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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Schwachkopf!« schimpfte Herodes. »Willst du etwa behaupten, daß dir die Spitzel, die du dir auf eigene Kosten in den Gemächern meiner Frau hältst, nichts erzählt haben?«
    »Ach das!« entgegnete Manassah. »Es ist doch allseits wohlbekannt, daß die Königin den Tod des Gefangenen wünscht. Aber die Königin ist nicht der König.«
    Diese kriecherische Angewohnheit von Manassah, ihn, Herodes, einen König und Herodias eine Königin zu nennen!
    »Die Tetrarchin hatte von Anfang an recht«, sagte Herodes. »Dieser Jokanaan hätte nur Aufstände angezettelt, wenn ich ihn in die Freiheit entlassen hätte.«
    »Das steht ebenso fest, wie ich glücklich bin, dich zu sehen«, meinte Manassah.
    »Da wäre ich mir nicht so sicher, ob das dein Glück ist«, gab Herodes zurück. »Dieser Eremit behauptet jedenfalls immer noch, meine Ehe sei rechtswidrig.«
    »Dieser elende Narr!« ereiferte sich Manassah. »Ein gotteslästerlicher Dummkopf!«
    Die Tänzerinnen begannen sich auf bloßen Füßen auf dem gelben Marmorboden im Rhythmus der Musik zu bewegen. Es waren blutjunge, in seidenbestickte Schleier gehüllte Mädchen. Sechzig Ellen dieses Flors waren den syrischen Händlern mit purem Gold aufgewogen worden, aber was war das schon gegen das Vergnügen, die verführerischen Formen unter dem hauchdünnen Gewebe zu erahnen...
    »Und er könnte dennoch ein Prophet sein«, murmelte Herodes wie zu sich selbst.
    »Es gibt keine Propheten mehr«, bemerkte Manassah.
    »Woher willst du das wissen?« fragte Herodes.
    »Die Juden sind nicht mehr, was sie einmal waren«, antwortete Manassah. »Sie haben zu viele Römer, Griechen und Syrier gesehen.« Zwei Tänzerinnen näherten sich ihnen, um ihre Reize vor dem Tetrarchen zu entfalten: ihre mit Koschenille geröteten Brustspitzen, die mit Henna rötlichgolden gefärbten Handflächen und Fußsohlen, ihre mit duftenden Ölen parfümierten, seidenweichen Körper. »Vielleicht gehst du da von dir aus«, spöttelte Herodes und nahm sich eine Handvoll geröstete Mandeln.
    »Ich bin nun mal Jude, also muß ich es auch wissen«, entgegnete Manassah. »Was den Gefangenen betrifft, so sehe ich eigentlich keine Veranlassung, ihn zu töten, jetzt, da er nur mehr in Anwesenheit der Wachen schimpft. Der andere ist gefährlicher.«
    »Welcher andere?« fragte Herodes und runzelte die Stirn.
    »Sein Helfershelfer, Jesus von Galiläa.«
    »Leiser mit euren Kitharas, habe ich gesagt!« brüllte Herodes, worauf die Musiker, die kühn immer lauter geworden waren, wieder gedämpfter spielten. »Was weißt du über diesen Jesus?«
    »Ich traue ihm zu, daß nun er einen Aufstand vorbereitet.«
    »Wenn du im Auftrag eines anderen, und sei es dem meiner Frau, sprichst, dann hüte deine Zunge, Manassah«, warnte Herodes. »Sag, was du denkst und nichts anderes, wenn du überhaupt denken kannst.«
    »Ich sage, was ich denke«, entgegnete dieser. »Jener Jesus und Jokanaan stecken unter einer Decke. Vor mehreren Jahren waren sie beide Essenerschüler. Dann brach Jesus zu einer Reise auf, und als er zurückkehrte, kündigte Jokanaan ihn lauthals als den Messias an.«
    »Und worin siehst du da die Gefahr eines drohenden Aufruhrs?« fragte Herodes mit immer noch mißtrauischem Blick. »Die Juden warten auf einen Messias, das ist bekannt; aber ob das nun dieser Jesus oder sonst jemand ist...«
    »Wirklich?« entgegnete Manassah. »Ein Messias ist Hoherpriester und König, habe ich mir sagen lassen. Was wärst dann du, wenn sie Jesus zum König der Juden ausrufen sollten?«
    »Das wird nicht geschehen«, widersprach ihm Herodes mit Bestimmtheit. »Die Priester, diese verdammten Heuchler, würden das nie zulassen.«
    Manassah zuckte mit den Achseln.
    »Wenn du noch einmal mit den Achseln zuckst, darfst du Jokanaan im Kerker Gesellschaft leisten!« schrie Herodes. »Warum machst du das, du Aas?«
    »Weil Jesus die Priester selbst in Unruhe versetzt. Sie wissen nicht, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollen. Er und seine Jünger verjagen die Rabbiner aus ihren Synagogen und verkünden dabei, daß die Zeit gekommen sei, da der Messias sich im Glanz des Allmächtigen offenbare, was immer das auch bedeuten mag. Jesus ist vor einigen Monaten sogar zu den Verkaufsständen im Jerusalemer Tempel gegangen und hat dort auf die Händler und ein paar Priestersöhne eingeschlagen, ohne daß die Tempelpolizei eingegriffen hätte.«
    »Die Priester stecken wohl ganz schön in der Klemme, was?« meinte Herodes mit schadenfrohem

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