Ein mörderischer Schatten (German Edition)
die Wahrheit.
„Dann verzichte ich auch.“
„Bist du sicher?“
„Ganz sicher“, murmelte er.
„Kann ich dir sonst was zu trinken anbieten? Limo? Saft? Carokaffee?“
„Nein, danke“, seufzte er.
Befriedigt lehnte sich Toni zurück und betrachte den Schriftzug „Balto“, der über den Bildschirm flimmerte. Sabine würde sie für verrückt halten, dass sie sich hinter ihren Kindern versteckte und einen Verehrer vergraulte. Aber Toni war einfach unwohl bei dem Gedanken an sich in einer Beziehung. Und dann auch noch mit Schwerenöter Ralf! Obwohl sie bezweifelte, dass es eine Beziehung war, die Ralf im Sinn hatte. Und etwas anderes kam für Toni sowieso nicht in Frage. Außerdem war sie wütend, weil Ralf einfach unangekündigt hier aufgekreuzt war, nur weil sie einmal mit ihm essen gewesen war. Was bildete der sich eigentlich ein? Sie hier in ihrem Saustall zu überraschen, während sie aussah wie etwas, dass der Hund reingeschleppt hatte. Lächelnd legte sie einen Arm um Simon und betrachtete die Zeichentrickfiguren. Das würde ihn lehren, hier nicht noch einmal unangekündigt aufzukreuzen.
Gut gelaunt joggte Toni am nächsten Morgen durch die Felder und dachte an den vergangenen Abend. Höflichkeitshalber hatte Ralf bis zur zweiten Werbung ausgeharrt, ehe er ausgiebig gegähnt und sich mit den Worten entschuldigt hatte, dass er doch erschöpft sei und besser nach Hause fahre. Toni hoffte, er würde nun endlich aufgeben. Sie sah sich die schöne Gegend an und genoss die Stille am Morgen. Auf dem Feldweg vor ihr sah sie plötzlich in ungefähr zweihundert Metern Entfernung wieder den Jogger im Kapuzenpulli. Na toll. Seit sie ihn am Ententeich im Unterholz hatte stehen sehen, war er ihr nicht mehr aufgefallen. Wurde Zeit, dass sie sich eine neue Joggingstrecke suchte. Der Mann war ihr nicht geheuer. Zum Glück bog er schon um die Ecke und war aus ihrer Sicht verschwunden, denn dort vorne kam die hohe Hecke, hinter der man rechts abbiegen musste. Dort führte der Weg an einem Wäldchen und den Wiesen mit den Ziegen und später den Schafen vorbei, ehe er bei den Pferden wieder auf das freie Feld führte. Toni lief entspannt weiter und lächelte, als sie nach einer Weile schon das Blöken der Ziegen vernahm. Sie bog um die Ecke. „Guten Morgen, ihr Ziegen“, rief sie lächelnd, ehe sich ihr Lächeln in eine Maske des Entsetzens verwandelte. Abrupt stoppte sie ab, bevor sie beinahe in den abgetrennten Ziegenkopf getreten wäre, der mitten auf dem Feldweg lag. „Uhh, wer macht denn sowas?“ Angewidert besah Toni sich den Kopf genauer und schnappte dann plötzlich nach Luft. Im Maul steckte eine rote Rose. Das konnte kein Zufall sein! Panisch sah sie sich um. Außer ein paar weiteren Ziegen und den Schafen ein Stück weiter war nichts zu sehen. Ihr Blick fiel auf das kleine Tannenwälchen zu ihrer Linken. Hatte sie da eine Bewegung gesehen? Sie blickte zurück, hinter sich auf die Hecke. Sie war doch alleine gewesen in den Feldern, oder? Der Jogger mit der Kapuze fiel ihr ein, der hier vor ihr abgebogen war. Hatte er auf sie gewartet? Noch einmal fiel ihr Blick auf den abgetrennten Ziegenkopf und die rote Rose. Toni spürte ein Prickeln im Nacken und sah wieder zu dem Wäldchen zu ihrer Linken. Kalte Schauer liefen ihr den Rücken hinunter. Wenn sie jetzt überfallen werden würde, könnte ihr keiner helfen. Sie war hier mitten in den Feldern, kilometerweit vom nächsten Haus entfernt. Toni drehte sich auf dem Absatz um und sprintete los. Sie rannte um die Hecke und immer weiter in die Richtung, aus der sie gekommen war. Sie schluchzte auf, als sie sich vorstellte, dass das Ungeheuer, welches das Tier umgebracht hatte, sie verfolgte. Immer wieder sah sie den Tierkopf vor sich. Die leblosen Augen und die rote Rose im Maul. Wieder die gleiche Rose, wie sie auch neben ihrem Bett gelegen hatte. Toni rannte noch schneller und schwer atmend warf sie schließlich, nachdem sie ein paar hundert Meter hinter sich gebracht hatte, einen Blick nach hinten. Scharf zog sie den Atem ein und stolperte. Sie schlug mit den Knien auf, doch den Schmerz nahm sie nicht wahr. Während sie sich hektisch aufrichtete, starrte sie gebannt auf die Gestalt im blauen Kapuzenpulli, die vor die Hecke getreten war und ihr nachsah.
„Ja, Frau Hauser.“ Schmitz kratzte sich am Kopf. „Wir haben den Vorfall jetzt aufgenommen, aber ich sag Ihnen ganz ehrlich, viel wird dabei nicht herumkommen.“
Toni rieb die Handflächen
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