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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Menschen. Aber wenn sie zum Beispiel Römer gewesen wären oder Skythen, also Menschen, die keine Ketten sprengen mußten, dann hätten sie ihn nicht gebraucht.
    »Was soll das alles heißen? Was erzählst du da, Mann?« rief ein anderer. »Was meinst du, wenn du sagst, daß du das vom Herrn geschickte Brot bist und daß wir das ewige Leben nicht erlangen, wenn wir dieses Brot nicht essen? Was ist mit unserem Glauben, unseren Büchern, unseren Propheten?«
    Dem Rabbi war unbehaglich zumute, er trat von einem Bein aufs andere. Vielleicht war es besser, die Synagoge zu verlassen, sonst kam womöglich noch jemand auf den Gedanken, er unterstütze derart dreiste und unsinnige Behauptungen. Auch Maria schienen die Worte ihres Sohnes zu mißfallen.
    »Ich wurde vom Vater gesandt, nicht um meinen Willen zu erfüllen und meine eigenen Worte zu sprechen, sondern um Seinen Willen zu erfüllen und Seine Worte zu sprechen. Sein Wille ist, daß kein Schaf aus der mir anvertrauten Herde verlorengeht und daß ich mich mit unermüdlicher Sorge um meine Herde kümmere bis zum Jüngsten Tag.«
    »Du hast schon eines verloren, eins von deinen Schafen!« schrie jemand. Auch andere riefen, daß sie diese angebliche Herde verlassen wollten.
    »Wir sind gekommen, weil wir einen Mann suchen, der Israels Fundament festigt«, meinte ein alter Mann, »nicht um jemanden anzuhören, der es ins Wanken bringt!«
    Ein Strom von Leuten strebte dem Ausgang zu. Maria, die Jünger und alle, die sonst noch zurückblieben, waren sprachlos.
    »Es ist der Wille meines Vaters, daß alle, die ihren Blick dem Sohn zuwenden und ihren Glauben in ihn setzen, das ewige Leben haben«, sagte Jesus mit fester Stimme, »und ich lasse sie auferstehen am Jüngsten Tag.«
    »Dieser Mann ist verrückt!« warf erneut ein entrüsteter Zuhörer ein. »Gerade vorhin meinte er, er sei das vom Herrn gesandte Brot, um uns zu nähren, und jetzt behauptet er, der Sohn des Herrn zu sein und die Toten aus ihren Gräbern hervorkriechen zu lassen! Wo bleibt da der gesunde Menschenverstand! Spielt dieser Mann mit den Worten? Gehört er zu jenen Phrasendreschern der Dekapolis, die ihre Zuhörer in Esel verwandeln? Wir hier sind Juden, Mann, du bist zu weit gereist! Dies hier ist Moses’ und Davids Erde und nun die des Ijob! Drück dich verständlich aus!«
    Jesus merkte, wie sein Puls schneller ging, die Adern an den Schläfen traten hervor, seine Handflächen wurden feucht. Er verspürte ein Kribbeln im Nacken, aufsteigenden Zorn, und gleich darauf erfaßte ihn eine bleierne Traurigkeit. Er sah seinen Gegner ruhig an.
    »Der Ungläubige hält den Gläubigen für verrückt, und der Gläubige hält den Ungläubigen für verrückt«, entgegnete er, »weil jeder von ihnen alte Worte gebraucht. Ich verwende neue Worte. Der Herr hat sie für mich reingewaschen. Du gehörst zur Rasse derer, die die Propheten nicht verstanden, und du führst Moses an. Aber als Moses vom Berg herabstieg, Mann, mußte er zusehen, wie deine Vorfahren ebendiejenigen, die er ernährt und befreit hatte, um das Goldene Kalb tanzten, weil sie nicht auf ihn gehört hatten. Denn deine Vorfahren kannten das Goldene Kalb besser als die Worte, die er vom Berg herab zu ihnen brachte!«
    In Marias Gesicht war äußerste Anspannung zu lesen, auf Johannes’ Stirn perlte der Schweiß, und Simon Petrus wirkte verstört.
    »Moses hat uns das Gesetz gebracht, du dagegen zerstörst es. Deine Jünger halten den Sabbat nicht ein und haben es auch nicht nötig, sich vor dem Essen die Hände zu waschen. Und von dir weiß man, daß du mit gefallenen Mädchen sprichst und Umgang mit Heuschreckenfressern und Tavernenhockern pflegst!« rief der Mann mit kaum mehr verhaltenem Hohn in der Stimme zurück.
    »Du kannst mich mit deinen Beschimpfungen nicht treffen«, antwortete Jesus. »Ihr selbst habt das Gesetz mit Füßen getreten. Ein weiser Mann versucht nicht, durchgewetztes Gewebe mit einem Stück neuen Stoffes zu flicken.«
    »Soll das etwa heißen, daß das Gesetz ein durchgewetztes Gewebe ist?«
    »Ich frage dich: Hat es Israels Unzucht verhüllt?« entgegnete Jesus. »Du behauptest, vom Herrn gesandt zu sein«, warf ein anderer ein, »aber wir wissen alle, daß du der Sohn von Josef, dem nazarenischen Zimmermann, bist, der hier arbeitete, und von Maria, seiner hier anwesenden zweiten Frau. Wann hat der Herr dich gesandt? Hast du Ihn gesehen?«
    »Ihr seid zu mir gekommen, ich habe euch nicht gerufen, aber ich werde euch trotzdem

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