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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Judas, Sohn des Jakobus. »Meister, du hast uns gesagt, daß wir die Leute taufen sollen. Können wir das denn tun, ohne selbst getauft zu sein?«
    Diese alte Sorge um Rituale! »Ich werde euch taufen«, antwortete er. Aber Judas schien die Antwort nicht zu befriedigen. »Du hast uns auch gesagt«, fügte er schweren Herzens hinzu, »daß manche Menschen Heuchler sind, obwohl sie genauestens die Rituale einhalten, und daß andere, die Sünder sind, größeres Verdienst haben als sie. Wenn das so ist, was nützt dann die Taufe? Was wird sie an den Heuchlern und Sündern ändern?«
    »Die Taufe ist eine Erneuerung«, sagte Jesus. »Sie ist kein Ritual, sondern ein Akt des Glaubens. Aber es stimmt, daß es immer Leute geben wird, die jeden Akt zu seiner eigenen Parodie machen und die, wenn sie dem Herrn eine Feige darbringen, selbst das Fleisch essen, während sie auf dem Altar nur die Schale lassen.«
    Judas Iskariot runzelte die Stirn vor Anstrengung, den Unterschied zwischen Buchstaben und Sinn zu erkennen, Thaddäus hob vor Erstaunen die Augenbrauen und war sichtlich empört von der Idee, daß Sünder mehr wert seien als tugendhafte Menschen... Ich muß es ihnen einhämmern! dachte Jesus. Es wieder und wieder sagen!
    »Ihr wißt auch«, fügte er hinzu, »daß ich das Instrument dieser Erneuerung bin. Warum wärt ihr sonst hier, um mich anzuhören?« Ja, Herr, warum waren sie denn da? Erwarteten sie ein Wunder, wie das Ergrünen von Aarons Stab? »Die Taufe ist das Zeichen, das diejenigen, die die Erneuerung erwarten und uns folgen wollen, von den anderen unterscheiden wird.«
    Warum gab er sich soviel Mühe? Würde sich der Wille des Herrn nicht ohnehin durchsetzen, egal, was er tat? Das war ein Punkt, den Thomas, der Philosoph, nicht erwähnt hatte: Konnte das Handeln des Menschen die Wege des Herrn beeinflussen? Er dachte an Sodom und Gomorra. Wenn es noch einen Gerechten in diesen Städten gegeben hätte, so hätte Gott sie verschont. Der Mensch besaß also eine Macht, die der des Herrn gleichkam — und der des Teufels! Jesus war müde, aggressiv und verwirrt. Seine Zuhörer waren aus trockenem Ton; man müßte sie mit Worten durchtränken, um sie umformen zu können. Und was war mit dem Rest Israels, den Sadduzäern, Zeloten, Essenern, den Händlern, Bauern, Totengräbern, Metzgern und allen anderen? O Jokanaan, wie weise warst du, dich in die Wüste zu begeben! Aber sie waren da und erwarteten etwas oder jemanden, sie hofften glühend auf die Befreiung.
    »Vielleicht«, fuhr er fort, »erwarten manche von euch, daß ich Wunder vollbringe! Vielleicht halten sie mich für einen neuen Magier! Vielleicht möchten sie, daß ich auf einen Stein dieses Bodens schlage und eine Quelle daraus hervorspringt!« Ein Beben ging durch die Menge. »In diesem Fall wird euch Thomas sagen, was der Unterschied zwischen einem Magier und mir ist. Im Land wimmelt es von Magiern, ich gehöre nicht dazu.« Er hatte ins Schwarze getroffen. Sie hoben die Köpfe, lösten die Arme aus der Verschränkung, verlagerten das Gewicht von einem Fuß auf den anderen, räusperten sich. Natürlich erwarteten sie einen Messias, der gleichzeitig Feldherr und Magier war!
    »Aber du hast doch Wunder vollbracht, oder?« fragte Bartolomäus. »Und was ist Schlimmes an einem Magier?«
    »Ich vollbringe keine Wunder, Bartolomäus, nein. Ich bediene mich nur einer Macht, die mir vom Herrn verliehen ist, um die, die leiden, zu trösten. Ich gehe nicht mit denselben Mächten um wie die Magier. Denn es sieht so aus, als ob es Zwischenmächte zwischen Gott und dem Teufel gibt, die man anrufen kann, um Wunder zu vollbringen, wie du sagst. Aber die Magier handeln nur für sich, und das ist der Unterschied.«
    »Man wird trotzdem Wunder vollbringen müssen, um an Jerusalem heranzukommen«, meinte Judas Iskariot.
    »Und was wirst du in Jerusalem tun?« rief Jesus aus. »Du wirst den Hohenpriester ermorden, und was dann? Wirst du auch die anderen Priester töten? Träumst du von einem Blutbad?«
    »Der Sitz der Macht, gegen die wir kämpfen, ist in Jerusalem«, beharrte Judas Iskariot, »und was auch anderswo passiert, ist bedeutungslos, solange Jerusalem nicht betroffen ist.«
    »Und wie meinst du, sollen wir Jerusalem schlagen?« fragte Thomas. »Ich hoffte, du wüßtest es«, erwiderte Judas Iskariot.
    »Wenn du glaubst, daß wir Vorhaben, die Macht in Jerusalem zu übernehmen«, sagte Thomas, »dann hast du dich geirrt. Das müßte allen klar sein.«
    »Und was

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