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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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gekommen?«
    »Was Pilatus betrifft, stehen sie gleich Null. Für die Priester, insbesondere für Hannas und seine Wanze Gedalja, rate ich dir, eine besondere Taktik anzuwenden.«
    Herodes knurrte und wollte wissen, wie sie denn aussehen solle. »Du behauptest am besten, du hieltest dich ganz zufällig in Jerusalem auf. Zeig dich glücklich und zufrieden wie ein Maulwurf in seinem Bau und auch etwas spöttisch. Versuche die Priester in Sachen Jesus zu beruhigen, erinnere an die Gefahr, die er für sie darstellt. Lach sie ruhig ein bißchen aus.«
    »Ich müßte trotzdem sichergehen, daß Pilatus sich nicht einmischt.«
    »Dieser Ansicht bin ich nicht, aber die Entscheidung liegt natürlich bei dir.«
     
    Ihr Schiff legte unweit von Qumran an. Herodes, seine zwei Berater und die Geleitschaft schwangen sich auf die Pferde und ritten im Trab nach Jerusalem; am späten Nachmittag erreichten sie die Stadt. Der alte hasmonäische Palast, der Herodes bei seinen Aufenthalten in Jerusalem als Wohnsitz diente — den neuen Palast seines Vaters hatte man zur Residenz des Prokurators umfunktioniert — , war wie immer das ganze Jahr hindurch aufs beste für seinen Empfang gerüstet. Herodes nahm noch ein Bad und schickte einen Boten zu Pilatus, um ihn um eine Unterredung zu bitten. Der Bote kehrte mit der Nachricht zurück, der Präfekt erwarte den Tetrarchen. Herodes zog sich ein weißes Gewand mit purpurnem Saum an und warf sich einen ebenfalls purpurgesäumten, reichbestickten Mantel um. Um die Taille schlang er einen goldenen Gürtel, befestigte eine gleichfalls goldene Schnalle auf der Schulter, goß ein Glas Zimtwein hinunter und stieg dann in eine Sänfte, der einige Fackelträger und acht bewaffnete Mitglieder seiner gallischen Leibgarde das Geleit gaben.
    Oben von seinen Gemächern aus verfolgte Pilatus durch das Fenster die Ankunft des Tetrarchen und seines Gefolges. Sein pockennarbiges, von der Sonne des Orients braungebranntes Gesicht verzog sich zu einer mürrischen Grimasse. Es war allgemein bekannt, daß dem kaiserlichen und senatorischen Abgesandten Verhandlungen mit Levantinern unangenehm waren. Und in Zukunft war es wohl besser, in den Beziehungen zu den Juden Zurückhaltung zu üben. Tiberius hatte den israelitischen Gotteskult in Rom noch immer nicht anerkannt. Außerdem lebte Herodes Agrippa, der Neffe des Herodes — wirklich ein widerlicher, von Alexandria bis Antiochia verschuldeter Taugenichts — in offener Feindschaft mit Herodes Antipas, verstand sich aber bestens mit den kaiserlichen Angehörigen. Pilatus griff nach einem Fläschchen aus syrischem Glas und träufelte ein paar Tropfen parfümierten Weingeist auf ein Tuch, mit dem er sich Gesicht und Hände einrieb. Waffen und Rüstungen klirrten im unteren Stockwerk, und ein Offizier trat ein, um die Ankunft des Tetrarchen von Galiläa und Peräa zu melden. Pilatus nickte und nahm auf seinem curu-lischen Stuhl Platz, brachte sein von der orientalischen Krätze arg geplagtes Gesäß in eine möglichst bequeme Stellung und bedeutete seinem Sekretär, Haltung anzunehmen. Dann wurde der Tetrarch eingelassen. Einen ganz kurzen Augenblick lang blieb Pilatus sitzen, um der römischen Vorherrschaft Nachdruck zu verleihen, dann erhob er sich, ging zwei, und zwar genau zwei Schritte auf seinen Gast zu und mühte sich ein Lächeln ab. Herodes machte die restlichen fünf Schritte.
    »Eine Ehre, die nur Gutes verheißen kann, Herodes«, begrüßte ihn Pilatus auf lateinisch. »Wenn ich das hätte vorhersehen können, hätte ich ein Festmahl für dich bereiten lassen.« Er setzte sich und forderte Herodes auf, ihm gegenüber Platz zu nehmen. »Zudem eine unerwartete Ehre«, fügte er hinzu.
    »Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite«, entgegnete Herodes. »Ich bin gekommen, um den erhabenen Prokurator von Judäa um seine Meinung zu bitten.«
    »Den Verbündeten des Imperiums stehen meine bescheidenen Kenntnisse jederzeit zur Verfügung.«
    Herodes zupfte an seinem Gewand herum. »Von Jesus hast du wahrscheinlich schon gehört?« fragte er dann unvermittelt.
    »Jesus?« wiederholte Pilatus und wandte sich fragend an seinen Sekretär.
    »Der Heilkundige und Magier aus Galiläa«, erklärte ihm dieser. »Ach ja«, meinte Pilatus. »Der Heilkundige. Meine Frau hat vor, ihn um ein Mittel gegen ihre Schlaflosigkeit zu bitten.«
    »Heilkundig?« fragte Herodes fassungslos und blinzelte dabei ungläubig mit dem linken Auge. »Na ja, wahrscheinlich kann man ihn auch so

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