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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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ein Palast war es in der Tat. Ein Eingangsgewölbe, so hoch wie das des Jerusalemer Tempels, Wände aus buntern Marmor, mosaikverzierte Fußböden, Statuen und Feuerbecken, die duftende Dampfschwaden verströmten... Er fragte nach Eukolines, woraufhin sich ein junger Mischling mit dem Blick eines Fuchses vor ihm verneigte. Jesus berief sich auf Thomas von Didyma. Der junge Mann nickte, half ihm beim Ausziehen und führte ihn ins Tepidarium. Für diese abgewrackten Fettwänste also baut man solch einen Palast, dachte Jesus spöttisch, während sein Blick über die von krampfadrigen Beinen getragenen Schmerbäuche glitt, die sich auf den Bänken in ihrer Nacktheit zur Schau stellten. Aber es machte ihm nichts aus, in ihrer Gesellschaft zu schwitzen, obwohl ihm bald klar wurde, daß sich hier auch einige junge Männer tummelten, deren Hauptanliegen nicht unbedingt in der körperlichen Reinigung lag, und die wenigsten sich allem Anschein nach darum bemühten, gegen die unerfreulichen Auswirkungen eines zu reichlichen Genusses von Wildbret und griechischem Wein anzukämpfen. Eukolines ging, nachdem er ihm ein Badetuch dagelassen und ihm mitgeteilt hatte, daß er für die nach dem Schwitzen zu vollziehenden Riten zu seiner Verfügung stehe. Jesus befand sich in Gesellschaft von drei schlaffhäutigen Männern, die eine lebhafte Unterhaltung auf griechisch führten. Da er nichts Besseres zu tun hatte, hörte er ihnen zu.
    »Ich habe noch nie vernommen, daß ein Mensch einfach Feuer fangen kann wie Werg!« rief einer aus.
    »Aber ich war doch dabei! Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Wir hatten gerade zu Abend gegessen und waren alle guter Laune, da schießen wie aus heiterem Himmel Flammen aus seiner Brust und seinem Arm hoch. Er schreit um Hilfe, wir begießen ihn mit Wasser, aber vergeblich, erst nachdem wir ihn in einen Teppich eingerollt haben, erloschen die Flammen. Dabei war keinerlei offenes Feuer in seiner Nähe, die nächste Fackel war mindestens fünf Fuß von ihm entfernt.«
    Sie schwiegen eine Weile, dann meinte ein anderer: »Da hat der Teufel seine Finger im Spiel.«
    »Ja, das ist klar. Fragt sich nur, welcher Teufel? Ein Teufel der Griechen? Der Römer? Der Juden? Der Chaldäer? Oder einer unserer eigenen Teufel?«
    »Teufel ist Teufel, sag’ ich dir. Ich glaube, es gibt da einen Punkt, den wir zu oft außer acht lassen. Wir haben eine Unmenge Götter über uns, von Osiris bis Herakles und von Mithras bis Baal, aber es gibt nur eine einzige Rasse von Teufeln.«
    »Wie kommst du auf die Idee?«
    »Die Teufel kommen aus der Erde, und es gibt nur eine Erde, während dagegen viele verschiedene Himmel existieren. Die Teufel sind alle miteinander verwandt. Deshalb würde ich meine Zeit nicht damit verschwenden, herauszufinden, welcher Teufel es war. Es war ein Teufel, und damit hat sich’s.«
    »Du meinst also, ein Teufel ist aus der Erde direkt in unseren armen Muros gefahren«, sagte der Mann, der den Vorfall erzählt hatte. »Aber warum? Muros ist doch ein guter Mensch, wir kennen ihn alle.«
    »Natürlich ist er gut! Die Bösen lassen die Teufel ja in Ruhe.«
    »Was erzählst du da für einen Unsinn!« begehrte einer der Gesprächsteilnehmer auf. »Sollen demnach bloß die guten Menschen den üblen Streichen der Teufel ausgesetzt sein?«
    Er wandte sich an Jesus, wie um ihn als Zeugen für diese ungereimte Behauptung hinzuziehen.
    »Ein Teufel kann von einem Menschen nur Besitz ergreifen, wenn er auf keinerlei Widerstand stößt«, erklärte Jesus. »Euer Freund Muros ist wahrscheinlich schwach.«
    »Das stimmt, Muros ist schwach«, pflichtete ihm einer der Männer bei. »Kennst du ihn?«
    »Nein.«
    Sie griffen ihre Unterhaltung wieder auf und warfen ab und zu einen verstohlenen Blick auf Jesus. Der eine meinte, Muros esse zuviel, was sein Gemüt erhitze; es bestehe also gar kein Anlaß, die Tücke eines Teufels heraufzubeschwören. Der andere behauptete, Muros hure zuviel. Der dritte schließlich war überzeugt, das Unglück seines Freundes sei darauf zurückzuführen, daß er zu vielen verschiedenen Göttern opfere, was sicherlich den Teufel aufgebracht habe. »Man muß bei einer Religion bleiben, das ist die Hauptsache«, schloß er.
    »Ja, aber man muß die stärksten Götter wählen, und wie stellt man das am besten an? Mein ältester Sohn war krank. Ich habe Baal ganz besondere Opfergaben dargebracht, aber mein Sohn wurde von Mal zu Mal kränker. Meine Frau opferte daraufhin Mithras, und siehe,

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