Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
Vom Netzwerk:
zufrieden?«
    »Mir kam gerade der Gedanke, daß zu Anbeginn nur ein Mann und eine Frau auf der Erde lebten, sind wir uns da einig?«
    Apollonios nickte.
    »Sie teilten sich folglich allen zur Verfügung stehenden Äther. Dann bekamen sie Kinder und Kindeskinder, die sich wiederum fortpflanzten, bis schließlich du und ich auf die Welt kamen. Bedeutet das, daß sich der den Menschen zustehende Ätheranteil verringert und auch in Zukunft immer weiter abnimmt?«
    Leises Raunen erhob sich im Daphne-Hain.
    »Der Äther ist unbegrenzt«, antwortete Apollonios. »Egal, wie viele Menschen auf Erden leben, jeder erhält den gleichen Anteil.« Erneut war Gemurmel zu vernehmen.
    »Wenn dem so ist«, spann Jesus seinen Gedanken weiter, »dann wächst das Äthervolumen auf der Erde. Heißt das, daß der Menschheit immer mehr Macht und Vollkommenheit zuteil wird?«
    »Ob nun mehr oder weniger Äther auf der Erde ist, seine Wirkung bleibt die gleiche. Wichtig ist nur, daß jeder Mensch seinen Ätheranteil in sich anwachsen läßt. Mehrere Wege führen zu diesem Ziel. Da gibt es zum einen eine passive Möglichkeit; dazu nimmt man eine ganz bestimmte Hockstellung ein und dreht die Fußsohlen so«, erklärte er und machte die Übung vor. »So gelingt es am einfachsten, innerlich leer zu werden und somit den Äther in sich aufzunehmen.«
    »Wie wird man innerlich leer?« erkundigte sich der junge Mann namens Damis.
    »Man schließt die Augen und läßt alle Gedanken, die einem durch den Kopf gehen — solche, die unsere eigene Existenz betreffen, unsere Umgebung und schließlich die ganze Welt — einen nach dem anderen hinter sich zurück.«
    »Ist das nicht schwer?« fragte eine Frau.
    »Es setzt natürlich eine gewisse Übung voraus. Außerdem gibt es noch eine andere Methode, die für Männer während des Geschlechtsaktes von Bedeutung ist. Die ist schwieriger. Wenn die Erektion eingetreten ist, muß der Mann versuchen, wieder die Kontrolle über seinen Körper zu erlangen. Und genau in dem Augenblick, in dem sich die Samenflüssigkeit ergießen will, hält man sie zurück. Mit ein wenig Erfahrung gelingt es vielleicht, alle Samen in die Hoden zurückfließen zu lassen.« Er erhob sich und ließ seinen Blick über die Runde schweifen.
    »Mich würde interessieren«, meldete sich Jesus zu Wort, »wozu es gut sein soll, Leere in sich einkehren zu lassen, um seinen Anteil Äther zu vermehren. Nützt das außer mir selbst auch jemand anderem?«
    »Nein. Den Weg des Lichts geht man allein«, entgegnete Apollonios. »Dann«, fuhr Jesus fort, »muß ich mich aber fragen, ob die Person, die das Licht oder den Äther, wie du sagst, empfängt, nicht für ihre Brüder und Schwestern, für andere Männer und Frauen verloren ist. Und ob sie dann nicht in einer ähnlich bevorzugten Situation lebt wie ein reicher Mann, der sein Vermögen nicht mit den Armen teilt.« Anstatt ihm zu antworten, blickten ihn Apollonios und seine Anhänger nur verdutzt an. Diese Leute stellten sich nicht viele Fragen, das stand fest.
    »Außerdem frage ich mich«, fuhr Jesus fort, »was für einen Sinn die eben von dir beschriebene sexuelle Übung haben soll.«
    »Der männliche Same enthält eine ganz beträchtliche Menge Äther«, erklärte Apollonios. »Wenn man ihn zwingt, in die Hoden zurückzufließen, steigert man seine Kraft.«
    »Aber befindet sich der Same nicht schon im Körper?«
    »Doch, sicher.«
    »Warum sollte seine Kraft dann anwachsen, wenn man ihn in die Hoden zurückholt?«
    »Weil man ihn innerhalb des Körpers mobilisiert.«
    »Läuft das nicht in etwa darauf hinaus, daß ich, wenn ich einen Becher Wein an meine Lippen führe, aber nicht davon trinke, die Weinmenge im Becher erhöhe? Und welche Rolle kommt der Frau bei dieser Übung zu?« fragte er, allmählich ungehalten.
    »Welche Rolle wird es schon sein? Was denkst du denn?« fragte Apollonios zurück, dem Jesus’ Fragen zunehmend auf die Nerven gingen. »Dient sie einzig und allein als Scheide, um das Schwert zu schärfen?« meinte Jesus. »Welchen Nutzen zieht sie aus alldem?«
    »Das ist wahr«, bemerkte eine Frau. »Soll es für uns keinen Äther geben?«
    Eine zweite Frau pflichtete ihr bei.
    »Immerhin kommt ihr in den Genuß der Lust!« rief ein Mann.
    »Das ist keine geschlechtliche Vereinigung«, rief Jesus aufgebracht, »das ist ein einsames Vergnügen, dem zwei Menschen in einem gemeinsamen Akt nachgehen. Zu dergleichen war der männliche Same nie vorgesehen!«
    »Er hat recht!«

Weitere Kostenlose Bücher