier der Sand am Werk gewesen, vielleicht waren es aber auch Ratten. »Was führt dich hierher?« fragte er Jokanaan.
    »Ich muß dich sprechen.«
    »Skorpione und anderes Getier konnten durch diese Tür kriechen. Neulich entdeckten wir sogar eine Viper.«
    Jokanaan war äußerst erregt.
    »Du scheinst über irgend etwas sehr aufgebracht zu sein, oder täusche ich mich?«
    »Antworte mir: Bist du ein Magier?«
    »Ob ich ein Magier bin? Ich weiß es nicht. Elifas hat also geplappert.« Jokanaan nickte.
    »Ich kann es ihm nicht verübeln. Er ist jung. Ich vermute, daß er Hezechäus davon erzählt hat?

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