Ein Mörder unter uns
Martini zu verschütten.
»Ich habe ihn sowohl
geschäftlich als auch beim Golf und beim Pokern geschlagen«, fuhr Charlie mit
solcher Heftigkeit fort, daß ich zum Schluß kam, er übertriebe ein wenig. »Wo
immer es möglich war habe ich ihn untergekriegt. Als ich Maxie heiratete, griff er sich sofort die beste Schauspielerin, die er ergattern
konnte — und das war Babs Duane. Er ließ sich sechs Wochen nach mir scheiden .«
Er kicherte bösartig. »Selbst
nach zwei Jahren Ehe war er noch wild auf die Duane — typisch für seinen
schlechten Geschmack — , und er bildete sich ein,
diesmal hätte er gewonnen und sei auf dem Feld der Ehe erster Sieger geblieben.
Diese Duane barst vor Eifersucht, und das wußte ich. Also brachte ich den lieben
alten Irv mit einem gefälligen Mädchen, das in einer
Revue hinter dem Broadway arbeitete, zusammen. Irv hatte von jeher eine Schwäche für große Blonde. Das Mädchen war blond und gut
ein Meter achtzig groß. Der alte Irv fand sie
unwiderstehlich, und ich sorgte dafür, daß Babs die beiden erwischte, gerade
als die Blonde am unwiderstehlichsten war .«
»Ein Freund in der Not«, sagte
ich vage.
»Hm?« Er blickte mich eine
Sekunde lang verständnislos an. »Na ja, ich wollte Maxie oben nicht unnötig beunruhigen, aber ich wette, der alte Irv steckt hinter all diesem Unsinn — es ist einer seiner dreckigen, lausigen
Tricks .« Charlie schüttelte betrübt den Kopf. »Was
einige Burschen alles tun, um ihre verdammte, elende Eitelkeit zu befriedigen,
das kann man sich nicht vorstellen .«
»Vor allem, wenn sie eine
blonde Amazone in einer zweitklassigen Revue kennen«, sagte ich.
Seine Brauen zogen sich zu
einem Runzeln zusammen. »War das vielleicht ein Witz ?« erkundigte er sich.
»Ich habe nur etwas zur
Unterhaltung beigetragen, Charlie, mein Junge«, sagte ich müde. »Erzählen Sie
mir noch was über den alten Irv .«
»Was gibt es da zu erzählen ?« Er zuckte die massiven Schultern. »Er weiß, daß ich noch
immer scharf auf die kleine Maxie bin, genau wie er
auf die Duane. Wenn der Schwindel hinhaut, ist das eine prima Sache für ihn. Maxie ist aus dem Spiel, und Babs kommt ans Ruder. Wenn er
eine erfundene Geschichte in die Zeitungen lanciert, in der berichtet wird, daß
jemand versucht habe, diese alberne Blonde umzubringen, und es ihm gleichzeitig
gelingt, Maxie in die Sache hineinzuziehen, könnte
ihm das doch allerhand nützen. Sehen Sie das ein ?«
»Ich glaube schon«, sagte ich.
Charlie dachte nicht daran, mir
das zu glauben. »Er hätte mich zum erstenmal in
seinem erbärmlichen Leben untergekriegt«, kläffte er entrüstet. »Er würde dem
Duane-Frauenzimmer genügend Reklame verschaffen, um dem Stück wahrscheinlich
zum Erfolg zu verhelfen; und in diesem Fall glaubt er natürlich, sie würde ihm
in praktischer Form ihre Dankbarkeit beweisen. Verstehen Sie ?«
»Das klingt einleuchtend«,
pflichtete ich bei.
»Und ob das einleuchtend ist !« dröhnte er. »Hören Sie, Holman ,
Sie haben mich dort oben auf die Palme gebracht, und vielleicht habe ich meinen
Mund zu weit aufgerissen, aber Sie sind auch ein stachliges Schlitzohr. Aber
trotz allem müssen Sie ein gerissener Hund sein, sonst hätte dieser x-beinige
Lüstling, dieser Knight, Sie gar nicht erst engagiert. Ich sage es Ihnen also
gerade heraus — Irving Hoyt ist der Bursche, den Sie
suchen; geben Sie sich darüber keinem Irrtum hin .«
»Ich habe es alles hinten und
vorn und voll und ganz begriffen, Charlie«, knurrte ich. »Warum leisten Sie
also jetzt nicht endlich etwas Positives und bestellen mir noch ein Glas ?«
Er warf einen Blick auf seine
Uhr und nickte dann. »Okay — dazu reichts Ihnen
gerade noch. Ober !« brüllte er; und die nervöse
Sekretärin verschüttete noch mehr von dem trockenen Martini auf ihre Bluse.
»Was meinen Sie damit: >dazu
reiche es mir gerade noch< ?« fragte ich, nachdem er
den Whisky bestellt hatte.
»Ihr Zug fährt drei Viertel
sechs«, sagte er mit ruhigerer Stimme. »Ich habe Ihnen ein Zimmer im Huntsman bestellt, es ist das beste dieser paar lausigen Hotels, die es dort draußen gibt. Lester Knight hat Maxie heute morgen erzählt, er habe Friberg bereits von Ihrem Kommen
unterrichtet, bevor er sie angerufen habe. Deshalb habe ich nun Friberg nur noch ein Telegramm geschickt, aus dem er Ihre
genaue Ankunft erfährt .«
»Sie haben alles so verdammt
gut organisiert, daß Sie ebensogut selber den Zug
nehmen können«, sagte ich. »Sie haben
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