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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Tag und vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung konfrontiert ist, identifiziert man sich nicht nur mit ihm, sondern mit der gesamten Gottheit als solcher. Die Juden verspüren ein viel stärkeres Bedürfnis, sich mit ihrem Gott gleichzusetzen, denn wenn sie ihn nicht vorschriftsmäßig anbeten, fallen sie seinem Gegenspieler, dem Teufel, in die Hände. Die Juden haben ganz augenscheinlich Angst vor dem Teufel und flehen ihren Gott unentwegt an, sie doch vor dessen Klauen zu bewahren. Natürlich führt das — zumindest ihrer Meinung nach — dazu, daß dieser Gott immer höhere Anforderungen stellt... Nehmt doch noch ein wenig Met... Die Juden scheinen sich noch nie die Frage gestellt zu haben, ob dieser Teufel nicht weniger aggressiv wäre, wenn sie auch ihm hin und wieder Ehre erwiesen, denn er könnte schließlich ein Teil ihrer selbst sein, ebenso wie sein Feind.«
    Wahre Bäche von Schweiß rannen Natanael nur so den Körper hinab und färbten seine ersten sprießenden Brusthaare dunkler; der junge Mann preßte seine Hände so heftig gegen die Knie, daß alles Blut aus seinen Fingern wich.
    »Dein Gefährte macht einen recht gequälten Eindruck«, meinte Hippolytos zu Thomas. »Er hat noch kein einziges Mal den Mund aufgemacht, und man könnte meinen, er fällt jeden Augenblick in Ohnmacht. Sollen wir vielleicht lieber das Thema wechseln?«
    »Nein, ganz im Gegenteil!« rief Thomas aus. »Diese Gespräche sind bestens dazu geeignet, den Geist beweglich zu halten! Natanael müßte viel öfter solche Reden hören. Das kalte Wasser im Schwimmbecken wird gleich wieder Leben in ihn bringen.«
    »Vielleicht würde ihm ein wenig Essen guttun«, schlug Hippolytos vor, dem Natanaels Verstimmung oder Übelkeit ernsthafte Sorgen bereitete. Er rief abermals den Syrier herbei, um getrockneten Fisch, sauren Käse und Oliven zu bestellen.
    »Warum bemühst du dich so aufmerksam um mich?« fragte Natanael mit unmißverständlich gereiztern Unterton in der Stimme, langte dann aber doch tüchtig zu, als die Appetithäppchen aufgetragen wurden.
    »Mein Junge«, erwiderte Hippolytos lachend, »vielleicht verhalte ich mich nur so, um dir zu beweisen, daß Skepsis mehr Freundlichkeit hervorzubringen vermag als steife Frömmigkeit und daß mehrere Götter die Toleranz viel stärker fördern als ein einziger Gott.«
    Natanael wiegte nachdenklich den Kopf.
    »Und nun laßt euch massieren«, fuhr Hippolytos fort, »in einer Stunde treffen wir uns wieder hier. Ich will euch zu einem richtigen Essen ein-laden. Eure Gesellschaft ist wirklich unterhaltsam.«
    Als sie den niedrigen Warmluftraum betraten, begann Natanael so übermäßig stark zu schwitzen, daß mehrere der Anwesenden ihn neugierig musterten.
    »Leidet der junge Mann an einem Fieber?« wollte ein Gast wissen. »Nein, er hat nur Wut im Bauch«, entgegnete Thomas.
    »Die Jugend ist immer wütend«, bemerkte der Mann.
    »Ist er dein Liebhaber?«
    »Nein«, antwortete Thomas lächelnd.
    Natanael, der die Frage gehört hatte, stürzte Hals über Kopf aus dem Sudatio. Thomas fand ihn im Kaltwasserbecken wieder, wo er voll grimmigen Ungestüms das Wasser durchpflügte. Als er Thomas erblickte, schwamm er auf ihn zu und setzte sich auf den Rand des Schwimmbeckens.
    »Dieser Ort ist schlimmer als die Hölle«, bemerkte er düster.
    »Dann mußt du eben die Hölle kennenlernen«, gab Thomas ruhig zurück, »denn es gehört auch zu deiner Aufgabe, die menschliche Natur zu bezwingen.«
    Die energische Massage, die ihm ein Äthiopier mit stählernen Fingern verabreichte, besänftigte Natanael schließlich. Er hatte zunächst an den duftenden Balsamen Anstoß genommen, aber von einer Massage ohne Balsam wollte der Äthiopier nichts wissen. Als die beiden Gefährten wieder vor Hippolytos erschienen, war Natanael beinahe freundlich gestimmt.
    »Ich sehe schon, die heidnischen Sitten in den römischen Bädern haben den Zorn aus dem Gesicht unseres jungen Freundes vertrieben.« Hippolytos lächelte. »Erlaubt mir die Frage: Was führt euch nach Hippos?«
    »Wir verbreiten die Lehre des Jesus«, erwiderte Thomas.
    »Wer ist Jesus?«
    Die Jünger sahen sich ungläubig an.
    »Erstaunt euch meine Frage? Ich habe noch nie von einem Jesus gehört, der eine Lehre verbreitet, obwohl ich viele Männer namens Jesus in Palästina kenne.«
    »Wir sprechen vom Messias«, sagte Natanael und gebrauchte dabei das aramäische Wort, da er nicht wußte, was Messias auf griechisch hieß.
    »Khristos, der die

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