Ein Mistkerl zum Verlieben
Weihnachtskranz angebracht worden, den man ebenfalls schon vom Flugzeug aus hatte sehen können.
Sie hatte mit Absicht einen späteren Flug genommen, als ihre Familie, die geschlossen mit der Maschine um acht Minuten vor elf gekommen war. Allein die Entscheidung, in diesem Jahr nach Aspen zu fahren, war ihr dermaßen schwer gefallen, dass sie es nicht geschafft hätte, soviel gute Miene zum bösen Spiel zu machen, um gemeinsam mit ihrer Familie anzureisen. Eigentlich hatte sie an jenem Abend, als sie mit ihrer Mutter telefoniert hatte, eröffnen wollen, dass sie in diesem Jahr nicht nach Aspen kommen würde. Doch nachdem Maggie eine halbe Stunde lang von nichts anderem redete, als davon, wie sehr sie und Ellen sich auf das Wiedersehen mit ihr freuten, brachte sie es nicht übers Herz, abzusagen. Als Kompromiss entschied sie sich jedoch für einen späteren Flug, als jenen, den der Rest ihrer Familie nahm. Maggie hatte zwar noch versucht, ihre Tochter dazu zu überreden, doch einen früheren Flug aus New York zu nehmen, damit sie gemeinsam mit den anderen von Denver aus nach Aspen fliegen konnte, doch sie hatte eine wichtige Besprechung in der Kanzlei vorgeschoben, die es nur in ihren Gedanken gegeben hatte. Eigentlich hatte sie am dreiundzwanzigsten Dezember, dem Tag ihrer Anreise, bereits Ferien gehabt.
Ihren Koffer hinter sich herziehend, schob sich Vicky durch die Menschenmenge in der Ankunftshalle. Hier in Aspen schien alles etwas langsamer und gemächlicher zu gehen, als in der schnelllebigen Großstadt. Dies war mitunter ein Grund, warum sie die Ferien hier draußen so liebte. Nichts war hier hektisch oder stressig, niemand schien es – so wie in New York – unnötig eilig zu haben, die Menschen wirkten freundlicher und friedlicher.
Als sie hinaus in Freie trat schlug ihr eine eisige Windböe ins Gesicht und wehte ihr Haar zur Seite. Es waren nicht sehr viele Menschen hier draußen vor der Flughafenhalle, sodass es kein Problem sein würde, ein Taxi zu bekommen. Schnustracks marschierte sie auf einen der Wagen zu, die wie aufgefädelt am Bordstein vor der Ankunftshalle parkten. Sie hievte ihren Koffer in den Fond des ersten Wagens und kletterte dann selbst hinein.
„ Hallo Ma’am“, sagte der Fahrer und blickte kurz in den Rückspiegel, um sehen zu können, mit wem er es zu tun hatte.
„ Hallo“, antwortete Vicky.
„ Na, wo soll’s denn hingehen?“
„ 4457 Crystal Lake Road bitte!“
Der Fahrer drückte einen kleinen roten Knopf am Taxameter und die digitale Anzeige begann zu laufen, während der Wagen sich gemächlich in Bewegung setzte und an den anderen Taxis vorbei fuhr. Eine Weile herrschte im Wagen Stille.
„Sind sie über die Ferien hier“, fragte der Fahrer nach einer Weile.
„ Ja, ich feiere mit meiner Familie – wir kommen schon hierher, seit ich ein kleines Mädchen bin!“ Es erfüllte sie ein klein wenig mit Stolz, von der Familientradition zu erzählen.
„ Das ist schön – Weihnachten bei uns in den Bergen ist das schönste Weihnachten überhaupt!“, sagte der Fahrer.
„ Ja, da haben sie recht“, antwortete Vicky. Ihr fiel ein kleiner, etwa fünfzehn Zentimeter hoher, beleuchteter Plastikweihnachtsbaum auf, der auf dem Armaturenbrett des Taxis angebracht war und mit einem Mal war sie etwas mehr in Weihnachtsstimmung. Es war bestimmt eine gute Idee gewesen, her zu kommen.
„ Woher kommen Sie, Ma’am“, fragte der Taxifahrer.
„ Aus New York“, antwortete Vicky. „Aber ursprünglich aus L.A. Das ist auch der Grund, warum wir Weihnachten immer in Colorado feiern. Heilig Abend bei dreißig Grad im Schatten ist nicht wirklich weihnachtlich!“
„ Da haben sie allerdings recht“, lächelte der Fahrer, „Santa muss im dicken Mantel und mit dem Rentierschlitten kommen. Auf einem Surfboard hat er ja auch gar nicht genug Platz für all die Geschenke!“
„ Das stimmt“, antwortete Vicky lächelnd.
„ Ich möchte Weihnachten nirgendwo anders verbringen als hier mit der Familie. Wir werden heute Abend etwa dreißig Personen sein“, der Fahrer lachte kurz und bog rechts in eine Straße ein, die neben einem Bergausläufer her führte. „Wir haben ein ganz normales Haus für eine Familie, aber an Weihnachten wird es irgendwie immer größer und wir alle finden Platz darin. Alle werden kommen. Sogar meine Großeltern. Die Eltern meiner Frau, ihre Schwester aus Jersey und meine beiden Brüder, die in Seattle leben. Auch wenn wir über das Jahr quer
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