Ein mörderischer Schatten (German Edition)
ich-.“
„Hat der Anrufer sie bedroht?“
„Nun, nein, nicht direkt, er-.“
„Hat der Jogger Sie bedroht?“
„Nein“, erwiderte Toni frustriert, „Aber …“
„Frau Hauser, hat irgendjemand Sie bedroht?“
„Nein, aber da waren auch die Pralinen.“
Der Polizist zog fragend die Brauen hoch.
Toni starrte vom überheblichen Gesichtsausdruck des Polizisten in das besorgte ihres Vaters. Sie hätte gerne geglaubt, seine Besorgnis galt der Situation, aber sie wusste, er sorgte sich um ihren Geisteszustand. Toni ließ die Schultern hängen und jeder Kampfgeist verließ sie. Jedes weitere Wort würde die beiden nur darin bestätigen, dass sie nicht alle Tassen im Schrank hatte. „Wiedersehn, Herr Schmitz“, sagte sie daher nur und marschierte in die Küche.
Mit besorgter Miene trottete Antonia am nächsten Morgen in ihr Büro. Letzte Nacht hatte sie kein Auge zugemacht. Spät abends, als wäre der Tag nicht aufregend genug gewesen, klingelte ihr Telefon. Wider besseren Wissens war sie rangegangen, nur um mit einem gehauchten „Das gestern Abend hat mir gar nicht gefallen. Dass mir das nicht mehr vorkommt, sonst bist du es bald, die auf dem Weg liegt.“ ins Bett geschickt zu werden. Ein Gutes hatte die ganze Sache gehabt, denn dieser Vorfall hatte sie von ihrem Zusammentreffen mit Ralf am folgenden Montag abgelenkt. Als sie nun ins Büro marschierte, hatte sie andere Dinge im Kopf, als Ralfs dämliche Erwartungen und Avancen. „Morgen Ralf“, grummelte sie, während sie sich auf ihren Stuhl fallen ließ.
„Guten Morgen, Beaut yful“
Ungläubig sah Toni zu ihm hinüber. „Das ist ja megapeinlich, Ralf. Wo hast du nur die Sprüche her?“
„Komm, komm, in Wahrheit fährst du voll drauf ab.“
Für Ralfs dämliche Anmache hatte sie wahrhaftig keinen Nerv heute, deshalb ignorierte sie ihn und legte sich ihre Papiere vor sich zurecht.
„Wegen Samstagabend-.“
„Ralf!“ Bei ihrem Ausruf sah er sie überrascht an. „Verschon mich, ja?“, keifte sie ihn an.
Ralf zog die Brauen hoch und hob ergeben die Hände.
Während sie vergeblich versuchte, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, sah sie aus dem Augenwinkel, wie ein beleidigter Ralf fester als nötig auf seine Tastatur haute und ihr immer wieder Blicke zuwarf. Toni seufzte und fasste das Blatt, welches sie in der Hand hielt, noch etwas fester. Gestern Abend, als sie verzweifelt im Bett gelegen hatte, war sie zu einem Entschluss gekommen. Die Polizei glaubte ihr nicht und ihre Eltern hielten sie offensichtlich für psychisch labil. Also blieb Toni nichts anderes übrig, als sich selbst auf die Suche nach dem Stalker zu begeben. Allerdings hatte sie nicht den leisesten Schimmer, wo sie anfangen sollte. Also hatte sie die ganze Nacht hin und her überlegt. Der erste Anruf kam, nachdem sie sich mit Ralf getroffen hatte. Der zweite ebenfalls, nachdem Ralf bei ihr gewesen war. Es gefiel dem Unbekannten ganz offensichtlich nicht, dass sie einen anderen Mann bei sich hatte. Andererseits konnte man das Ganze auch anders auslegen. Beide Male hatte sie Ralf nicht das gegeben, was er erwartet hatte. Weder einen Kuss oder eine heiße Nacht oder wer weiß, was er sich die beiden Abende erhofft hatte. Vielleicht war er verärgert darüber gewesen? Ralf war es nicht gewohnt, seinen Willen nicht zu bekommen. Und die Pralinen hatte sie bekommen, nachdem Ralf sie um eine Verabredung gebeten hatte. Allerdings hatte er sie vorher auch schon mal versucht, einzuladen. Toni seufzte und ließ den Brief auf ihren Schreibtisch fallen. Das alles ergab keinen Sinn. Jedenfalls ließen beide Möglichkeiten für sie im Moment nur einen Schluss zu: Das Thema Ralf und Verabredung war für sie ein für alle Mal abgeschlossen.
Kapitel 5
„Du siehst furchtbar aus.“ Sabine besah sich kritisch Tonis Erscheinung.
„Oh, danke, Sabine. Jetzt fühl ich mich direkt viel besser“, erwiderte Toni.
„Nein, wirklich. Man sieht dir den Stress an, den du die letzten Wochen hattest.“
Toni zog sich ihre Jacke enger um den Körper und lief neben ihrer Freundin her. „Immerhin hab ich jetzt seit anderthalb Wochen Ruhe. Seit dem Anruf nach dem Ziegenmord hab ich nichts Merkwürdiges mehr gehört oder gesehen.“
„Aber dass du den knackigen Ralf deswegen in den Wind geschossen hast, ist eine Schande.“
„Ich hab den „knackigen“ Ralf nicht in den Wind geschossen, da war überhaupt nichts zwischen uns. Und das hat nicht nur was mit dem Unbekannten zu tun, ich hab
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