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Ein Mensch wie Du

Ein Mensch wie Du

Titel: Ein Mensch wie Du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Er knöpfte sein Hemd vor dem dicken Hals auf und fächelte sich Luft zu. »Eine Hitze!« stöhnte er. »Ich komme mir vor, als würde ich gebraten!« Er sprach englisch und sah dabei Franz Krone an, als erwarte er eine Antwort oder Bestätigung. Da er nichts dergleichen vernahm, wiederholte er den Satz auf französisch und bekräftigte ihn durch ein neues, lautes Stöhnen. Aber auch hiermit kam er in kein Gespräch. Erstaunt sah er seinen Nebenmann genauer an und bemerkte, daß dieser leicht lächelte. Völlig verblüfft aber war er, als der Fremde eine kleine Schiefertafel aus der Tasche holte und einen Griffel, wie ihn Kinder in der Grundschule benutzen. Mit diesem schrieb er auf die Tafel in englischer Sprache: »Bitte, sprechen Sie ruhig. Ich verstehe Sie. Nur antworten kann ich nicht, da ich die Sprache verloren habe.«
    Franz Krone reichte das Täfelchen zu Pallidides hinüber und nickte. Der Grieche las die Sätze – ein Ausdruck des Verzeihens und des Mitleids überzog sein dickes Gesicht. »Ich danke Ihnen«, sagte er stockend. »Ich habe das nicht gewußt. Sie sind Engländer?«
    Krone schüttelte den Kopf.
    »Franzose?«
    Wieder Kopfschütteln. Pallidides atmete tief, es klang wie ein Schnaufen. »Etwa Deutscher?« sagte er leise.
    Franz Krone nickte.
    »Deutscher!« rief Pallidides enthusiastisch. »Deutscher! Ich liebe die Deutschen! Sie haben einen Blick für das Gute! Sie sind meine besten Exportkunden!« Er gab Krone die Schiefertafel zurück. »Haben Sie Aussicht, daß sich Ihr gräßlicher Zustand bessert?« fragte er.
    Krone schüttelte den Kopf.
    Pallidides betrachtete den großen Mann neben sich mit sichtlichem Mitgefühl. »Kann ich etwas für Sie tun?« fragte er.
    »Ich suche ein stilles Haus, wohin ich mich zurückziehen kann«, schrieb Krone auf seine Tafel und reichte sie Sokrates.
    »Ein Haus?« Pallidides klopfte sich auf die mächtigen Schenkel. »Ein stilles Haus – ich habe es! In meiner Heimat, in Griechenland! Im Süden des Peloponnes! Auf einem Felsen, einsam, wunderschön, ein Gedicht! Wollen Sie es haben?« Er faßte in seine Brusttasche und zog eine dicke Brieftasche hervor. Nachdem er einige Papiere durchstöbert hatte, reichte er Krone die Fotografie des weißen Hauses von Ageranos und lehnte sich dann schnaufend zurück. »Das wäre etwas für Sie, Sir! Das ist der beste Ort, den ich mir denken kann. Dort stört Sie keiner, dort sieht Sie keiner – wenn Sie gestorben sind, wird man das erst entdecken, wenn das Haus zugewachsen ist!« Er betrachtete das als einen Witz, als einen sehr guten sogar, und lachte dröhnend. »Wie wäre es mit dem Haus, Sir? Ich lasse es Ihnen billig, Sir. Ich kann es nie mehr bewohnen …« Er beugte sich vor und flüsterte Krone ins Ohr. »Ich habe nämlich Arthritis«, flüsterte er wie ein Geheimnis. Dabei wehte eine Wolke süßlichen Schweißgeruches zu Krone hin, vermischt mit einem säuerlichen Parfüm.
    Franz Krone lehnte sich schnell zurück, ihm wurde übel. Er nahm seine Tafel und schrieb eine Mitteilung darauf: »Besuchen Sie mich bitte heute abend. Ich wohne in der Pension Miramar. Franz Krone heiße ich.«
    Der Grieche las die Zeilen und verbeugte sich. »Ich heiße Sokrates Pallidides.« Er wartete, ob seine Worte irgendwelche Wirkung zeigten, und sagte dann erklärend: »Ich bin der Anbauer und Exporteur des Weines ›Sonne von Lakonien‹. Sie kennen doch diesen besten Griechenwein der Welt?!« Da Krone noch immer nicht antwortete, besann sich Sokrates darauf, daß sein Gegenüber ja stumm sei. Bedauernd hob er die breiten Schultern. »Schade – mit dem ist keine Unterhaltung möglich«, meinte er leise auf griechisch. »Aber ich komme bestimmt – heute abend, Sir. Auf Wiedersehen.« Und Franz Krone kaufte sich das weiße Haus am Meer, auf dem Felsen des St.-Elias-Massivs bei Ageranos im Süden des Peloponnes.
    Zwei Tage später klopfte es an seine Zimmertür in der Pension Miramar.
    »Es wird wieder Pallidides sein«, dachte Franz Krone. Er hatte sich gerade gewaschen und ein reines Hemd übergestreift und zog jetzt mit dem Kamm seine Haare nach. Er sah sich auch nicht um, als sich die Tür öffnete und jemand den Raum betrat. Er kämmte sich weiter und drehte sich dann herum, nachdem er den Kamm auf die gläserne Schale über dem Waschbecken gelegt hatte.
    Mitten im Zimmer stand ein Mädchen. Ein zartes, blasses, blondhaariges Mädchen mit großen, leuchtenden blauen Augen.
    Greta Sanden.
    Franz Krone starrte sie an, als sei

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