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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Gesicht wurde ernst. »Seid willkommen!« begrüßte er sie.
    »Hattest du nicht schon mehr Jünger?« fragte eine alte Frau, wobei sie auf die sechs Männer deutete, die sich um Jesus versammelt hatten. »Es werden neue kommen«, meinte Jesus.
    »Bist du kein Heiler? Alle behaupten, daß du einmal einer gewesen bist«, fragte sie weiter.
    »Jeder vom Glauben beseelte Mensch kann heilen, Frau, und jeder gläubige Mensch kann geheilt werden.«
    »Heißt das, daß Kranke ungläubig sind?«
    »Ein schwacher Glaube ist wie der Südwind, er trocknet den Körper aus.«
    »Und der Tod?« bohrte sie weiter, während sie sich an Jesus’ Arm klammerte.
    »Es gibt keinen Tod«, antwortete er, »nur ein Scheiden von dieser Welt, das alle Erinnerungen auslöscht.«
    Daraufhin begaben sie sich nach Jericho, dann nach Efraim; sie waren also längst in Judäa.
     
    Etwa eine Woche vor dem Passah-Fest gelangten sie in Betanien an. Zwischen ausgedörrten Olivenbäumen und blauen Zypressen hindurch erblickten sie Jerusalem.
    Im Dorf bereitete man ihnen einen seltsamen Empfang. »Seht! Seht doch! Er lebt! Sie haben ihn nicht gegessen! Kommt und seht!« Andreas packte einen Mann, der in näselndem Ton ohne Unterlaß ausrief, daß man Jesus noch nicht gegessen habe, am Arm und verlangte von ihm eine Erklärung. Das verwunderte den Mann: Jeder wisse doch, daß seine Feinde in Jerusalem geplant hätten, Jesus zu ergreifen, um ihn hinzurichten und ihn dann wie bei den Heiden in Afrika zu essen.
    Jesus hörte dies und mußte lächeln. Verständnisinnig tat Natanael es ihm nach.
    Gegen Abend saßen Jesus und die sechs Jünger unter einem Berg-ahom, umringt von Leuten, die ihr Tagwerk vollbracht und nun Essen herbeigeschafft hatten: Geflügel, getrockneten Fisch, Eier, Salate und Quark. Da tauchte plötzlich ein Fremder auf und teilte Jesus mit, daß ein Mann, der seit einigen Tagen in Betanien auf ihn warte, um Erlaubnis bitte, ihn sehen zu dürfen. Ob es sehr wichtig sei, wollte Jesus wissen. Wohl ein Kranker? Nein, antwortete der Bote, aber der ihn gesandt habe, befürchte, von Jesus abgewiesen zu werden. Sein Name? Judas Iskariot.
    »Judas Iskariot erwartet mich also hier?« fragte Jesus nachdenklich. »Wozu braucht er einen Boten?« murrte Simon Petrus. »Das gefällt mir nicht.«
    »Er soll kommen«, sagte Jesus.
    Judas war nicht weit; kurz darauf schon erschien er. Er näherte sich Jesus bis auf einige Schritte. Wie Lanzen durchbohrten ihn die Blicke seiner ehemaligen Gefährten. Er wagte sich nicht weiter. »Willkommen, Judas!« begrüßte ihn Jesus. »Tritt näher!«
    Judas trat vor.
    »Woher wußtest du, daß ich in Betanien bin?« fragte Jesus.
    »Hast du nicht gesagt, du wolltest zum Passah-Fest nach Jerusalem? Ist es nicht einleuchtend, daß du da in Betanien haltmachst?«
    »Ich hätte auch die Straße am Meer entlang nehmen und in Emmaus eine Zwischenstation einlegen können«, bemerkte Jesus.
    »Wann hast du beschlossen, zu uns zurückzukehren?« erkundigte sich Simon Petrus.
    »Vor einiger Zeit.«
    »Wann genau?« fragte Jesus nach.
    »Vor ungefähr zehn Tagen.«
    »Vor fünfzehn Tagen hast du uns verlassen; also bist du seit zehn Tagen in Betanien, da man ja fünf Tage braucht, um von Kafarnaum hierher zu gelangen, nicht wahr?«
    »Ganz richtig«, bestätigte Judas verunsichert.
    »Sicher, du stammst aus Judäa und fühlst dich in dieser Provinz zu Hause, selbst wenn du nichts anderes zu tun hast, als zu warten«, meinte Jesus in gleichgültigem Ton. »Jedenfalls hast du Zeit gehabt, dir neue Kleidung zu kaufen«, fügte er mit einem Blick auf Judas’ neue Sandalen und sein Gewand hinzu.
    »Meine Sandalen waren durchgetreten und mein Gewand zerrissen«, entgegnete Judas.
    »Es freut mich, daß du Geld hattest, dir neue Sachen zu kaufen.« Zwei Diener kamen, um Jesus und seine Jünger zum ersten Abendessen der Passah-Woche bei Simon dem Aussätzigen einzuladen. Dieser Simon war ein reicher Mann. Sein Vermögen hatte er Jesus zu verdanken, der ihn drei Jahre zuvor von seinen Geschwüren geheilt hatte; mit seiner Gesundung war er gleichzeitig berühmt geworden. Sogar die Pharisäer statteten ihm Besuche ab, um sich zu vergewissern, ob er auch endgültig von seiner Krankheit geheilt sei. Simon, der seither rein war - auch wenn er seinen alten Beinamen nicht mehr los wurde — , hatte einen kleinen Gemüseladen eröffnet, und die Geschäfte waren so gut gegangen, daß er sich kurze Zeit später einen Obstgarten kaufte und einen

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