Ein mörderischer Schatten (German Edition)
erzittern und von den Abgasen dahinwelken. Es reichte. Sie schmiss ihr Schäufelchen ins Beet und erhob sich. Aufgebracht stapfte sie die paar Schritte zur Einfahrt ihres Nachbarn und stellte sich vor das Motorrad. Er sah auf und nach einem Blick in ihr Gesicht stellte er den Motor ab.
„Ja?“
„Ja? Da fragen Sie noch? Wie unverschämt muss man sein?“
„Wie bitte?“, fragte er überheblich.
„Das machen Sie doch mit Absicht! Psychoterror nennt man so was!“
„Jetzt reg dich mal ab und schrei hier ni cht so rum, ja?“
Toni riss die Augen auf. Kurzzeitig fehlten ihr die Worte. „Ich soll nicht rumschreien? Sie machen seit einer Viertelstunde einen Höllenlärm, dass ich schon Hirnsausen hab und Sie regen sich auf, wenn ich meine Stimme erheb? Sie müssen doch schon taub sein! Außerdem haben Sie mich nicht zu duzen.“
„Tut mir leid, wenn es Sie stört, aber manche Leute müssen nun mal arbeiten.“
Toni sah ihn an und am liebsten hätte sie in bei seinen kurzen, schwarzen Haaren gepackt und sein Gesicht auf den Motorradmoto r gerammt. „Sie… Sie..jetzt haben Sie mich schon so weit gebracht, dass ich gewalttätige Fantasien habe! Eben hab ich noch glücklich den Vögeln gelauscht und mich meinen Blumen gewidmet und jetzt möchte ich nur noch schreien!“ Toni atmete tief ein. Durchs Zwerchfell. Es brachte nichts, sich auf das Niveau solcher Leute herabzubegeben. „Zu ihrer Information, auch ich gehe arbeiten. Allerdings bezweifle ich, das Bierkästen leeren, sich die Gliedmaßen voll Tinte zu stechen und die Umwelt mit Lärm und Abgasen zu belästigen Arbeit zu nennen ist. Und ganz bestimmt gibt es ein Gesetz, das verbietet, jeden Tag ohne Sinn und Verstand solch einen Lärm zu machen. Und ich möchte nicht wissen, was gerade hier in den Grund sickert, bei all dem Krempel und den Fässern, die hier rumstehen.“
Mark biss sich auf die Zunge. Wenn er sich jetzt noch mehr mit dieser Furie in die Haare bekam, rief sie nachher noch das Ordnungsamt. Es fehlte ihm noch, dass er wegen so einer Ärger bekam und er alle seine Pläne über den Haufen werfen musste. Mark war zweiunddreißig, und hatte in seinem Leben zugegebenermaßen noch nicht allzu viel auf die Beine gestellt. Er hatte in seiner Jugend so einige Dummheiten begangen, wie es viele Jugendliche taten. Sein Elternhaus war nicht das Beste gewesen und auch sein Umfeld trug nicht zu einer gesunden Entwicklung bei, so nahmen die Dummheiten etwas ernstere Ausmaße an und es dauerte einige Jahre, bis Mark erkannt hatte, dass er aus seinem Leben etwas anderes machen wollte, als seine damaligen Freunde. Er war nie faul gewesen und hatte immer in irgendwelchen Jobs gearbeitet. Schließlich hat er eine feste Stellung in der Autowerkstatt eines Bekannten bekommen. Er hatte diesen Beruf zwar nie gelernt, aber in all den Jahren und mit einer natürlichen Begabung war er für seinen Arbeitgeber eine große Hilfe. Seine Leidenschaft gehörte aber den Motorrädern. Er hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, irgendwo Motorräder aufzumotzen und zu reparieren, aber ihm fehlten Platz und Geld. Als ihm sein Onkel angeboten hatte, dass Haus seiner verstorbenen Mutter zu mieten, hatte Mark direkt zugeschlagen. Hier hatte er Platz genug. Und es war bezahlbar. Es musste einiges renoviert werden und Mark hatte zugestimmt, das zu übernehmen, wenn dafür die Miete nicht zu hoch wäre. Nun hatte er endlich etwas, woraus er etwas machen könnte und das ließ er sich bestimmt nicht von so einer frustrierten Alten kaputt machen. Ihre mittlere Größe, die nicht sonderlich modisch geschnittenen langen Haare und die etwas pummelige Figur ließen sie durchschnittlich und unauffällig erscheinen. Aber ihre Erscheinung täuschte. Die Frau war eine Plage. Dass sie Ärger bedeutete, hatte er schon an den Blicken erkannt, die sie ihm immer zuwarf, sobald sie ihn sah. Und als sie dann endlich den Mund aufgemacht hatte, da wusste er endgültig Bescheid. Er konnte sich denken, was sie von ihm hielt und ihre Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit. Aber auch, wenn er ihr gerne ihre Unverschämtheiten mit gleicher Münze heimgezahlt hätte, musste er an seine Zukunft denken. Nachher machte sie ihm noch sein Geschäft kaputt. Auf Anrufe beim Ordnungsamt und Beschwerden bei seinem Onkel konnte er verzichten. Also versuchte er es mit Vernunft. „Es tut mir leid, wenn ich Sie gestört habe. Allerdings repariere und restauriere ich Motorräder. Und wenn ich, wie heute,
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