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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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einem Lamm vergleichen, das auf dem Altar geopfert wird? Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen: Wir können einfach nicht hinnehmen, daß ein so heroischer Begriff wie der des Messias ins Lächerliche gezogen wird. Kein Jude könnte das akzeptieren. Jetzt, wo du wieder klar denken kannst, wird dir sicherlich bewußt, welches Unheil dieser Mann über uns bringt.«
    Judas nickte wiederum, noch überzeugter als das letztemal. »Also gut«, willigte er mit rauher Stimme ein.
    »Du bist frei«, erklärte Kaiphas.
    Judas ging zur Tür.
    »Judas!« Gedalja rief ihn zurück.
    Er drehte sich um. Gedalja hielt ein Säckchen in der Hand. »Du wirst Geld brauchen, um Männer für deine Sache zu gewinnen. Nimm das hier. Dreißig Denare, das dürfte genügen.«
    »Das ist viel Geld«, meinte Judas.
    »Du wirst es schon brauchen.« Gedalja begleitete Judas zur Tür, um den Wachen mitzuteilen, daß der Mann frei sei, dann zog er sie wieder hinter sich zu.
    »Nun, was meinst du?« fragte Kaiphas, während er sich nachdenklich durch den Bart strich.
    »Die Sache läuft.«
    »Ich frage mich, ob der andere, Thomas, nicht geeigneter gewesen wäre«, sagte Kaiphas zweifelnd.
    »Hätten wir uns etwa auf eine philosophische Diskussion über die Definition des Messias-Begriffes einlassen sollen?« entgegnete Gedalja.
    Kaiphas seufzte. »Jetzt müssen wir uns auf jeden Fall für Pilatus rüsten«, meinte er dann.
    Er stieg von seinem Stuhl herab und ging auf die Tür zu, die ihm Gedalja öffnete. Draußen warteten zwei Leviten und ein Schriftgelehrter, um ihnen den komplizierten Fall eines freien Sklaven zu unterbreiten, der reicher als sein Herr geworden war und jenem eine hohe Summe geliehen hatte, mit dem Hintergedanken, seine Tochter dafür zur Frau zu bekommen.
    »Morgen«, winkte Kaiphas sie fort, während er seinen Gemächern zu eilte und sich mit entschlossener, derart schwungvoller Geste seinen Mantel umwarf, daß die goldenen Quasten am Saum wie stumme Glöckchen hin und her pendelten.
     

XXII.
     
    Die Jünger kommen und gehen
     
    Seit dem Morgengrauen waren sie auf der Straße nach Tiberias. Die Füße taten ihnen weh, und obwohl es bisher außerordentlich kalt gewesen war, stach an diesem Tag die Sonne unerbittlich auf sie nieder. So setzten sie sich schließlich unter einen schon in Blüte stehenden Schlehdorn. Simon Petrus knüpfte ein Bündel auf, das seine Frau ihm mit auf den Weg gegeben hatte, und breitete den Inhalt im Schatten aus: Brot, hartgekochte Eier, Käse und Oliven. Ungeduld war in seinem Gesicht zu lesen, als er es unauffällig Andreas zuwandte, der daraufhin ebenfalls sein Bündel aufschnürte, Geflügel und eine große Flasche Wein hervorholte und beides seinem Bruder reichte.
    Ja, Andreas war wieder zurückgekehrt.
    »Herr, unser Vater, segne diese Mahlzeit!« betete Jesus.
    Er brach das Brot mit jener Geste, die allen nun schon vertraut war; er legte die Daumen nebeneinander auf den Laib, drückte sie jedoch nicht in das Brot, wie andere das zu tun pflegten, sondern teilte das Brot mit einer kräftigen Auswärtsdrehung der Handgelenke. Simon Petrus, Andreas und Johannes nahmen sich jeder ihr Teil und hielten es nachdenklich, fast verlegen in der Hand. Als sie sich vom Geflügel, den Eiern, dem Käse und den Oliven genommen hatten, zögerten sie noch und warteten, bis Jesus in sein«Brot biß. Dann begannen auch sie zu essen, doch kauten sie ganz bedächtig, als fürchteten sie ständig, auf Steinchen zu beißen.
    »Stimmt das?« fragte Andreas plötzlich, »daß man von uns nicht erwarten kann, alles zu verstehen, was du, der Messias, sprichst, und daß man das, was du sagst, nicht wörtlich nehmen darf?«
    »Wenn du wissen willst, ob du meine Gliedmaßen essen sollst«, entgegnete Jesus, »dann kann ich dir mit Nein antworten.«
    Andreas wirkte sehr erleichtert.
    »Aber hinter den Worten verbirgt sich ein tieferer Sinn, Andreas. Das Brot ist weit mehr als gemahlener und gebackener Weizen. Die Erde bringt den Weizen hervor, und die Erde ist ein einziges großes Grab. Wenn du Brot ißt, nimmst du auch die Substanzen vergangener Generationen in dich auf.«
    Andreas kaute wieder sehr vorsichtig auf seinem Brot herum. »Aber du, du wirst hier auf Erden sterben, oder?« fragte er.
    »Das weiß allein der Herr«, entgegnete Jesus. »Jedenfalls muß ich sterben, um diese Erde zu neuem Leben zu erwecken.«
    Andreas erschauerte und griff nach der Flasche. Jesus wandte sich zu Johannes um. Als er den Jünger

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