Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
Vom Netzwerk:
Lächeln. »Hannas auch, dieser alte Schnüffler?«
    »Hannas auch«, bestätigte Manassah, während er sich Met einschenkte.
    »Und du spielst hier auch gewiß nicht das Sprachrohr der Priester?« erkundigte sich Herodes. »Du verkehrst mir allzuoft mit Pharisäern.«
    »Ich schnappe die Informationen auf und gebe sie an dich weiter.« Herodes’ verschlagener Gesichtsausdruck wich einer sorgenvollen Miene. Seine Lippen wurden schmal, selbst die Nase wirkte verkniffen. Sein bartloses Gesicht sah noch aufgedunsener aus als gewöhnlich. DerTetrarch kratzte sich unter den Achseln und rutschte unruhig hin und her.
    »All dies scheint darauf hinzudeuten, daß etwas Unvermeidbares am Gären ist«, murmelte er schließlich.
    »Warum unvermeidbar?« fragte Manassah. »Nimm Jesus fest, und die Angelegenheit ist aus der Welt.«
    »Jesus festnehmen? Unter welchem Vorwand? Jokanaans Jünger stiften schon genug Unfrieden im Land, und während mir vorher nur einer seine Verwünschungen nachrief, verfluchen mich heute zwanzig! Wenn ich Jesus verhafte, bekommen wir es mit seinen Jüngern zu tun, und schon haben wir unseren Aufstand, darauf kannst du Gift nehmen! Noch dazu, wenn die Juden diesen Kerl für den Messias halten«, erklärte Herodes, während er sich erhob. »Warum sollen wir nicht auch Hannas verhaften, wenn du schon einmal dabei bist! Komm, schauen wir uns den Gefangenen an«, schlug er vor und strich die Falten seines Gewandes glatt.
    »Er fasziniert dich offensichtlich«, bemerkte Manassah und stand ebenfalls auf.
    »Bestimmt mehr als du.«
    »Das ist nun der Dank für Ergebenheit und Treue«, sagte Manassah scherzhaft.
    »Du bist ja schließlich kein Prophet, du bist ein Affe. Und Affen haben nichts Faszinierendes an sich.«
    Herodes überquerte den Innenhof des Burgfrieds und schritt auf eine hohe, eisenbeschlagene Holztür zu. Die Wachen öffneten, und Herodes stieg, gefolgt von Manassah, ein paar Stufen hinunter. Sie gelangten in einen Verschlag, in dem zwei Wachen beim Würfelspiel saßen. Hastig erhoben sich die beiden und öffneten auf Befehl des Tetrarchen eine hölzerne Falltür. Herodes beugte sich vor über das Gitter, das darunter zum Vorschein kam, und versuchte, das Halbdunkel unter sich zu durchdringen. Erst nach einer Weile konnte er eine menschliche Gestalt erkennen, zunächst ein Schulterblatt, dann einen nackten Oberschenkel. Jokanaan saß mit gekreuzten Beinen da und blickte durch das kleine, vergitterte Fenster hinaus ins Freie. Dort in der Ferne erstreckte sich das Land, in dem er Kind gewesen und langsam zum Licht seines Schöpfers erwacht war, einem Licht, das keine Abenddämmerung kannte. Vollkommen reglos saß er da.
    »Schläft er?« fragte Herodes flüsternd einen der Wachposten, der über die Schulter seines Herrn einen Blick auf jenes Bild warf, das ihm in den zehn Monaten, die der Gefangene nun schon im Kerker zubrachte, vertraut geworden war.
    »Ich schlafe nicht, Herodes!« ertönte Jokanaans Stimme, durchdringend und bedrohlich, ohne daß der Gefangene jedoch seinen Kopf nach dem königlichen Besucher umgedreht hätte. »Die Zeugen des Herrn schlafen niemals, und auch ihre Ihm geweihte Seele ruht nicht, selbst wenn sich die Lider manchmal über die Schandtaten dieser Welt senken.«
    Als hätte ihn etwas gestochen, richtete sich der Tetrarch plötzlich wieder auf. »Deine Zunge schläft wohl auch nicht, was?« rief er zurück.
    »Selbst wenn du sie abschneiden läßt, Herodes, wirst du meine Stimme klar und deutlich vernehmen! Lange schon sind meine Zunge und auch meine Stimme nicht mehr mein, sie stehen im Dienste des Herrn, und die Worte, die sie aussprechen, stammen nicht von mir. Wenn ich verstummt und diese Zelle leer sein wird, dann werden die Worte des Herrn im Kerker deines Schädels widerhallen bis in die tiefsten Tiefen dieser Lasterhöhle, zu der dein Körper verkommen ist! Bereue deine Sünden, Herodes, denn nur so wirst du den Frieden des Herrn erlangen!«
    »Unverschämter Hund, Tollwütiger!« schrie Manassah. »Du wirst in den Frieden des Herrn eingehen, und zwar viel früher, als dir lieb ist!«
    »Nur Narren würden zu einem Floh sprechen«, antwortete Jokanaan. »Ich kenne dich nicht, Sohn eines Menschen, aber ich kann mir denken, daß du der Floh des Herodes bist.«
    Herodes lachte glucksend, und Manassah wurde blaß vor Wut.
    »Ich spreche zu Herodes, denn ich kenne seine Sünden, und ich sage ihm: Herodes, dein Bett ist das eines Thronräubers, und die Frau, die

Weitere Kostenlose Bücher