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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Johannes. »Fahrt, solange das Wasser noch kalt ist, und werft die Netze nahe am Ufer aus!«
    Sie zögerten. Dann machten sie sich daran, den Stein, der ihnen als Anker diente, wieder ins Boot zu hieven, wobei sie sich jedoch immer wieder mit mißtrauischen Blicken nach ihm umdrehten. Johannes, Jakobus, Natanael und Philippus schoben das Schiff so weit in den See, bis ihnen das Wasser unter die Achseln reichte, und schwangen sich dann zu Simon Petrus und Andreas ins Boot. Bis er außer Sichtweite war, blickten sie zurück nach jenem seltsamen Bartlosen, der angeblich wissen wollte, wo die Fische zu finden waren. Immanuel ging zu seinen Waschungen und um ein wenig zu essen und kehrte später an den Strand zurück, um sie dort zu erwarten.
    Das Boot war noch einen Steinwurf vom Ufer entfernt, als Johannes, der am Bug stand, ins Wasser sprang und bis zum Ufer schwamm. Keuchend und triefnaß warf er sich Immanuel zu Füßen, umschlang sie leidenschaftlich und ließ sich erst zum Aufstehen bewegen, als Immanuel ihm die Hand aufs nasse Haar legte und ihn zu sich hochzog, um ihn in seine Arme zu nehmen. Der junge Mann wurde von Schluchzern geschüttet. Um sie herum standen inzwischen die anderen. Zaghaft berührten sie Immanuels Gesicht und Arme, und sie küßten ihm die Hände, die Johannes’ Schultern umfaßten.
    Er weinte. Und auch sie konnten nicht aufhören zu weinen.
    »Das Boot wird noch abgetrieben, wenn ihr nicht den Anker werft«, meinte er. »Und bringt euren Fang an Land!«
    Bis auf Johannes, dem es unmöglich schien, sich von ihm zu lösen, kamen sie seiner Aufforderung nach. Sie schleppten die Netze an, die zum Reißen voll waren. Er musterte sie der Reihe nach, wie sie glückselig strahlten, während sie abwechselnd die Fische und ihren wiedergefundenen Meister ansahen. Dann aber verdüsterte sich sein Blick. Kaum hatte er sie wiedergefunden, verlor er sie auch schon wieder. Nicht daß er ihnen grollte, weil sie ihn im Stich gelassen hatten. Nein, menschlich, nur allzu menschlich war es gewesen, daß sie ihn verlassen hatten, als ihr Leben in Gefahr war. Nun überwältigten sie ihre Gefühle, was ihn tief bewegte. Wenn er sie jetzt verlor, so deshalb, weil er begonnen hatte, sein neues, sein restliches Leben zu leben.
    »Macht Feuer«, sagte er, »wir wollen ein paar Fische braten! Und holt Thomas!« Er gab Natanael ein Geldstück, damit er auf dem Weg auch gleich etwas Brot kaufen konnte.
    Als Thomas zu ihnen stieß, waren die Fische längst ausgenommen und abgeschuppt. Sie brutzelten nun über dem Feuer. Armer, vom Zweifel zernagter Thomas!
    »Bist du wirklich Jesus?« fragte er, während er sich dicht über Immanuels bartloses Gesicht beugte.
    Dieser zeigte ihm seine Handgelenke.
    »Und die Wunde, die Wunde in der Seite?« rief Thomas atemlos. Immanuel schob sein Gewand zur Seite. Eine dünne rote Narbe war da zu sehen. »Liebt ihr mich?« fragte er, bevor er das Brot brach. »Mehr als alles auf der Welt«, antworteten sie.
    »Dann nehmt euch meiner Herde an! Möge allen, die Hoffnung gefaßt haben, diese Hoffnung nie verlorengehen.«
    Als sie ihre Mahlzeit beendet und die Reste im Sand vergraben hatten, kamen die anderen Fischer, um ihren Fang zu bewundern.
    »Warum bist du zurückgekommen?« wollte Thomas wissen.
    »Hatte ich mich nicht mit euch in Galiläa verabredet?«
    Woher hat er wissen können, daß er nicht sterben, daß er nicht am Kreuz den Tod finden würde? fragte sich Thomas.
    »Denkt an die Zukunft! Solange man jung ist, braucht man nur den Gürtel zu knoten und in die Sandalen zu schlüpfen, um aufzubrechen, wohin es einem gefallt. Wenn man einmal alt wird, streckt man den Arm aus, und ein Fremder kommt, um einen dorthin zu bringen, wohin man nicht will.«
    Ein feiner Nieselregen setzte ein. Das Feuer knisterte. Auf seinen Stab gestützt, erhob sich Immanuel. Er dachte an das, was der Grieche ihm am Tag zuvor gesagt hatte: daß er gescheitert war.
    Sicher war es so, ganz sicher. Das Leben in Kafarnaum ging weiter, als wäre nichts geschehen. In den übrigen Städten Palästinas war es nicht anders. Immer noch war Kaiphas Hoherpriester, und immer noch stand der Tempel. Und der Allmächtige Vater war stumm geblieben.
    Nein, er konnte den Vater nicht zwingen, sich in die Angelegenheiten der Menschen zu mischen. Er ging einige Schritte. Die anderen standen um das Feuer, das allmählich erlosch, und beobachteten ihn. Vielleicht hatte der Vater auch andere Pläne.
    Er wandte sich um und rief

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