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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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zurück. »Warum, glaubt ihr, hat Er der Menschheit das Lachen geschenkt? Lachen denn Hunde? Oder Krokodile, Löwen und Fische? Wenn der Mensch Sein Spiegelbild auf Erden ist, bedeutet das dann nicht, daß auch Er lacht?«
    »Das ist entschieden zuviel für mein armes Gehirn«, klagte der Greis. »Zum erstenmal höre ich heute, daß der Herr lacht. Und kein anderer als der Messias verkündet es!«
    »Und doch gefällt mir der Gedanke an einen lachenden Gott«, meinte der junge Mann, worauf ihm Johannes beipflichtete.
    In der Menge kam es zu Diskussionen über die Gründe für Gottes Heiterkeit, denn der Gedanke war ihnen allen noch zu fremd. Ein reicher Mann lud Jesus und seine Jünger zum Abendessen ein. Thomas’ Rückkehr hatte belebend auf Jesus gewirkt.
    Johannes bemerkte es. Als er während des Essens neben Jesus saß, fragte er ihn: »Glaubst du immer noch, daß du geopfert werden mußt?«
    Jesus nickte.
    »Aber es steckt so viel Leben in dir!«
    »Glaubst du vielleicht, dem Herrn werden kranke Lämmer geopfert?« entgegnete Jesus. »Oder denkst du, daß Lachen den Verstand trübt?«
    Thomas hatte Johannes’ Frage gehört; er beugte sich zu dem jungen Mann hinüber. »Das größte Hindernis, auf das jeglicher Gedanke stößt«, flüsterte er ihm zu, »ist die Erkenntnis, daß jedes Ding auch sein Gegenteil in sich trägt.«
    Nachdem Jesus sich in das für ihn bereitgehaltene Zimmer zurückgezogen hatte, schlief er rasch ein. Mitten in der Nacht stieß er mit dem Fuß auf einen warmen Widerstand: ein menschlicher Körper. Er mußte sich nicht erst aufsetzen, um zu wissen, wer da lag. Es war Johannes, zusammengerollt wie ein Hütehund am Fußende seines Bettes. Lange blieb er dann wach bei dem Gedanken, daß ihm die Liebe und der Tod ebenso nah waren wie Süß- und Salzwasser an einer Flußmündung ins Meer.
     
    Nazaret war ihre nächste Etappe auf dem Weg nach Jerusalem. Das Dörfchen, in dem Josef seinen Sohn vor so vielen Jahren hatte wissen lassen, daß er kein Priester werden solle, hatte sich kaum verändert. Neben Federvieh, Eiern und Käse hatte es nur eine spärliche Einwohnerschar zu bieten, doch fehlte auch hier nicht das Grüppchen Kranker, die sich von Jesus Heilung erwarteten. Einige hofften sogar, von ihren Altersbeschwerden geheilt zu werden, da ja schließlich kein Geringerer als der Messias zu ihnen gekommen war. »Und die Toten?« fragte ein alter Bauer. »Könnte man sie nicht wieder zum Leben erwecken?« Diese Frage wurde gleich am ersten Abend vor allen Nazarenern gestellt, und zwar im Schatten der alten Synagoge, die so klein und stickig war, daß die Leute sich lieber im Freien versammelt hatten. Jesus schwieg zunächst, er spürte die Befangenheit seiner Jünger, als sie ihn mit dieser naiven und dennoch logischen Frage konfrontiert sahen: Warum holte er die Toten nicht aus ihren Gräbern, wenn er doch der Gottgesandte war?
    »Warum sollte ich die Toten der Erde entreißen?« hielt er ihnen entgegen. »Oder warum sollte ich die Alten jung machen? Vielleicht um zu leugnen, daß das menschliche Leben nach dem Willen des Herrn ein Ende haben muß? Oder um dem Jüngsten Gericht vorzugreifen, das an dem Tag, den Er allein bestimmt, abgehalten wird? Erwartet ihr das wirklich von mir, daß ich die Gebote umkehre, die der Herr, unser Vater, seit Anbeginn aller Zeiten in Seiner göttlichen Weisheit aufgestellt hat? Ihr irrt, wenn ihr so denkt. Ich bin der Knecht des Herrn und achte Seinen Willen. Ich glaube, daß ihr ein Zeichen von mir erwartet, einen Beweis für die Kräfte, die Er mir verliehen hat. So könnte ich euren Glauben stärken. Aber laßt mich euch lieber eine Geschichte erzählen: Es war einmal ein reicher Mann, gekleidet in Purpur und feinstes Leinen...«
    Ja, eine Geschichte. Geschichten hörten sie gern, alle liebten Geschichten. Sie hielten den Atem an, ihre Augen glänzten, und erwartungsvoll wie Kinder lauschten sie seinen Worten.
    »Dieser Mann hielt jeden Tag prunkvolle Festgelage ab. Vor seiner Tür saß ein armer Mann namens Lazarus, über und über mit Geschwüren bedeckt. Der hätte so gern seinen Hunger mit den Abfällen vom Tisch des reichen Mannes gestillt. Doch nur die Hunde kamen zu ihm, um seine Geschwüre zu lecken. Eines Tages starb Lazarus und wurde von den Engeln zu Abraham getragen. Auch der reiche Mann starb, und aus den Qualen, die er in der Hölle durchlitt, erhob er seine Augen. Da erblickte er, weit oben, Lazarus, direkt an Abrahams Seite. >Abraham,

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